Ich bin Ausländerin. Seit acht Monaten arbeite und wohne ich in der Schweiz. Seither frage ich mich immer wieder: Wie offen sind die Schweizerinnen und Schweizer gegenüber Menschen wie mir? Die meisten verhalten sich freundlich, aber reserviert. Es bleibt immer eine Distanz.
Man sieht mir nicht an, dass ich ein Expat bin: Weisse Haut. Blonde Haare. Sommersprossen. Geboren in den USA. Deutscher Vater. Österreichische Mutter. Amerikanische Schule in Wien. Studium in York, England. Deutsch spreche ich wie eine Hannoveranerin. Darum wechseln Schweizer im Gespräch mit mir auf Hochdeutsch, und dabei verändert sich, wie mir scheint, die Persönlichkeit. Sie werden ganz neutral.
Für manche Londoner hört die Welt bei der Themse-Mündung auf. Für viele Basler hinter der Muttenzerkurve.
Ich erlebe die Schweizer als bodenständig. Sie fühlen sich am wohlsten, wo sie aufgewachsen sind. Schon der nächste Kanton scheint weit weg, sogar fremd. Aber vermutlich ist das kein Schweizer Phänomen. Wenn ich darüber nachdenke, habe ich in den anderen Ländern, in denen ich gelebt habe, ähnliche Erfahrungen gemacht. Überall als Ausländerin.
Die Tendenz, die Welt auf unseren unmittelbaren Lebensraum zu reduzieren, sehe ich überall. Für manche Londoner hört die Welt bei der Themse-Mündung auf. Für viele Basler hinter der Muttenzerkurve.
Allerdings ist London ethnisch und kulturell weit vielfältiger. Vielfalt wird dort geschätzt. In Basel bin ich mir nicht so sicher. Trotz wortreicher Bekenntnisse zur Offenheit bleiben Basler reserviert und halten in der Stadt lebende Ausländer – die Expats – auf Distanz. Und darum bekommen sie gar nicht richtig mit, was die zu bieten haben.
Das Getöse der Patrioten
Nachdenkliche Engländer merken das gerade sehr deutlich. Seit Brexit. Seit viele Expats daran denken, die Insel zu verlassen. Weil sie sich von lautstarken Patrioten nicht mehr für erwünscht halten. England droht ein letztlich schmerzhafter Verlust von Geist und Geld.
Ich bin eine dieser Expats, die ihren persönlichen Brexit vollzogen haben. Von der Schweiz, meinem neuen Zuhause, wünsche ich mir, mehr zu sein als eine Ausländerin.