Gleichstellung scheitert nicht erst im Ständerat. Es geht solange nicht voran, bis auch die Männer im Haushalt ihren Anteil leisten. Woran es scheitert – und warum es sich lohnt, aus den klischierten Rollenbildern auszubrechen, das erzählt unser Dossier «Putzfrauen und Waschlappen». 


Es brauchte einen kleinen Frauenstreik in der Redaktion, damit diese Titelgeschichte zustande kam. Das war so: Kürzlich redeten wir in der Kaffeepause übers Putzen. Mehrere Männer sagten: «Ich mache weniger im Haushalt als meine Frau.» Darunter auch Männer, die im Job ein ungefähr gleich grosses Pensum haben wie ihre Partnerinnen.

Männer, warum macht ihr so wenig im Haushalt?

Kurz darauf legte eine Kollegin die Schweizer Hausarbeitsstatistik 2016 auf den Sitzungstisch. Die zeigt: Väter machen wöchentlich 28 Stunden Haushalt und Familienarbeit, Mütter leisten doppelt so viel.

Der Blattmacher sagte: «Das ist eine Titelgeschichte.» Aber nur, wenn endlich mal die Männer erklären, warum sie sich vor der Hausarbeit drücken, fanden wir Redaktorinnen. Denn Frauen haben längst genug zum Thema geschrieben.

Doch die Herren Redaktoren wollten ums Verrecken nicht. «Keine Lust auf Seelen-Striptease», sagten sie. Und als hätten wir uns abgesprochen, schossen wir Frauen zurück: «Ohne Männerperspektive fällt die Titelgeschichte ins Wasser. Wir weigern uns.»

Mit Erfolg. Einer der Redaktoren erklärte sich doch noch bereit. Unglücklicherweise wurde ausgerechnet er dann aber krank. Ein anderer sprang ein, nach anfänglichem Widerstand.

Frauen, geht in den Streik!

Diese kleine Anekdote ist bezeichnend für Gleichstellungsdiskussionen. Ob in der Öffentlichkeit oder zu Hause, die meisten Männer finden: Gleichstellung ist Frauensache. Und drücken sich so schweigend davor, Gerechtigkeit herzustellen.

Sie drücken sich davor, den Staubsauger in die Hand zu nehmen oder an Elternabende oder Arzttermine des Kindes zu denken. Und sie bodigen Massnahmen für die Lohngleichheit, wie soeben im Ständerat geschehen. Ist ja nicht ihr Problem. Sie haben den höheren Lohn, die geputzte Wohnung, die Macht in Wirtschaft und Politik.

Die Männer bewegen sich nur, wenn Frauen Druck aufsetzen. Wie etwa am nationalen Frauenstreiktag 1991, als eine halbe Million Frauen auf die Strasse gingen. Oder wenn drei Redaktorinnen mit einem Streik zum Titelthema drohen. Auch wenn wir uns damit jeweils verdammt unbeliebt machen beim geliebten anderen Geschlecht.

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In «Putzfrauen und Waschlappen» wagt ein Redaktor den Legitimations-Versuch, warum es in seinem Fall okay ist, dass seine Frau mehr Stunden Haushalt leistet als er. Ein Vollzeit-Papi erzählt, dass er womöglich nie mehr in seinen Beruf zurück kann, aber andere Männer ihn trotzdem beneiden. Und unsere Praktikantin dankt ihrer Mutter, dass sie wegen der Arbeit kaum je an einem Elternabend auftauchte.

Und falls Sie Mutter oder Vater sind, dürfen Sie auf Stresslinderung im Alltag hoffen: Spielen Sie mit Ihrer Partnerin beziehungsweise Ihrem Partner eine Runde «Mami-Papi-Bingo» und gewinnen Sie eine Putzdispens!

https://tageswoche.ch/+8Trk8

Dossier Putzfrauen und Waschlappen

Wer fordert, Mütter sollen konsequenter zurück in den Job und die Fachkräfte-Lücke schliessen, verkennt die Realität in Schweizer Haushalten. Es ist an den Männern, daran etwas zu ändern – allerdings nicht nur im Privaten.

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