Baschi Dürr, dem Vorsteher des Justiz- und Sicherheitsdepartements (JSD), schlug von Anfang an ein scharfer Wind entgegen, als bekannt wurde, dass die Polizei sieben Tesla X-100D anschaffen will. Mit den Elektroautos soll eine Flotte von Alarmpikettfahrzeugen ersetzt werden, die stark in die Jahre gekommen ist.
Zuerst sorgte vor allem der hohe Preis der Teslas für Kritik: Ein Fahrzeug kostet 140’000 Franken, die Gesamtinvestition beträgt knapp eine Million. Später wurde von verschiedener Seite die Eignung der Teslas als Einsatzfahrzeug angezweifelt. Die Basler Kantonspolizei wäre weltweit das erste Polizeikorps, das dieses Modell für solche Einsätze nutzt.
Am Dienstag machte «Prime News» jedoch einen vertraulichen Bericht der unabhängigen Finanzkontrolle Basel-Stadt (FinKo) publik. Darin wird das gesamte Beschaffungsprozedere scharf kritisiert. So moniert die FinKo etwa die «ungenügende Dokumentation» des Prozesses. Der Kaufentscheid könne so nicht nachvollzogen werden.
Ebenfalls fehlten der FinKo eine «vertiefte Marktanalyse» sowie verbindliche Kaufverträge. Wie zuvor schon die Geschäftsprüfungskommission des Grossen Rates kritisiert der Bericht weiter, dass die Kantonale Fachstelle für öffentliche Beschaffungen nicht ausreichend in den Prozess involviert gewesen sei.
Bisher hat sich Baschi Dürr zu diesem Fall lediglich im Saal des Grossen Rates geäussert, als er eine Interpellation zum Thema mündlich beantwortete. Wir treffen ihn in seinem Büro im Spiegelhof, um ihn mit der Kritik der FinKo zu konfrontieren.
Herr Dürr, die Beschaffung der Teslas steht erneut in der Kritik. Wo sind hier Fehler passiert?
Sie haben recht, das Projekt wird nicht zum ersten Mal kritisiert. Früher ging es allerdings um etwas anderes, nämlich um die Frage, ob dieser Tesla die Anforderungen erfüllt. Davon sind wir immer noch überzeugt. Wir haben uns sehr bewusst für einen technologischen Quantensprung entschieden. Die Kritik der Finanzkontrolle jedoch zielt auf beschaffungsrechtliche Fragen. Wir sind wie folgt vorgegangen: Als Rahmenbedingung galt, dass wir ein vollelektrisches Einsatzfahrzeug wollen. Dazu kommt ein Katalog von 14 betrieblichen Kriterien, die ein solches Fahrzeug erfüllen muss – unabhängig von Antrieb und Modell. Als einziges vollelektrisches Fahrzeug auf dem Markt erfüllt das Modell X-100D von Tesla alle diese Kriterien, weshalb wir eine freihändige Beschaffung durchführten. So wie dies im Übrigen explizit vorgesehen ist im Beschaffungsgesetz. Wir haben dies schliesslich öffentlich und einsprachefähig publiziert, jeder hätte also Rekurs einlegen können, der der Meinung war, dies sei nicht rechtens.
Also ist Ihrer Meinung nach nichts schiefgelaufen bei diesem Projekt?
Das würde ich so nicht sagen. In einen solchen Beschaffungsprozess sind verschiedene Stellen involviert, zahlreiche Entscheidungen werden gemeinsam getroffen und alle diese Protokolle und Entschlüsse gehören gründlich dokumentiert. Hier sind Fehler passiert. Wir hätten beispielsweise unsere Recherche zur Situation auf dem Markt in einer sauberen Marktanalyse festhalten sollen. Diese Analyse wurde zwar von unseren Experten durchgeführt, aber sie wurde nicht schriftlich festgehalten.
Wie eng haben Sie diesen Prozess begleitet?
Nicht sehr eng, dafür gibt es Spezialisten. Die zuständigen Stellen haben mir ihre Empfehlungen und Ideen vorgelegt, so dass ich entscheiden beziehungsweise die Entscheidungen der Spezialisten mittragen konnte.
Die ungenügende Dokumentation ist Ihnen also erst aufgefallen, nachdem Sie von der Finanzkontrolle darauf hingewiesen wurden?
Nein, das war etwas früher, als die Geschäftsprüfungskommission des Grossen Rats diesbezüglich nachgefragt hat.
Das heisst, Sie haben diesen Prozess nicht enger und aufmerksamer verfolgt, obwohl Sie wussten, dass diese Beschaffung von Anfang an politisch aufgeladen war?
Doch natürlich, denn der Entscheid, einen Teil der Fahrzeugflotte auf einen vollelektrischen Antrieb umzustellen, ist ein politischer Entscheid. Es gibt ja keinen zwingenden Grund, dass Polizeiautos elektrisch fahren müssen. Wir wollten hier als Departement eine Vorbildfunktion erfüllen. Mir war wichtig, dass die betrieblichen Anforderungen festgeschrieben werden, bevor ein Entscheid bezüglich des Modells gefällt wurde. Also, dass man die Anforderungen nicht auf ein bestimmtes Modell zuschneidet. Auf dieser Ebene habe ich das Projekt eng verfolgt. Aber ich habe nicht jedes einzelne Protokoll geprüft.
«Inhaltlich bin ich noch immer von der Richtigkeit dieser Beschaffung überzeugt.»
Sie wurden selbst davon überrascht, dass die Dokumentation – in Ihren Worten – «den Standards nicht genügt»?
Ja, in dieser Hinsicht genügt dieses Projekt unseren Standards nicht. Das ändert aber nichts daran, dass ich inhaltlich noch immer von der Richtigkeit dieser Beschaffung überzeugt bin.
Es wirft ein schlechtes Licht auf die Arbeit Ihrer Beschaffungsabteilung.
Was die Dokumentation betrifft, ja. Der beschaffungsbürokratische Teil ist in diesem Fall nicht stringent. Aber der Rest dieses Prozesses war tadellos. Die Spezialisten der Polizeigarage und der Beschaffungsabteilung haben das Auto intensiv geprüft, es gab Fahrtests, polizeitaktische Tests, das Auto wurde in der Werkstatt detailliert angeschaut. Daher stehe ich zu hundert Prozent hinter dieser Beschaffung.
Wäre es aber nicht gerade für diesen beschaffungsbürokratischen Teil besser gewesen, wenn Sie sich an die Kantonale Fachstelle für öffentliche Beschaffungen (KFöB) gewendet hätten?
Diese Stelle war involviert und hat den Prozess mit kritischen Fragen begleitet.
Kritische Fragen, die von Ihnen offenbar nicht ernst genommen wurden?
Am Schluss entscheidet immer das Departement. Die KFöB kann dazu lediglich Empfehlungen abgeben. Wir haben alle diese Fragen mit einbezogen in unsere Überlegungen, sind jedoch bei unserem Entscheid geblieben.
Weshalb schreiben denn sowohl die Geschäftsprüfungskommission des Grossen Rates als auch die Finanzkontrolle, dass die KFöB ungenügend involviert war?
Es war weniger eine Frage von ungenügender Involvierung als eine Frage von unterschiedlichen Meinungen.
Ihr Departement hat eine Vorgeschichte im Bereich Beschaffungswesen. Ein ehemaliger Leiter dieses Bereiches wurde Ende 2017 verurteilt, gegen das Beschaffungsgesetz verstossen zu haben. Haben Sie das Gefühl, dass Sie vor diesem Hintergrund genügend Sensibilität gezeigt haben?
Beim materiellen Entscheid: ja. Was die Dokumentation betrifft: nein. Das wirft ein schlechtes Licht auf unsere Arbeit. Ich habe aber trotzdem ein grundsätzlich gutes Gefühl, denn unser Beschaffungswesen wurde aufgrund dieser Geschichten komplett neu aufgestellt. Wir haben heute mehr und andere Personen, sind besser organisiert, mit klareren Verantwortungsbereichen. Dann ist es umso ärgerlicher, wenn solche Fehler passieren.
Ziehen Sie entsprechende Lehren?
Ja, wir haben jetzt gesehen, dass wir noch präziser dokumentieren müssen. Selbst wenn sich intern am Tisch alle einig sind, müssen wir dies auch sauber festhalten. So sind die Anforderungen im öffentlich-rechtlichen Beschaffungswesen.
Weshalb wurde kein Kaufvertrag mit definiertem Lieferumfang, Ausbaustandard und Lieferfristen abgeschlossen, sondern lediglich Einzelbestellungen?
Dies entspricht unserem aktuellen Standard. Wir schauen diese Grundsatzfrage aufgrund der Empfehlungen der FinKo aber nochmals genau an.
«Die Mitarbeiter der Polizeigarage sind für einen Tag nach Genf gefahren und am gleichen Tag wieder zurückgekehrt.»
Was hatte es mit diesem Ausflug zum Automobilsalon auf sich?
Die Mitarbeiter der Polizeigarage sind für einen Tag nach Genf gefahren und am gleichen Tag wieder zurückgekehrt. Sie haben sich dort ein Bild vom Angebot an Elektrofahrzeugen, aber ganz generell von Neuerungen in der Branche gemacht. Dies war eine Weiterbildung, so wie auch beispielsweise IT-Mitarbeiter manchmal Fachkongresse besuchen.
Also hat diese Reise gar nicht im Zusammenhang mit der Tesla-Beschaffung stattgefunden?
Das war auch ein Thema, aber der Entscheid war damals ja bereits gefällt. Unsere Leute konnten sich so einfach noch einmal vergewissern, dass es wirklich keinen anderen Anbieter gibt, der unsere Anforderungen erfüllt oder sie in nützlicher Frist erfüllen würde.
Von wie vielen Mitarbeitern sprechen wir da?
Das ganze Team besteht aus neun Mitarbeitern, die den Autosalon auf zwei Tage aufgeteilt besucht haben.
Ihre Absicht war es, mit dieser Beschaffung die Vorbildfunktion des Kantons zu unterstreichen und früh auf eine nachhaltige Technologie zu setzen. Denken Sie, das hat funktioniert, trotz aller Kritik?
Es braucht Mut, einen solchen Entscheid zu fällen. Wir wussten natürlich, dass wir uns damit einer gewissen Kritik aussetzen. Ich würde trotzdem noch einmal gleich entscheiden.
Wann wird der erste Basler Polizei-Tesla auf der Strasse rollen?
Wir haben bisher drei Fahrzeuge gekauft. Diese werden aktuell ausgebaut und sollen noch diesen Herbst auf die Strasse.
Der Bericht der Finanzkontrolle, über den «Prime News» berichtet hat, ist vertraulich. Haben Sie vor, wegen Amtsgeheimnisverletzung Anzeige einzureichen?
Nein, wir werden diesbezüglich nichts unternehmen. Dieser Bericht wurde von der Finanzkommission in Auftrag gegeben. Sie ist die Besitzerin und muss entscheiden, ob sie deswegen aktiv werden will.