«Ich muss in der ganzen Breite noch in das Amt hineinwachsen»

Die Basler Regierungspräsidentin Elisabeth Ackermann mag keine Schnellschüsse. Das hat zur Folge, dass ihre Arbeit in hohem Masse mit unerledigten Problemen in Verbindung gebracht wird. Im Gespräch nimmt sie zu den vielen Baustellen in ihrem Amt Stellung. 

«Schnellschüsse sind fehl am Platz.» Regierungspräsidentin Elisabeth Ackermann. (Bild: Hans-Jörg Walter)

Frau Ackermann, bereitet Ihnen der Job als Regierungspräsidentin überhaupt Freude? Sie erwecken den Eindruck, als würden Sie unter Ihrem Amt leiden.

Vermittle ich wirklich diesen Eindruck? Sie täuschen sich. Denn ich finde das Amt spannend und toll.

Dennoch: Ihr Start verlief von aussen gesehen harzig. Sie stehen unter Druck und mussten schon viel Kritik einstecken.

Tatsächlich sind die Erwartungen sehr hoch, das habe ich aber schon im Wahlkampf vor einem Jahr gespürt. Dennoch schlafe ich noch gut – wenn auch wenig.

Aber Sie haben wohl kaum erwartet, dass es im Präsidialdepartement so viele Baustellen gibt?

Ich habe mir schon im Vorfeld gedacht, dass das Amt sehr anspruchsvoll und vielfältig wird. Das hat sich auch bewahrheitet. Klar, dass wir im Präsidialdepartement gleich mehrere Vakanzen zu besetzen haben, konnte ich nicht voraussehen. Ebenso wusste ich im Vorfeld nichts vom strukturellen Defizit des Kunstmuseums.

«Mein Arbeitsstil muss sich im Departement noch etablieren.»

Ihr Vorgänger Guy Morin scheint Ihnen, allen voran im Bereich der Museen, ein grosses Chaos hinterlassen zu haben.

Das sehe ich nicht so. Es sind einfach zwei wichtige Vakanzen im Departement, die offen sind – derzeit aber bestens ad interim besetzt. Deshalb würde ich nicht von einem Chaos sprechen. Und bei der Museumsstrategie wusste ich von Anfang an, dass ich Gas geben muss. Dieser Prozess ist seit meinem Amtsantritt auch im Gange.

Die Strategie liegt offenbar schon vor. Sie zögern aber noch, damit hinauszugehen. Wieso?

Ich habe immer gesagt, dass es Ende Jahr wird. Wir sind derzeit noch daran, einzelne Punkte auszuformulieren.

Wann kommunizieren Sie endlich die Nachfolgeregelung für Ihren ehemaligen Kulturchef Philippe Bischof?

Voraussichtlich im November.

Wieso dauert das alles so lange?

Ich weiss nicht, was Sie mit «alles» meinen. Ich wiederhole: Die Museumsstrategie habe ich nach meinem Amtsantritt mit höchster Priorität in Angriff genommen und sie für Ende dieses Jahres angekündigt. Zur Nachfolge von Philippe Bischof: Diesen wichtigen Posten gilt es überlegt zu besetzen. Schnellschüsse sind fehl am Platz. Ausserdem braucht ein seriöses Auswahlverfahren nun mal seine Zeit.

«Für die, die mir direkt unterstellt sind, bin ich sehr gut erreichbar.» 

Liegt es nicht eher daran, dass Sie Mühe haben, Entscheidungen zu treffen? Das ist zumindest aus Ihrem Umfeld zu hören.
Welche Entscheide habe ich nicht gefällt? Wie bereits gesagt: Ich mag keine Schnellschüsse. Meine Entscheidungen sollen nachhaltig sein. Ausserdem muss sich mein Arbeitsstil im Departement noch etablieren. Das ist ein ganz normaler Prozess bei einem Führungswechsel.

Für Ihre Mitarbeitenden sind Sie im Departement nicht wahrnehmbar. Es heisst, Sie würden sich abschotten und eine Mauer um sich bauen.

Für diejenigen, die mir direkt unterstellt sind, bin ich sehr gut erreichbar. Ich wünsche mir aber, auch mit den mir nicht direkt Unterstellten mehr Kontakt zu haben. Dass dies bis jetzt noch nicht oft vorgekommen ist, ist meinem vollen Terminplan geschuldet.

Ist man nicht so spürbar, kann sich schnell mal eine Eigendynamik entwickeln. So äusserten mehrere Museumsdirektoren öffentlich ihren Unmut über die noch nicht vorliegende Museumsstrategie. Wie kommt die Kritik bei Ihnen an?

Auch wenn die Museumsdirektoren eine grosse Eigenständigkeit haben und sich öffentlich zu den Museen äussern können, scheint es mir zielführender, wenn die Kritik direkt an die Frau, also an mich, geht. Ich kann mit Kritik umgehen, wenn sie an mich direkt adressiert ist und nicht über die Medien angebracht wird.

«Dass es mit der Museumsstrategie so lange gedauert hat, ist ein Problem.»

Wie haben Sie darauf reagiert?

Ich habe alle Museumsdirektoren an den Tisch gebeten und ihnen mitgeteilt, dass sie sich nicht in der Öffentlichkeit über die Museumsstrategie äussern sollen. Ich bevorzuge es, dieses Thema gemeinsam mit ihnen zu diskutieren. Das haben wir dann auch gemacht, was sehr konstruktiv war. So konnte ich mir ein Bild davon machen, was ihnen wichtig ist.

Also haben Sie ein Machtwort gesprochen.

So gesehen, ja. Es kommt für mich einfach nicht infrage, dass wir solche Diskussionen über die Presse führen.

Sie können also auch mal auf den Tisch klopfen?

Ja, aber es braucht viel, bis ich laut werde.

Die Museumsstrategie lässt seit Jahren auf sich warten – entsprechend hat die Erwartungshaltung immense Ausmasse angenommen. Kann das Papier diesen Erwartungen überhaupt gerecht werden?

Dass es so lange gedauert hat, ist ein Problem. Somit stiegen auch die Erwartungen ins Unermessliche. Wir werden kaum alle erfüllen können. Unser Ziel ist es aber, als Regierung klar aufzuzeigen, welchen Weg wir mit den staatlichen Museen gehen möchten.

Die Strategie wird auch kaum verhindern können, dass ein Kunstmuseum derart schlecht dasteht…

Falsch: Das Kunstmuseum steht nicht schlecht da. Im Gegenteil. Die Ausstellungen im Kunstmuseum sind hervorragend und gut besucht.

Aber finanziell sieht es beim Kunstmuseum nicht gut aus.

Das ist eine andere Angelegenheit. Es ist noch nicht klar, wie hoch die Budgetüberschreitung sein wird. Anfang nächstes Jahr werden wir es wissen  – und dann eine Lösung mit allen Akteuren suchen. Ich bin zuversichtlich, dass wir eine finden werden, zumal das Kunstmuseum identitätsstiftend und in verschiedener Hinsicht sehr wichtig für Basel ist.

Es wird aber daraus hinauslaufen, dass die Steuerzahler für das strukturelle Defizit beim Kunstmuseum aufkommen müssen – Kunstmuseumsdirektor Josef Helfenstein spricht von 2,5 Millionen Franken.

Eben, wie hoch das Defizit sein wird, ist noch offen. So wie es aussieht, wird es aber weit unter den bislang behaupteten 2,5 Millionen Franken liegen. Sobald alles klar ist, werden wir weiterschauen – auch mit der Stiftung Kunstmuseum.

«Ich finde es schon gewöhnungsbedürftig, derart im Fokus des öffentlichen Interesses zu stehen.»

Die Stiftung stellt sich auf den Standpunkt, dass sie mit ihrem Geld nur Ausstellungen unterstützt und nicht Betriebskosten übernimmt.

Die Frage ist: Wann handelt es sich um das Ausstellungsbudget, wann um das Betriebsbudget? Das ist nicht ganz einfach haarscharf voneinander zu trennen. Diese Diskussionen werden wir auch noch führen müssen.

Probleme gibt es im Kunstmuseum nicht nur wegen den Finanzen, sondern auch wegen dem offenbar forschen Auftreten von Annette Schönholzer, die Anfang 2017 die kaufmännische Leitung übernommen hat. Seither gibt es viele Kündigungen und Mitarbeitende lassen sich krankschreiben. Warum greifen Sie nicht ein?

Im Rahmen von Change-Prozessen gibt es in Institutionen immer eine gewisse Fluktuation. Bei Neubesetzungen wie im Falle des Kunstmuseums-Direktoriums ist es nicht aussergewöhnlich, dass einige Mitarbeiter sich in den Zielen und der neuen Führungskultur nicht mehr wiederfinden. Mit der Eröffnung des Neubaus 2016 haben sich die Strukturen im Haus zudem grundsätzlich verändert, was teilweise auch zu neuen Arbeitsumständen geführt hat. Auch das bringt neue Herausforderungen mit sich, die alle Mitarbeiter in irgendeiner Form betreffen. Unsere Personalabteilung hat Kenntnis davon und steht in engem Kontakt mit dem Kunstmuseum.

«Ich muss noch lernen, mit Kritik umzugehen, die meine Person und nicht meine Arbeit betrifft.»

Sie sind nun neun Monate im Amt. Woran mussten Sie sich am meisten gewöhnen?
Gewöhnungsbedürftig finde ich es schon, derart im Fokus des öffentlichen Interesses zu stehen, quasi unter ständiger Beobachtung.  Ich wusste zwar, dass dies der Fall sein wird, was das aber wirklich bedeutet, bekam ich erst im Amt zu spüren. Anspruchsvoll finde ich auch die vielen Geschäfte, die ich nebeneinander betreuen und begleiten muss.

«Ich muss in der ganzen Breite noch in das Amt hineinwachsen und vorwärtskommen.»

Wo müssen Sie aus Ihrer Sicht noch zulegen?

Ich muss in der ganzen Breite noch in das Amt hineinwachsen und vorwärtskommen.

Macht Ihnen die ständige Kritik an Ihrer Person zu schaffen?

Kritik geht nicht spurlos an mir vorbei. Ich muss noch lernen, mit Kritik umzugehen, die meine Person und nicht meine Arbeit betrifft. Es gibt Sachen, die ich bedenkenswert finde, und Sachen, die daneben sind.

Etwa, dass Ihr Mann sich gemäss der «Schweiz am Wochenende» wie der achte Regierungsrat verhält?

Genau. Das ist so an den Haaren herbeigezogen, dass es mich sprachlos macht. Es ist auch nicht so, dass ich nur Baustellen habe im Departement. Man sieht gerne nur das Negative, an vielen Orten läuft es aber auch gut. So freue ich mich sehr darüber, dass Lukas Ott im Dezember seinen Job als Kantons- und Stadtentwickler anfangen wird. Als positives Beispiel möchte ich auch den im September vorgestellten Legislaturplan nennen. Zudem gibt es viele interessante Veranstaltungen, die ich besuchen darf – oder mein Amt als Präsidentin der Nordwestschweizer Regierungskonferenz, das mir sehr viel Freude bereitet.

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