«Unglaublich arm ist diese neue Welt»

Der österreichische Philosoph Konrad Paul Liessmann über die Menschheit, die nicht mehr zum Denken kommt, die Reformwut in der Schule und die Lust an der Verschwendung.

Philosophieprofessor Konrad Paul Liessmann in seinem Büro in der Universität Wien. Diese Woche sprach er am Philosophischen Seminar der Uni Basel. (Bild: Regina Hügli)

Der österreichische Philosoph Konrad Paul Liessmann über die Menschheit, die nicht mehr zum Denken kommt, die Reformwut in der Schule und die Lust an der Verschwendung.

Die Welt ist in einer Krise, weil den Kindern in der Schule nichts Wesentliches mehr vermittelt wird und es viel zu viele Fachidioten gibt: Der Wiener Philosophieprofessor und Essayist äussert sich gerne deutlich. Und am liebsten zu den grundsätz­lichen Fragen. Am 19.März spricht er auch in Basel – zur Schulreform. Die TagesWoche hat sich schon vorher mit ihm unterhalten.

Herr Liessmann, Sie als grosser Reformkritiker halten Ihr Referat in Basel zu spät. Hier ist die Schulreform bereits beschlossene ­Sache. Kommen Sie oft zu spät?

Na ja, ich sehe das Ganze gelassen. Es liegt in der Logik der Reformen, dass jede Reform reformbedürftig ist. Insofern komme ich immer rechtzeitig, wenn nicht für die laufende Reform, dann eben für die nächste.

Wie lautet Ihre Hauptbotschaft für Basel?

Mein Thema ist der grosse Widerspruch, welcher der Schule zu schaffen macht. Einerseits wird der Unterricht immer stärker standardisiert und die ganze Schullandschaft zentralisiert. Andererseits wird von den Lehrern immer mehr Individualisierung verlangt. Sie sollten auf jeden einzelnen Schüler, auf sämtliche sozialen Prob­leme und möglichst auch noch auf die besonderen Begabungen eingehen. Das klingt gut, ist aber widersprüchlich und kaum umsetzbar.

Die heutige Basler Schule hat ­keinen guten Ruf. Das spricht doch schon für Reformen.

Gute Schulen entstehen durch gute Lehrer. Darum ist es unnötig, die Schule ständig neu zu erfinden. Die wichtigsten Bildungsziele sind seit dem 18. Jahrhundert bekannt: Der junge Mensch soll die Kulturtechniken erwerben, in das relevante Wissen eingeführt werden und, wie Friedrich Nietzsche in Basel sagte, Denken und Sprechen lernen. Bei den heutigen Reformen geht es dagegen immer nur um Strukturen. Mit der Frage, was ein junger Mensch über unsere kulturellen und wissenschaftlichen Traditionen lernen sollte, setzt sich niemand auseinander. Es fehlt ein Kanon und damit eine kritische Aus-einandersetzung damit.

Grosse Veränderungen gibt es auch an der Uni. Bei uns versucht sie vor allem in den Life Sciences stark zu sein, weil dieser Bereich für den Wirtschaftsstandort wichtig ist. Was halten Sie davon?

Praxisorientierte Wissenschaft ist nicht falsch. Eine Universität darf sich aber nie einseitig auf wenige oder gar nur eine Disziplin, auf Wirtschaftlichkeit und eine vordergründige Effizienz ausrichten. Der Erfolg der europäischen Wissenschaft entstand durch die Entkoppelung von Forschung und Wirtschaft. Wissenschaftler brauchen einen möglichst breiten Horizont, und eine Universität sollte wenigstens in Grundzügen die Gesamtheit und ­Einheit der Wissenschaften erkennen lassen. Ein Grund für die heutige Krise ist, dass kaum mehr jemand fähig ist, Zusammenhänge zu erkennen und sie einzuordnen. Damit ist der Spezialist – böse gesagt der der Fachidiot – überfordert.

Hat die Spezialisierung nicht längst einen derart hohen Grad erreicht, dass die Wissenschaft zwangsläufig eine Sache für «Fachidioten» ist?

Ich erwarte nicht, dass ein einziger Mensch den Überblick über die ganze Welt haben kann. Mir geht es vielmehr um eine wirkliche Interdisziplinarität, über die ständig geredet wird. Diese übergreifende Zusammenarbeit wäre an den Universitäten tatsächlich dringend nötig. Wirkliche Innovation ­entsteht nicht nur innerhalb der ­einzelnen Disziplinen, sondern vor allem an den Rändern. Dort entstehen die für den Fortschritt der Wissenschaft so wichtigen unorthodoxen Frage­stellungen.

Sind die wichtigsten Erkenntnisse nicht ohnehin längst gemacht?

Das ist eine beliebte These, die falsch ist, auch wenn sie ständig wiederholt wird. Am besten sieht man das daran, dass sie schon Ende des 19. Jahrhunderts populär war. Und was wurde seither nicht alles entdeckt und entwickelt? Unser physikalisches Weltbild hat sich seit Einstein radikal gewandelt, viele Fragen in Bezug auf die Entstehung des Universums und des Lebens scheinen offener denn je, und eine Reihe unerwarteter technischer Innovationen hat unser Leben verändert: Personal Computer, Mobiltelefone, ­Navigationssysteme, überhaupt die ­Digitalisierung unserer Lebenswelt.

Die Innovationen, die Sie genannt haben, verdanken wir Technikern und Naturwissenschaftlern. Sind die Geisteswissenschaften in einer Krise?

Abgesehen davon, dass viele Neuerungen in den Geisteswissenschaften antizipiert werden, muss man grundsätzlich einmal feststellen, dass 80 Prozent der Forschungsgelder in die technischen und naturwissenschaftlichen Bereiche fliessen – auch beim Schweizerischen Nationalfonds. Insofern muss man eine forschungspolitische Vernachlässigung der Geisteswissenschaften feststellen. Das ist problematisch, weil deren gesellschaftliche Bedeutung in der heutigen Zeit stark zunimmt. Das ist vielleicht ein Krisensymptom. Da in­teressieren sich plötzlich wieder sehr viele Menschen für moralische oder historische Fragestellungen: Gab es solche Probleme schon einmal? Wie sind sie entstanden? Wie können sie gelöst werden?

Antonio Loprieno, Rektor der Uni Basel, hat den Geisteswissenschaftlern in einem Interview vorgeworfen, zu stark mit sich selber beschäftigt zu sein. Sie müssten nützlicher werden. Ist das so?

Eine Aufgabe der Geisteswissenschaften ist die Reflexion. Im Gegensatz zu einem Techniker können sie keine einfachen Lösungen bieten, aber zum ­Beispiel aufzeigen, ob eine politische Meinung auf einem Urteil oder auf einem Vorurteil basiert, welche historischen Vergleiche zulässig sind und wie es um die ethischen Grundlagen unseres Zusammenlebens bestellt ist. Für eine Gesellschaft ist auch das wichtig.

Und was halten Sie von den Ökonomen?

Ihre Wissenschaft ist offenbar gescheitert, weil sie die Arroganz hatte, so zu tun, als könnte man die ganze Welt mit einem einzigen Modell erklären: mit dem Modell des «Homo oeconomicus». Dabei übersahen die Ökonomen, dass der Mensch nicht einfach nur ein rational kalkulierender Marktteilnehmer ist. Der Mensch hat Emo­tionen und sehr viele verschiedene Bedürfnisse. Darum braucht es auch die Geisteswissenschaftler, welche diese Komplexität aufzeigen und die Gesellschaft vor den Vereinfachungen der Ökonomen schützen.

Welche Bedürfnisse haben denn die Menschen?

Es gibt die natürlichen Bedürfnisse, die dafür sorgen, dass der Mensch und seine Gattung überleben: Nahrung, Trinken, Sicherheit, Sexualität. Das reicht uns aber offenbar nicht, sonst hätten wir uns mit dem Leben in der Steinzeit zufriedengegeben. Offenbar gibt es auch die anderen Bedürfnisse, jene nach der Optimierung von Lebensverhältnissen, nach Schönheit, nach Sinn. Und vor allem auch: nach Erkenntnis. Schon Aristoteles schrieb: Jeder Mensch strebt von Natur aus nach Wissen. Das ist es, was den Menschen vom Tier unterscheidet. Und nicht zu vergessen: Der Mensch ist auch imstande, immer neue Bedürfnisse zu erzeugen. Als Kind hatte ich zum Beispiel überhaupt kein Bedürfnis nach einem Smartphone.

Wenn man mit Ihnen redet, tönen Sie recht zufrieden. In ­Ihren Büchern äussern Sie sich dagegen sehr kritisch über das ­angeblich grassierende Unwissen. Was stimmt nun?

Gemessen an unseren Ansprüchen und an der Rhetorik der Wissens­gesellschaft, haben wir doch ein problematisches Verhältnis zum Wissen. Es gibt zwar Unmengen von Infor­mationen, die dank des Internets leicht zugänglich sind, aber nur weil ich auf etwas Zugriff haben könnte, weiss ich es noch nicht. Und schon gar nicht habe ich es verstanden.

Die Voraussetzung für die Erkenntnis sei die Musse, schreiben Sie. Ist dafür noch Platz in der ganzen Informationsflut? Oder anders gefragt: Kommt die Menschheit bei all den Mails, Tweets, Breaking News überhaupt noch zum Denken?

Das ist eines der Hauptprobleme der heutigen Gesellschaft. Dabei hat man eigentlich schon in der Antike festgestellt, dass die Momente des Inne­haltens nötig sind, damit der Raum entsteht, in dem sich die neuen Ideen entwickeln können. Solche Einfälle auf Knopfdruck zu produzieren, ist unmöglich. Darum haben später auch die Renaissancefürsten ihren Künstlern zwar klare Aufträge gegeben, sie danach aber arbeiten lassen, ohne ständig auf ein Resultat und dessen ökonomische Verwertbarkeit zu drängen. Auf diese Weise sind bedeutende Kunstwerke entstanden, die interessanterweise heute auch einen grossen ökonomischen Wert haben. Was zum Beispiel wäre Florenz ohne seine Kunst und Architektur? Sicher keine Touristenattraktion. Diese ganze Hektik, die uns heute alle verrückt macht, müsste also gar nicht sein.

Warum gibt es diesen Druck – auch für Sie als Wissenschaftler, möglichst viele Artikel zu publizieren?

Das hat mit dem ökonomischen Denken zu tun. Alles muss rasch gehen, zählbar und sofort verwertbar sein. Es reden zwar alle von Nachhaltigkeit. Die Wahrheit aber ist, dass wir nicht mehr langfristig denken können, sondern höchstens noch in Quartalen – wie die Unternehmen. Wegen dieses Denkens geht auch jene Grosszügigkeit verloren, ohne die eine humane Kultur nicht sein kann. Damit aber auch jeder geistige Reichtum, zu dem auch eine bestimmte Form der Verschwendung gehört. Diese neue Welt ist eine unglaublich arme. Für Lyrik zum Beispiel, diese intimste und vielleicht reinste Kunstform, ist kein Platz mehr, weil sie sich schlecht vermarkten lässt.

Dass ausgerechnet Sie als Wiener so reden! Denn wo wird Verschwendung wunderbarer zelebriert als in Ihrer Stadt?

In dieser Hinsicht ist Wien, Österreich überhaupt, wahrscheinlich noch eine Insel der Seligen. Die Besucher staunen immer, wie viel Geld hier für Theater, Musik und Ausstellungen zur Verfügung steht. Selbst bei uns wird aber zunehmend bei der Kultur gespart. Andere Länder sparen in diesem Bereich viel drastischer, während in anderen Gebieten noch immer sehr viel Geld ausgegeben wird, ohne dass daraus unbedingt ein unmittelbarer Nutzen resultiert – denken wir an die Grundlagenforschung. Ein gutes Beispiel dafür ist der Teilchenbeschleuniger des Cern, der viele Millionen kostet, obwohl das Experiment nur eine kleine Gruppe von Wissenschaftlern wirklich interessiert. Auf den Alltag eines normalen Menschen hat ihre ­Arbeit noch keine Auswirkung und wird vielleicht nie eine haben.

Offensichtlich eine Verschwendung – eine gute?

Ja. Diese Verschwendung sollte aber nicht nur in den Naturwissenschaften möglich sein. Ich fordere das gleiche Recht auch für die Geisteswissenschaften und die Kultur. Diese reine Neugier an der Erkenntnis ist es, die uns weiterbringt, auch wenn die Nützlichkeit nicht gleich ersichtlich ist. Kunst und Wissenschaft, so sagte es Friedrich Schiller, sind jene Felder, in denen sich die Freiheit des Menschen am besten entfalten kann. Zu jeder Freiheit gehört aber auch Risiko. Unsere Sucht, alles berechenbar, planbar und effizient zu machen, könnte man auch als Feigheit bezeichnen.

Welche Erkenntnisse erhoffen Sie sich denn noch in Zukunft?

Das kann ich nicht sagen. Das ist eben das Schöne am neuzeitlichen Wissenschaftsbegriff. Die Neugierde hat kein Ziel, niemand kann voraussagen, wo sie hinführt. Man kann nur ganz grundsätzlich feststellen, dass es dem Menschen immer um zwei grosse Fragen geht: Einerseits will er sich selber erkennen; darum gibt es die Philosophie, die Biowissenschaften, die Gehirnforschung, die Psychologie, die Sozialwissenschaften, aber auch die Medizin, vielleicht sogar die Theologie. Andererseits möchte er erkennen, wie die Natur funktioniert, was also die Welt im Innersten zusammenhält, wie Goethe gesagt hat.

Und hinter allem steht die grosse Frage nach dem Sinn des Lebens?

Jetzt wird es schwierig. Für mich liegt der Sinn des Lebens im Leben selbst. Aber der Mensch ist ein Wesen, das ­alles mit Bedeutung aufladen will – vielleicht entstanden deshalb auch die Religionen. Viele Philosophen fragten aber nicht nach dem Sinn des Lebens, der unbestritten ist, sondern danach, welchen Sinn das Leid, das Elend, die Not haben kann. Und viele moderne Denker versuchen sogar das Leben zu bejahen, gerade weil es keinen Sinn hat – denken Sie an Albert Camus.

Auch ein Denker wie Sie beschäftigt sich lieber nicht mit den unangenehmen Fragen nach dem Sinn des Lebens und nach dem Tod?

Mir ist die Sinnfrage als solche zu abstrakt. Den Tod allerdings kann niemand wegdisputieren, und er wird immer die grösste Herausforderung für den Menschen darstellen. Bis er kommt, setze ich mich allerdings lieber mit der Frage auseinander, wie ich als Mensch menschlich leben kann. Wie ich meine Anlagen unter den Bedingungen meiner Endlichkeit möglichst frei entfalten kann.

Ihrer Ansicht nach sind die meisten Menschen unfrei?

Dieses Eindrucks kann ich mich tatsächlich nicht erwehren. Unsere Produktivität ist so hoch und die Medizin so weit wie nie zuvor, unsere Technologien nehmen uns zahlreiche Arbeiten ab, unter denen die Menschen früher stöhnten. Und dennoch gibt es immer mehr Getriebene, Gehetzte, Ausgebrannte. Ich bin überzeugt, dass wir uns bei unseren technologischen, ökonomischen und kulturellen Voraussetzungen ein ganz anderes Leben leisten könnten, leisten müssten.

Die Entwicklung geht aber in eine andere Richtung. Der Druck nimmt zu, auch in der Schule, wo es immer häufiger Vergleichstests gibt, neuerdings auch bei uns in Basel. Das passt Ihnen wahrscheinlich auch nicht.

Die Vergleiche zwischen Schulen sind meiner Ansicht nach genau gleich unnötig wie die vielen Rankings. Wett­bewerbe im Bildungsbereich sind künstliche Wettbewerbe, und ein künstlicher Wettbewerbsdruck wirkt sich höchstens kontraproduktiv aus, etwa wenn die Lehrer anfangen, ihr Programm auf die Tests auszurichten. Besser wäre, den Lehrern zu vertrauen, denn sie kennen die Stärken und Schwächen ihrer Schüler immer noch am besten. Stattdessen geben die Behörden lieber Millionen für Reformen, Tests und Evaluationen aus, die sehr wenig bringen. In diesem Punkt bin jetzt ich einmal effizienzorientiert.

Wenn man Ihnen zuhört, erhält man den Eindruck, dass alles eigentlich ganz einfach sein könnte.

Ganz einfach ist nichts mehr, aber man sollte manche Dinge auch nicht unnötig verkomplizieren. Wichtig wäre, dass sich die Lehrer wieder auf ihre Kernaufgabe – den Unterricht, die Vermittlung von Wissen – konzentrieren könnten.

Es wird aber immer wieder gesagt, dass sich viele Eltern nicht mehr richtig um ihre Kinder kümmern. Diese Aufgabe müssten zunehmend die Lehrer übernehmen.

Auch da gibt es keine einfache Lösung. Grundsätzlich müsste man aber einmal feststellen, dass die Hauptaufgabe der Schule darin besteht, Wissen und Bildung zu vermitteln. Gleichzeitig sollte man sich von der Vorstellung verabschieden, dass die Schule die ­Gesellschaft verbessern und alle Probleme aus der Welt schaffen kann.

Herr Liessmann, eine Frage noch zu Ihnen. Sie sind ja auch nicht ganz frei von Widersprüchen. Sie beklagen sich über Rankings – ­nahmen die Auszeichnung zum Österreichischen Wissenschaftler des Jahres 2006 aber dankend an. Sie sagen, ein anstän­diger Sprachunterricht müsse dem Schüler vermitteln, dass Jour­nalistendeutsch Brechreiz aus­löse – und schreiben selber für Zeitungen.

Gewissen Widersprüchlichkeiten kann man sich nicht entziehen. Der journalistische Stil ist tatsächlich nicht ganz unproblematisch. Aber warum sollte man nicht auch mal ein gehobenes Thema in einer Zeitung besprechen? Und was die Auszeichnung für Wissenschaftler oder Künstler anbelangt, ist der Fall sogar noch einfacher. Solche Preise sind wichtig, damit eine Gesellschaft eine gewisse Wertschätzung ausdrücken kann. Darum gibt es diesen Lorbeer, der den Dichter kränzt, seit der Antike, diese Auszeichnung ist etwas ganz Wesentliches, weil sie auch inhaltlich begründet werden kann. Ganz im Gegensatz zu den vielen Rankings, diesen Rangordnungen der besten 100 Dichter und 100 besten Universitäten und 100 besten Landgasthäuser und 100 besten Zahnärzte aller Zeiten. Das ist blanker Unsinn.

Können Sie uns noch etwas zur Politik in Österreich sagen? Wenn wir in der Schweiz wieder mal ­etwas davon wahrnehmen, geht es meistens um Korruption. Haben wir ein falsches Österreich-Bild?

Leider nein. Was sich bei uns in der Politik in den vergangenen Jahren ­abgespielt hat und jetzt aufgedeckt wird, ist mit der Idee eines modernen, rechtsstaatlich orientierten Staats­wesens fast nicht mehr vereinbar.

Und wie nehmen Sie in Österreich die Schweiz wahr?

Sehr positiv. Und dies vor allem wegen der direkten Demokratie und der verschiedenen Kulturen, die gut zusammenleben. Ein interessantes Modell, auch für Europa, obwohl es sich nicht eins zu eins übertragen lässt.

Sie sind ein freundlicher Mensch. Wahrscheinlich werden Sie jetzt auch noch sagen, dass Sie sich auf Basel ganz besonders freuen.

Ich komme immer sehr gerne in die Schweiz und nach Basel. Und ich ­werde rechtzeitig da sein, um we­nigstens die übernächste Schulreform zu verhindern.

Zu Gast in Basel ist Konrad Paul Liessmann am 19. März. An diesem Montag wird er um 19 Uhr im Hörsaal 102 der Universität Basel zum Thema «Schulen im Reformstrudel: Abschied von der Bildung?» Rede und Antwort stehen. Organisiert wird der Anlass von der Denknetz-Gruppe mit Unterstützung von der SP, BastA!, der Freiwilligen Schulsynode, dem VPOD und der Skuba. Der Eintritt ist frei.

Der 48-jährige Liessmann ist Professor für ­Methoden der Vermittlung von Philosophie und Ethik an der Universität Wien. Daneben ist er auch als Essayist, Literaturkritiker und Kultur­publizist tätig. Liessmann ist Österreichs «Wissenschaftler des Jahres 2006». Auch inter­national hat er sich einen Namen gemacht – unter anderem mit seinem Buch «Theorie der Unbildung – die Irrtümer der Wissensgesellschaft».

 

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 16.03.12

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