Der FCB verliert die Nerven

Wie die Führung des FC Basel Trainer Raphael Wicky nun nach nur vier Tagen der neuen Saison und zwei Niederlagen das Vertrauen entzieht, spricht nicht für die analytischen Fähigkeiten von Burgener, Streller & Co.

Den Trainer zum Sündenbock gemacht: FCB-Sportdirektor Marco Streller, für den der Druck durch die Freistellung von Raphael Wicky noch grösser wird.

Dem Trainer nach nur zwei Spielen den Stuhl vor die Türe zu stellen, wie es nun der FC Basel mit Raphael Wicky getan hat, ist ein Kurzschluss, der von Panik getrieben erscheint. Zumal zwischen zwei kapitalen Begegnungen im Europacup.

Für Wicky, vor einem Jahr als Novize auf diesem Niveau angetreten, ist die Freistellung bitter. Sie stempelt ihn zum Sündenbock. Das Konzept des FC Basel unter dem neuen Eigentümer Bernhard Burgener hat Wicky selbst auf die griffige Formel «verkleinern, verjüngen, verbaslern» gebracht. Und er hat diesen Plan loyal mitgetragen, obwohl ihm im Winter und nun in diesem Sommer erneut Leistungsträger vom Trainingsplatz weg verkauft wurden. 

Die Ansprüche sind allerdings geblieben, die Ziele haben Burgener und Sportdirektor Marco Streller unverändert maximal formuliert. Aber immer deutlicher wird eine Diskrepanz erkennbar: Zwischen der Qualität, die der FCB innert eines Jahres verloren hat, und dem Talentschuppen, den das Kader aktuell darstellt und der Reifezeit benötigt.

Dass auch der Einstieg ins zweite Jahr nach dem grossen Umbruch und dem Besitzerwechsel knifflig werden könnte, zumal angesichts der Fluktuation im Kader und verletzungsbedingten Ausfällen, davon darf die Klubleitung nicht überrumpelt worden sein. Ansonsten hätte sie wenig Gespür dafür, was tagtäglich auf dem Trainingsplatz vor sich geht.

Es geht nicht nur um Wicky. Der Entscheid fällt dem Sportdirektor auf die Füsse. 

Wie sie Raphael Wicky nun nach nur vier Tagen und zwei Spielen das Vertrauen entzieht, spricht nicht für die analytischen Fähigkeiten von Burgener, Streller und Co. «Wenn man die Arbeit gründlicher analysieren würde, könnten sich Vereine viele Sachen sparen. Ich glaube nicht, dass ein Trainer im Juli der richtige ist und im September nicht mehr.» Dieser Satz stammt aus dem April. Gesagt hat ihn Raphael Wicky.

Aber es geht eben nicht nur um Wicky, der als Trainer das berühmte schwächste Glied in der Kette ist, sondern auch um Sportdirektor Streller. Auch er ist ein Neuling im Job und korrigiert nun seinen ersten grossen Personalentscheid. Streller muss gewahr sein, dass ihm das auf die eigenen Füsse fällt. Er hat Wicky erst vor Wochenfrist das Vertrauen ausgesprochen. Und im gleichen Atemzug hat er begonnen, sich von ihm abzusetzen, als er die personellen Verluste als gleichwertig kompensiert titulierte. Das ist gewagt.

Wenn Wicky sich einen Vorwurf machen kann, dann diesen: Er hätte sich früher auf die Hinterfüsse stellen müssen, um sich zu emanzipieren von der Rolle des aus der Juniorenabteilung aufgestiegenen Ausbildners. Der ein paar Heimspiele zu viel verloren hat.

Die Kommunikation des FCB ist noch schwächer als die Leistung gegen St. Gallen und Saloniki.

Nun übernimmt Alex Frei vorübergehend, flankiert von Marco Schällibaum, weil Frei noch nicht die nötige Trainerlizenz besitzt. Damit entsteht eine bizarre Konstellation: Zwei Verwaltungsräte der FC Basel 1893 AG in operativer Funktion – Streller als Sportchef und Frei als Trainer. 

Wie Alex Frei den geforderten «starken Siegeswillen» bis zum Samstagabend in Neuenburg wecken will, wird erst einmal sein Geheimnis bleiben, denn ausser einem schriftlichen Communiqué äussert sich bis dahin niemand vom FC Basel. Ans Telefon geht niemand, die Medienkonferenz vor dem Spiel entfällt und die Trainings bleiben geschlossen. Kein Burgener erklärt sich, kein Streller ausser zwei dürren Sätzen, und kein Roland Heri, der als operativer Chef die «professionelle Entscheidung im Sinne des FCB» mitgetragen hat.

Das ist eine noch schwächere Leistung als die Niederlagen gegen St. Gallen und Saloniki.

https://tageswoche.ch/sport/opfer-eines-konzepts/

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