Nach dem Hickhack um den Cupfinal gibt sich der Berner Sicherheitsdirektor Reto Nause (CVP) als Sieger. Das ist er aber nicht. Man kann ihm den Glauben allerdings ruhig lassen. Wichtig ist nur, dass der Fussball gewinnt – und das scheint wieder möglich.
Bisher haben es die Berner Behörden auf die harte Tour versucht. Einmal wollte Reto Nause (CVP), Sicherheitsdirektor der Stadt, die Gästefans auf dem Weg vom Bahnhof Wankdorf ins Stade de Suisse in einen Raubtierkäfig sperren. Ein anderes Mal verkündete er nach einer Schlägerei in der Innenstadt das Ende der Fanmärsche.
Eine andere Strategie haben die Basler Behörden und der FC Basel. Sie suchen den Dialog mit den Fans. Aus Bern gabs dafür in der Vergangenheit immer wieder verbale Prügel. Die Basler täten so, als gäbe es überhaupt keine Probleme, sagte Hans-Jürg Käser (FDP), Vorsteher der Kantonalen Justizdirektorenkonferenz: «Ich kann das überhaupt nicht nachvollziehen.»
Konkordat über Massnahmen gegen Gewalt anlässlich von Sportveranstaltungen, heisst das Wundermittel der Hardliner. Oder etwas einfacher formuliert: Hooligan-Konkordat.
Damit würden «Gewaltexzessen rund um die grossen Sportveranstaltungen» verhindert, versprach Käser. Und Nause fügte an, das Wichtigste sei, dass die Stadt Bern ein Instrument erhalte, «mit dem sie die An- und Abreise der Gästefans über den Bahnhof Wankdorf» abwickeln kann.
Alles dank des Hooligan-Konkordats.
Das Volk glaubte den Scharfmachern. Am 10. Februar 2014 sagte Bern – ähnlich wuchtig wie andere Kantone schon vorher – Ja zum verschärften Konkordatstext. Die Käsers und Nauses jubelten. Nun hatten sie endlich die Mittel in der Hand, um rund um die Fussballspiele für Ordnung zu sorgen. Ein erstes Mal zeigen sollte sich das beim Cupfinal. FC Basel gegen FC Zürich. Ein Klassiker – und ein Hochrisikospiel.
Das Volk glaubte den Scharfmachern. Die Käsers und Nauses jubelten.
In den Verhandlungen mit den beiden Clubs, dem Schweizerischen Fussballverband und Leuten aus der Fanszene wollte Nause sein Versprechen einlösen: keine Fanmärsche. Die Basler und Zürcher sollten möglichst schnell ins Stadion und möglichst schnell wieder weg.
Wegen Nauses harter Haltung wurde eine Zeitlang sogar über eine Verlegung des Cupfinals nach Basel spekuliert. Die Einigung konnte erst «im letzten Moment» erzielt werden, wie Nause sagt. Zehn Tage bis zum Spiel bleiben noch, als die Schweiz endlich erfährt, wo der Cupfinal stattfinden kann – und ob überhaupt. So viel Unsicherheit rund um den Austragungsort eines Endspiels gibt es sonst wohl nur noch in Krisengebieten.
Umso erfreulicher, dass die Lösung überraschend entspannt wirkt. Die Berner setzen auf die Zusammenarbeit mit den Clubs und Leuten aus der Fanszene. Und auch die Fanmärsche werden nun doch erlaubt. Warum der plötzliche Meinungsumschwung. Ganz einfach: Weil ein Marschverbot noch zu wesentlich grösseren Problemen führen könnte als ein «moderierter Walk», wie es Nause jetzt nennt. Oder wer glaubt etwa, dass tatsächlich alle Fans mit dem Fanzug anreisen und sich nach dem Spiel umgehend in Luft auflösen würden?
Zehn Tage bis zum Spiel bleiben noch, als die Schweiz endlich erfährt, wo der Cupfinal stattfinden kann.
So hat Nause jetzt eine Lösung, die soweit auch nicht mehr entfernt ist vom Modell der Basler, dieser angeblichen Ignoranten. Aber man kann sich nur wiederholen: Am Dialog mit allen Beteiligten führt kein Weg vorbei.
Der gescheiterte Hardliner versucht die Einigung nun trotzdem als sein Erfolg zu verkaufen (mehr dazu im Kasten). Klar, der Mann ist ja auch Politiker und will wieder gewählt werden.
Dank dem Hooligan-Konkordat könnten nun alle Beteiligten in die Verantwortung genommen werden, sagte Nause an der Pressekonferenz vom Freitagmorgen: «Das ist die beste Voraussetzung für ein friedliches Fussballfest.»
Lassen wir ihm die Freude. Seine Politik war bis jetzt zwar falsch, ein Fussballfest kann es am Ostermontag nun aber dennoch geben. Oder besser gesagt: muss es fast geben.
Wenn es trotz der Annäherung wieder zu Ausschreitungen in Bern käme, wäre das möglicherweise der letzte Final in Bern gewesen. Und das wäre – Hardliner hin, Hardliner her – der traurigste Ausgang dieses langen Hin und Hers.
200’000 Franken hat der Verband auf die Seite gelegt, mit denen er sich am Sicherheitseinsatz beteiligt, falls der Cupfinal-Tag nicht «ordnungsgemäss abläuft», wie Nause sagte. Eine Regelung, an der Bern auch in Zukunft interessiert wäre – und andere Städte wohl auch. Für Alex Miescher, Generalsekretär des Schweizerischen Fussballverbandes, ist der jetzige Rückbehalt von 200’000 Franken allerdings kein Präjudiz, sondern eine pragmatische Lösung in einem komplizierten Einzelfall.
Gegenüber der TagesWoche sagte Miescher jedenfalls, dass der Verband nach dem Cupfinal rechtlich abklären werde, ob es zulässig sei, den Verband zu einer solchen Kostenbeteiigung zu verpflichten. Er selbst zweifelt daran, wie er mit einem interessanten Vergleich verdeutlichte. Ihm komme das Ganze so vor, als würde der Santiglaus seinen Entscheid, ob er eine Ruete oder Mandarinli verteilen solle, vom Betragen des Nachbarbuben abhängig mache. Sprich: Der Verband fühlt sich nicht verantwortlich für das Verhalten der Fans rund um einen Match.
Mischer zeigte sich aber zuversichtlich, dass in den weiteren Gesprächen mit Bern eine Lösung gefunden werde, die auch für den Verband gut ist. Schliesslich habe die Stadt ja ein Interesse daran, auch in Zukunft Länderspiele durchzuführen, sagte er viel sagend.