Mit seinem Last Minute-Votum gegen den Kasernen-Umbau stösst Basel Tattoo-Impresario Erik Julliard nicht nur den Kanton, sondern all diejenigen vor den Kopf, die das Areal nicht nur während zwei Wochen im Jahr nutzen.
Das Basel Tattoo ist ein Fremdkörper auf dem Platz. Nicht, wenn man die Kaserne auf ihre Urnutzung als Waffenplatz zurückwirft. Doch das ist seit 50 Jahren vorbei. Inzwischen hat sich ein lebendiges, spannendes und multikulturelles Zentrum für zeitgenössische Kunst und Kultur und für die Klein- und Grossbasler Bevölkerung etabliert. Dass eine Militärmusik-Veranstaltung die ehemaligen Armeebauten als willkommene Kulisse nutzt, kann man nachvollziehen. Aber das Tattoo auf dem Kasernenareal von heute ist wie ein Punk-Festival im Grossen Musiksaal des Stadtcasinos – was ja auch ganz interessant sein könnte.
Und doch konnten sich die Tattoo-Macher mit den übrigen Arealnutzern bislang irgendwie arrangieren – wenn man von den Dauerquerelen mit dem Verein «Heb Sorg zum Glaibasel» absieht. In den Sommerferien störte die Veranstaltung die ansässigen Institutionen nicht so sehr. Und der Hauptbau, der als Dauerprovisorium für Schulen genutzt wurde, stand eh leer. Der Kanton zeigte ebenfalls immer grosses Entgegenkommen, weil er sich zusammen mit Basel Tourismus über volle Hotels freuen konnte.
Alle Nutzer freuen sich, ausser…
Das mit dem Freipass zur Nutzung des Areals als Kulisse soll nun anders werden mit dem Umbau und der Umnutzung. Zum Glück. Alle Arealnutzer freuen sich, dass endlich auch dem letzten und markantesten Baustein auf dem Areal nach langen 50 Jahren nachhaltiges Leben eingehaucht, und dass der Durchgang zum Rhein möglich wird. Alle ausser einer. Das Basel Tattoo.
Keine zwei Wochen vor der entscheidenden Abstimmung ruft der Impresario zum Nein gegen den Umbau auf. Das Projekt gefährde die Weiterführung des Anlasses, behauptet er. Wie er zu dieser Behauptung kommt, ist schleierhaft. Oder Zeichen von absoluter Sturheit.
Der Kanton hat mit seinen Zugeständnissen gegenüber dem Anlass die Grenze des Erträglichen bereits ausgereizt. Über drei Millionen Franken Mehrkosten wirft Basel-Stadt auf, damit das Tattoo während der Bauzeit weiter über den Platz gehen oder marschieren kann und die Herbstmesse einen Rummel veranstalten. Und die zukünftigen Mietverträge für den Hauptbau sollen eine spezielle Tattoo-Klausel erhalten, um den Aufmarsch der Massed Pipes and Drums ja nicht zu stören.
Alles oder nichts
Julliard kümmert es aber keinen Deut, welchen Gewinn die Umnutzung des Hauptbaus für das Quartier und den nicht militärmusikalisch affinen oder eingeschränkten Teil der Kulturstadt bringen wird. Er will alles oder nichts. Er will die Fassade als tote Kulisse und die Innenräume als Backstage- und Technikbereich nutzen können. Und das ohne die geringsten Einschränkungen. Der Kasernenhauptbau soll nicht angetastet werden, damit sich die Veranstalter des Tattoos ja nichts Neues einfallen lassen müssen.
Mit seinem Vorstoss gegen das Umbauprojekt hat Julliard sich und vor allem der Stadt einen Bärendienst erwiesen. Er dürfte damit die letzten toleranten Geister aus dem Umfeld der dauerhaften Kasernen-Nutzer gegen sich aufgebracht haben. Und bei einer Ablehnung des Umbauprojekts muss er damit rechnen, dass ihm die Nutzung des baufälligen Hauptbaus aus baupolizeilichen Gründen eh verwehrt wird. Geschweige denn, wenn eine private Trägerschaft dereinst den Betrieb des Hauptbaus übernehmen würde, wie es die politischen Gegner wünschen.
Wo sind die politischen Gegner?
Julliard lässt sich jetzt als Galionsfigur der bürgerlichen Umbaugegner vor den Karren spannen, deren Argumente so mager sind, dass sie sich selber kaum für ein Nein engagieren. Mit seiner Intoleranz gegenüber allen anderen Nutzern des Areals hat er sich vielleicht Freunde in den rechtsbürgerlichen Kreisen in Riehen geschaffen. Aber sicher nicht bei denjenigen, die schon da sind im lebendigen Herz des pulsierenden Kleinbasel.