Adieu Sommer – ein kulinarischer Abschied

Koch Thierry Boillat hat dem Sommer 2015 ein Gericht gewidmet. Eines, das uns die sommerliche Frische ein letztes Mal auf der Zunge spüren lässt. Die Hauptrolle spielen dabei die Wildkräuter.

Und fertig ist die kulinarische Interpretation des Sommers 2015: Mit frischen Wildkräutern aus Basels Umgebung, knackigen Matcha-Chips und Limonensaft.

(Bild: Basile Bornand)

Koch Thierry Boillat hat dem Sommer 2015 ein Gericht gewidmet. Eines, das uns die sommerliche Frische ein letztes Mal auf der Zunge spüren lässt. Die Hauptrolle spielen dabei die Wildkräuter.

Seit dieser Woche ist es endgültig. Der Sommer ist auch astronomisch vorbei. Nur noch für kurze Zeit wachsen deshalb auf den Wiesen rund um die Stadt die typischen Wildkräuter wie Labkraut, Sauerampfer oder Knöterich. Bis das Grün irgendwann dem Gold und Braun des Herbstes weicht.

Es ist einer der letzten Sommertage des Jahres. In der Küche des Restaurants Stucki holt Koch Thierry Boillat verschiedene Behälter aus dem Kühlraum. Ihr Inhalt schimmert grün durch die Kunststoffboxen. Sorgfältig hat jemand Kräuter darin platziert. Es sind solche, die es in keinem Supermarkt zu kaufen gibt. Sie wurden allesamt in Basels Umgebung gepflückt. Auf Feldern, im Wald oder entlang von Bächen und Flüssen.

«Kochen mit wilden Kräutern ist ein extremer Luxus», sagt Boillat. Für jedes einzelne Kraut habe sich jemand gebückt, es als essbar befunden, vom Stiel befreit und gereinigt. «Wenn man diesen Arbeitsaufwand zu schätzen weiss, erlebt man einen zusätzlichen Kick beim Essen.»

Fuchsschwanz als Basis

Die Basis des Sommersalats bildet Quinoa. Die kleinen Samen sehen zwar aus wie Getreide, gehören aber der Familie der Fuchsschwanz-Gewächse an. In einer Pfanne dünstet Boillat die Quinoa kräftig mit den Frühlingszwiebeln an. «Es ist wichtig, die Samen zu dünsten, damit sie mehr Geschmack bekommen», erklärt er.

Neben der Pfanne steht ein dunkelgrüner Kräutersud zum Ablöschen. Er wurde aus den Abschnitten und Resten von Wildkräutern hergestellt. Wem das zu Hause zu aufwendig ist, kann auch Bio-Gemüsebouillon verwenden.

Boillat hat den ganzen Sommer über an diesem Gericht getüftelt. Während die Quinoa-Samen auf dem Herd vor sich hin köcheln, erzählt er begeistert: «Ich würde dieses Gericht momentan allen anderen vorziehen.» Nur hin und wieder ein Stück Fleisch oder Fisch könne den Salat komplettieren.



Nachdem der Quinoa-Salat abgekühlt ist, wird er mit gehackten Kräuter vermischt.

Nachdem der Quinoa-Salat abgekühlt ist, wird er mit gehackten Kräuter vermischt. (Bild: Basile Bornand)

Der Salat schmecke nicht nur sehr gut, sondern sei auch äusserst gesund. Der junge Koch hat in diesem Jahr nämlich einen neuen Blick auf das Thema gesunde Ernährung gewonnen. Nach einem Arbeitsunfall sei er über Umwege zu einem Osteopathen gelangt. Dieser habe ihm den Zusammenhang von Ernährung und körperlichem Wohlbefinden nähergebracht.

Alle Sommergelüste in einem Gericht

«Ich habe mich noch nie so saisonal ernährt wie in diesem Jahr», sagt Boillat. Er habe angefangen, auf den eigenen Körper und dessen Bedürfnisse zu achten. Dabei spiele Lust eine grosse Rolle: «Nie würde ich mir verbieten, etwas Bestimmtes zu essen.» Der Quinoa-Salat beinhaltet sozusagen alle seine persönlichen Sommergelüste in einem Gericht.

Und die Wildkräuter spielten dabei die Hauptrolle. Wenn er unterwegs sei, unternehme er manchmal Abstecher auf die Wiesen, um ein paar Kräuter zu sammeln. «Dann gönne ich mir sozusagen einen Snack-on-the-Road», sagt Boillat lachend.

Mehr als nur ein Snack ist der Wildkräuter-Salat, den er gemeinsam mit dem Quinoa-Salat anrichtet. Die Avocadoscheiben sorgten für den perfekten Schmelzpunkt, erklärt er. «Mit dem Quinoa-Salat hast du etwas, das dich satt macht, während die knusprigen Chips für eine weitere Konsistenz auf dem Teller sorgen.»



Die Sauce aus Limettensaft und Haselnussöl wird separat serviert und erst kurz vor dem Essen über dem Salat verteilt.

Die Sauce aus Limettensaft und Haselnussöl wird separat serviert und erst kurz vor dem Essen über dem Salat verteilt. (Bild: Basile Bornand)

Das Dressing serviert Boillat separat in einem Gefäss. Zum Umrühren dient Fuchsschwanz – was perfekt zum Quinoa-Salat passt. «Das Rühren macht den sogenannten 3-D-Faktor aus. Bereits vor dem Essen kommt der Gast in Kontakt mit einem Kraut.»

Vor uns liegt nun ein Bouquet mit den verschiedensten Facetten von grün. Die äusserliche Erscheinung täuscht nicht: Der Limettensaft und die saftigen Kräuter sorgen auf der Zunge für eine sommerliche Frische. Als wäre es noch mitten im Juli.

Wildkräuter im Herbst? Die Kräuter, die für den Quinoa-Salat verwendet wurden, hat Barbara Erath gesammelt. Seit April beliefert die Naturärztin das Gourmetrestaurant Stucki mit wilden Pflanzen sowie Spezialitäten aus ihrem eigenen Garten. Pro Woche ist Erath zirka zwölf Stunden mit Ernten und Pflücken beschäftigt. Die Hälfte der Ernte geht als Frischware direkt in die Stucki-Küche. Der Herbst sei für sie ertragreich, aber nicht die beste Zeit für Einsteiger, um Wildpflanzen zu sammeln. «Die meisten Pflanzen sind verblüht und somit schwieriger zu bestimmen», erklärt sie. Auf nachwachsenden Wiesen fände man aber dennoch Labkrautspitzen, zarte Sauerampferblätter oder letzte Hornkleeblüten. Pflanzenkenner könnten zudem die Rosetten der zweijährigen Pflanzen wie beispielsweise Nachtkerzen und Barbarakraut sichten. Auf abgeernteten Feldern liessen sich nochmals einjährige Pflanzen wie Melden, Fuchsschwanz oder Knöteriche finden. Für den Nüsslisalat hingegen beginnt jetzt erst die Saison. Wildpflanzen-Einsteigern empfiehlt Erath, an einer Wildpflanzen-Exkursion teilzunehmen (z.B. eine Wanderung mit Sonja Wunderlin) und einen Blick in das Rezeptbuch «Essbare Stadt» von Maurice Maggi zu werfen.

Die Rezepte zum Nachkochen

Quinoa-Salat mit Limette, Wildkräutersalat und Demeter «Hass»-Avocado mit Matcha-Tee-Chips

(für vier Hauptgang-Portionen)

Salat-Zutaten

400g Quinoa
1 Liter Gemüsebouillon
3 Stk. Frühlingszwiebeln
Saft von 2 Stk. Limetten
8 grosse Blätter Sauerampfer
2 Bund Rucola
Etwas Haselnussöl
40g gehackte Pistazien
4 Hände voll frischer Wildkräuter (je nach Angebot)
1 Dose Pesto-Cantucci (erhältlich im Stucki-Shop)
1 «Hass»-Avocado

Die Quinoa in etwas Fett mit den geviertelten und fein geschnittenen Frühlingszwiebeln (nur weisser Teil) andünsten. Mit Gemüsefond ablöschen und mit etwas Salz würzen. Das ganze einmal aufkochen und anschliessend zugedeckt auf kleinem Feuer 10 bis 15 Minuten köcheln lassen, bis die Flüssigkeit verschwunden ist. Die Quinoa abkühlen und anschliessend die gehackten und geschnittenen Kräuter untermengen. Das Grün der Frühlingszwiebeln fein schneiden und ebenfalls beigeben. Den Salat mit Haselnussöl und Limettensaft anmachen, die Pistazien beigeben und mit Fleur de Sel abschmecken. Das restliche Limetten-Haselnussöl-Gemisch separat in einer Saucière servieren. Die Avocado vom Stein befreien, in Scheiben schneiden und mit etwas Limettensaft und Fleur de Sel würzen.

Chips-Zutaten

2 Kartoffeln (mehlig kochend)
1 EL Matcha-Tee-Pulver
Fleur de Sel
Saft von 2 Limetten

Die geschälten Kartoffeln in Salzwasser sehr weich kochen. Das Wasser abgiessen und die Kartoffeln mit dem Limettensaft zu einem feinen Teig mixen. Mit Salz abschmecken. Den Teig dünn auf ein Blech mit Backpapier streichen und mit dem Tee-Pulver bestäuben. Im Ofen bei 70 Grad sechs bis acht Stunden trocknen lassen.

Anrichten

Den Quinoa-Salat auf dem Teller anrichten. Anschliessend den Kräutersalat auf der Quinoa verteilen. Auch die Avocado-Scheiben sowie die zerbröselten Cantucci auf dem Teller platzieren. Die Chips leicht zerbrechen und wie auf dem Bild anrichten. Die Haselnussöl-Limetten-Sauce separat dazu servieren.

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