Der Grosse Rat will das Alkoholverbot in Jugendzentren aufheben, aber ein Komitee sammelt Unterschriften für ein Referendum. Doch die Realität ist: Im Jugi Badhüsli veranstalten Jugendliche ab 16 seit Jahren Partys und verkaufen dabei Alkohol. Ist das legal oder nicht?
Momentan sammelt ein Komitee namens «Verein für Suchtprävention» Unterschriften. Ziel: Das Alkoholverbot in Jugendzentren soll weiterhin gelten. Dies, nachdem der Grosse Rat beschlossen hat, das Verbot aus dem Gastgewerbegesetz zu streichen.
Dort steht heute:
In Restaurationsbetrieben von Jugendzentren dürfen keine alkoholischen Getränke angeboten oder abgegeben werden.
So viel, so klar.
Alkohol schon heute
Doch Realität ist: Im Badhüsli, einem Jugendzentrum des Vereins JuAr Basel beim St. Johanns-Tor, wird bereits heute Alkohol ausgeschenkt. Und zwar an speziellen Abendanlässen, wie zum Beispiel dem Korkenzieher, der am 28. Januar wieder stattfindet und an dem Nachwuchskünstler aus der Region auf der Bühne stehen.
Ebenso bei der Theater-Afterparty vom 17. Februar, Gymischüler feiern die Dernière ihres Schultheaters.
Doch das gilt nur für Anlässe, die von Jugendlichen veranstaltet werden. Es sind die Jugendlichen, die den Alkohol einkaufen und verkaufen – unter strikter Alterskontrolle und unter Aufsicht eines Jugendarbeiters vom Badhüsli.
Im regulären Betrieb, der sogenannt «offenen Jugendarbeit» gilt immer: kein Alkohol.
Das ist Prävention
Mit dieser Trennung zwischen offener Jugendarbeit und speziellen Veranstaltungen bewegt sich das Badhüsli in einem gesetzlichen Graubereich, sagt Roman Hueber, Jugendarbeiter und Leiter des Badhüsli. Im Gesetz steht zwar: «Ausnahmen werden durch Verordnung geregelt.» Nur: In der Verordnung zum Gastgewerbegesetz steht bislang nichts dazu.
Doch Huebers Erfahrung zeigt: Es ist gescheiter, den Jugendlichen einen geschützten Raum zu geben, wo sie feiern und trinken können: «Wenn wir Alkohol verbieten, gehen die Jugendlichen in Parks oder an den Rhein, und dann trinken sie viel unkontrollierter.»
Das Erziehungsdepartement betrachtet dieses Vorgehen des Badhüsli als sinnvoll, erklärt Thomas Mächler, Leiter a.i. des Bereichs Jugend, Familie und Sport im Erziehungsdepartement: «Das Alkoholverbot bezieht sich nicht auf die Räumlichkeiten der Jugendzentren, sondern auf die Nutzung.»
Der Kanton subventioniert die offene Jugendarbeit und regelt die Aufgaben in Leistungsaufträgen. Sprich: In den regulären offenen Jugendtreffs wird Alkohol nicht geduldet. Wenn die Jugendarbeit ihre Räume allerdings vermietet, fällt das nicht unter ihren Leistungsauftrag und somit nicht unter das Verbot.
Im gesetzlichen Grenzbereich
Allerdings sei diese Auslegung des Gesetzes umstritten, sagt Mächler: «Wir bewegen uns im Grenzbereich.» Denn auch bei Veranstaltungen wie dem Korkenzieher oder der Theaterparty sind Jugendarbeiter involviert. Sie organisieren mit den Jugendlichen die Partys und sind häufig auch während der Veranstaltungen vor Ort.
Es herrscht offensichtlich gesetzlicher Klärungsbedarf.
Das sieht auch die Regierung so und hatte darum eine entsprechende Verordnungsänderung in der Schublade. Diese hätte Ausnahmen festgelegt, unter denen in Jugendzentren Alkohol getrunken werden darf – als Ergänzung zum Verbot im Gastgewerbegesetz.
Mehr Kompetenzen für die Jugendarbeiter
Doch der Grosse Rat wollte davon nichts wissen und strich das Verbot gleich ganz aus dem Gesetz. Dies unter der Federführung von SP-Grossrat Thomas Gander. Er hatte die entsprechende Motion im Grossen Rat eingereicht.
Für ihn widerspricht das generelle Verbot der Prävention, er will deshalb mehr Kompetenzen an die Jugendarbeiter übertragen. «Das sind ausgebildete Fachpersonen, die am besten wissen, wie man verantwortungsvoll mit dem Thema Jugend und Alkohol umgeht.»
Die Regierung könne immer noch Einfluss auf die Jugendarbeit nehmen, etwa über den Leistungsauftrag oder die Wahl des Vorstands.
Wieder bei null – obwohl alle dasselbe wollen
Das Referendumskomitee dagegen will das Verbot beibehalten. Jugendtreffpunkte dürften nicht die Botschaft vermitteln, der Konsum von Alkohol gehöre zum Coolsein dazu, heisst es im Referendumsschreiben. Eine der wirksamsten Präventionsmassnahmen sei, den Kauf von Alkoholika für Jugendliche zu erschweren.
Bis am 21. Januar hat das Komitee nun Zeit, Unterschriften für das Referendum zu sammeln. Wenn es zustande kommt, stimmt das Volk darüber ab. Was würde es für das Badhüsli bedeuten, wenn das Volk am Verbot festhält?
«Das ist noch offen», sagt Mächler vom Erziehungsdepartement. Die Regierung müsse dann das Abstimmungsergebnis interpretieren und herausfinden, ob das Volk ein striktes Verbot will oder ob es Ausnahmen erlauben möchte.
Gegen striktes Verbot
Wenn man Annemarie Pfeifer, EVP-Grossrätin und Mitglied des Referendumskomitees fragt, ist es ganz einfach: Im Badhüsli soll es – an speziellen Anlässen – immer noch Alkohol geben. «Ich bin dafür, dass in Jugendzentren in Ausnahmefällen Alkohol an Jugendliche über dem Mindestalter ausgeschenkt wird, zum Beispiel an speziellen Abendveranstaltungen, Konzerten oder Partys. So üben sie einen massvollen Alkoholkonsum ein.» Deshalb begrüsse sie Ausnahmen auf Verordnungsebene, wie sie die Regierung vorgeschlagen habe. Das sei unter dem geltenden Gesetz möglich.
Ihre Angst: Wenn das Verbot ganz fällt, könnte in Jugendzentren rein theoretisch auch an den offenen Treffpunkten am Nachmittag und frühen Abend Alkohol ausgeschenkt werden, wenn Jugendliche unter 16 Jahren dort sind.
Nie Alkohol im Regelbetrieb
Diese Angst ist aber unbegeründet. Der Verein JuAr schreibt in einer Stellungnahme: «Keinesfalls werden Jugendarbeitende Alkoholkonsum während des Regelbetriebs tolerieren.» Ausserdem gelten die eidgenössischen Jugendschutzbestimmungen, so sagt Roman Hueber: «Kein Jugendlicher unter 16 Jahren wird bei uns im Badhüsli jemals Alkohol ausgeschenkt bekommen.»
Alkoholverbote an Veranstaltungen von Jugendlichen seien aber kontraproduktiv. Hueber wünscht sich deshalb eine Aufhebung des Verbotes, sowie eine Klärung der rechtlichen Situation.
Wir stellen fest: Alle wollen das, was schon längst passiert: kontrollierten Alkoholausschank an speziellen Anlässen. Aber man ist sich uneins, wie das gesetzlich geregelt werden soll.