Seit aus «Frey» am Bahnhof «Beschle» wurde, gibt es unter etlichen «Frey»-Stammgästen nur noch ein Thema: Warum liessen die Beschle-Brüder nicht alles, wie es war? Der Unmut über Veränderungen im Sortiment ist gross. Derweil versucht Geschäftsführer Dominic Beschle, auf die Anliegen seiner Gäste einzugehen.
Auf den ersten Blick ist alles, wie es war. Die Gäste sitzen an der runden Bar und lesen Zeitung. Aber es sind weniger – und zufrieden sind sie auch nicht mehr. Mit dem Kaffee nicht, den «Gipfeli» – und den «Eierbrötli». «Bei Frey gab es den besten Kaffee der Stadt», sagt ein Stammgast – und alle pflichten ihm bei. «Diesen Kaffee hier kann ich nicht trinken.» Esther Stöckli – Gast seit Jahrzehnten – ärgert sich ausserdem über die neuen Wassergläser, die es zum Kaffee gibt: «Es sind Schnapsgläser», sagt sie – und zeigt auf das Mini-Glas, in dem «ein Schluck» Platz habe. Früher sei automatisch ein normales Glas Wasser zum Kaffee serviert worden. Was die «Gipfeli» betreffe, habe sie sich gefragt: «Was ist denn das?», als sie zum ersten – und letzten – Mal in eines der neuen «Gipfeli» gebissen habe. Ähnlich geht es ihr mit den «Eierbrötli»: Die seien neu rund und nicht mehr eckig, kleiner und mit Gelée überzogen. «Nicht mehr gut», so ihr Urteil.
Vielen Kunden geht es wie diesen Stammgästen: Sie sind verärgert über das neue Angebot ihres Lieblingslokals am Bahnhof. Seit dem 1. August läuft dieses nach dem Besitzerwechsel im Mai nun endgültig unter neuem Namen: Aus «Frey» wurde «Beschle». Und das wirkt sich nicht nur auf die Plakate am Eingang und im Lokal selber aus, sondern auch auf das Sortiment: ein Beschle-Frey-Mix – der allerdings vom neuen Besitzer «Beschle» dominiert wird. Zwar steht in der Auslage die «Frey»-Birnentorte neben dem «Beschle»-Ring und die «Frey»-Mandelbombe bei der «Beschle»-St.-Honoré. In der Schokolade-Abteilung aber dominieren gewagte Kreationen mit Chilli oder Thymian. Ungewohnt für traditionelle Schokolade-Esser – und eben neu im alten «Frey».
Amici statt Illy-Kaffee
Etliche Stammgäste trinken ihren Morgenkaffee seit 40 Jahren im «Frey». Sie kommen täglich um dieselbe Zeit, setzen sich an «ihren» Platz – und plaudern kreuz und quer über die Bar mit den anderen Gästen. Man kennt sich, wenn auch diskret. Bis vor kurzem jedenfalls war es so. Doch jetzt – sieht man sich bei «Bachmann» nebenan wieder. Oder ärgert sich beim ehemaligen «Frey» über den neuen Wind, der weht. «Beschle»-Geschäftsführer Dominic Beschle hat Verständnis für die Gäste, sagt aber auch: «Hätte ein anderer die Confiserie übernommen, gäbe es möglicherweise gar nichts mehr von Frey im Sortiment.»
Das sehen auch die Gäste ein, dennoch: «Ich verstehe nicht, weshalb die Verantwortlichen den Wechsel nicht langsamer angehen konnten – zumal Frey eine hervorragende Firma war», sagt Stammgast Edith Baur. Dreissig Jahre lang habe sie ihren Kaffee regelmässig dort getrunken. Ihre Arbeitskollegin Yvette Tschopp ergänzt: «Sogar das Geschirr wurde ausgetauscht – aber auch das ändert nichts daran, dass der Kaffee nicht mehr schmeckt.» Als Konsequenz habe auch sie das Lokal gewechselt und verkehre nun bei der Konkurrenz nebenan, wegen des Kaffees und «weil es eben nicht mehr ist, wie es war».
Dominic Beschle, selber leidenschaftlicher Kaffeetrinker, erklärt, was hinter dem Wechsel steckt: «In der Frey-Filiale in der Innenstadt wurde bereits vor unserer Übernahme Amici-Kaffee ausgeschenkt – dieselbe Marke, die auch Beschle anbietet. Bloss bei Frey am Bahnhof gab es Illy-Kaffee.» Der Wechsel habe auf der Hand gelegen. Er habe nicht vor, diese Entscheidung rückgängig zu machen, sagt Beschle.
Runde und eckige «Brötli»
Eine Frau fasst zusammen, was auch die anderen Stammgäste sagen: «Vieles sieht aus wie früher, schmeckt aber nicht mehr so.» Konkret spricht sie die «Gipfeli» an. Dazu sagt Dominic Beschle, man habe sich nicht entscheiden können, ob man weiterhin die «Frey-Gipfeli» backe oder auf die «Beschle»-Variante umstelle. Deshalb sei das Rezept, das neu verwendet werde, eine Mischung aus beidem. Er versuche, so gut wie möglich auf die Anliegen der Gäste einzugehen, sagt er – und zeigt sich gleichzeitig überzeugt von der «eigenen Philosophie». Diese betreffe etwa die neuen Wassergläser. «Es ist einfach nicht schön, wenn viele halbvolle grosse Gläser auf der Bar stehen.» Daher die «Schnapsgläser» – und die Freiheit der Kunden, ein grosses zu bestellen.
Auch die «Eierbrötli»-Kritik ist ihm nicht neu. Dazu hat er allerdings eine gute Nachricht: «Es wird weiterhin beide Varianten geben – die eckigen im Frey-Stil und die runden von Beschle.» Ob den Gästen ob dieser Nachricht ein Stein vom Herzen fällt, ist eine andere Frage. Denn «Frey» ist nun Geschichte.