Causa Schutzbach: Halbwahrheiten in der «Basler Zeitung»

Hat die Universität Basel die Gender-Wissenschaftlerin Franziska Schutzbach nach einer Medienkampagne fallengelassen? Diesen Eindruck erzeugt die «Basler Zeitung». Dabei verschweigt das Blatt Sachverhalte und verdreht die Worte des zuständigen Dekans. 

Die Schutzbach erfolgreich weggeschrieben? Vermutlich nicht. (Bild: Hans-Jörg Walter)

Die «Basler Zeitung» hat ihre Trophäe. «Schutzbach verliert Lehrauftrag», titelte das Blatt gestern Dienstag im jüngsten Beitrag einer Artikelserie, die sich gegen Franziska Schutzbach richtet. Die Gender-Wissenschaftlerin hatte sich zuvor mit einigen provokanten Blog-Beiträgen den Zorn der Politik und die Aufmerksamkeit von BaZ und «Weltwoche» eingehandelt.

Der Ausgang der Kampagne, so suggeriert es die BaZ, ist ein durchschlagender Erfolg ihrer Kritiker: Die Uni knickt ein und verweigert Schutzbach einen Lehrauftrag fürs kommende Semester. Das wiederum bringt all jene gegen die Uni Basel auf, die sich hinter Schutzbach stellen oder zumindest hinter das Recht, seine Meinung frei äussern zu dürfen.

Nachfragen beim zuständigen und im Artikel zitierten Dekan der Philosophisch-Historischen Fakultät Walter Leimgruber wecken nun Zweifel an der erfolgreichen Trophäenjagd. Leimgrubers Ausführungen erwecken vielmehr den Anschein, dass die BaZ ungehörig Aussagen verdreht und interpretiert hat, um ihre These aufs Papier zu bringen.

Es lag kein Antrag vor

Laut Leimgruber wurde nie gegen Schutzbach entschieden: «Wir haben keinen solchen Entscheid gefällt, denn es wurde nie ein Lehrauftrag für Frau Schutzbach für das nächste Semester beantragt. Wir entscheiden nicht über Anträge, die nicht vorliegen. Dieser Prozess war abgeschlossen, bevor die Artikel in der Basler Zeitung erschienen. Das habe ich Herrn Abrecht auch so geschrieben.»

Serkan Abrecht ist BaZ-Redaktor und Autor einiger Schutzbach-Artikel. Er zitiert Leimgruber mit der Aussage: «Frau Schutzbach hat für das nächste Semester keinen Lehrauftrag erhalten.» Leimgruber wirft Abrecht nun vor, das Wort «erhalten» dazugedichtet zu haben. Ein Detail, aber kein unwichtiges, denn es insinuiert einen Entscheid, den es nie gegeben haben soll.

Auch folgende Aussage im Artikel ist demnach falsch: «Die Entscheidung, Franziska Schutzbach keinen weiteren Lehrauftrag zu erteilen, sei aber schon vor einiger Zeit gefällt worden.»

Leimgruber widerspricht der Darstellung, es habe Gespräche mit der Unileitung oder dem Universitätsrat über den Lehrauftrag von Schutzbach gegeben. Laut Leimgruber ist es eher Normalität als Seltenheit, dass Lehraufträge nicht weiterlaufen: «Lehraufträge werden pro Semester vergeben, nur in seltenen Fällen (z.B. Sprachunterricht) sind sie regelmässig.»

Stellungnahme in voller Länge

Der aufgebrachte Professor hat eine Stellungnahme zum Artikel in der «Basler Zeitung» verfasst, die hier in voller Länge publiziert wird:

«Schutzbach verliert Lehrauftrag. Dozentin wird nicht mehr lehren», titelt die BaZ am Dienstag, 28. November. Und dann wird festgehalten, dass Walter Leimgruber, Dekan der Philosophisch-Historischen Fakultät, gesagt habe, «dass Schutzbach nicht weiter an der Universität lehren werde».

Aus meinen Erläuterungen lässt sich aber nicht der Schluss ziehen, dass Frau Schutzbach einen Lehrauftrag verloren habe und nicht mehr lehren werde.

Auf die Frage von Herrn Abrecht: «Wie mir Herr Geering mitteilte, hat Frau Schutzbach einen Lehrauftrag bei Ihrer Fakultät, der am 31.01.2018 ausläuft. Wird die Fakultät Schutzbachs Lehrauftrag verlängern?» lautete meine Antwort: «Die Planung für das nächste Semester ist seit einiger Zeit abgeschlossen. Frau Schutzbach hat für das nächste Semester keinen Lehrauftrag.»

Damit machte ich meiner Meinung nach Folgendes klar: Diese Planung war bereits abgeschlossen, als die Artikel erschienen. Für Frau Schutzbach ist für das Frühlingssemester 2018 schlicht und einfach kein Lehrauftrag beantragt worden. Sie kann also auch keinen verlieren. Und die Fakultät kann deshalb auch nicht den Entscheid fällen, Frau Schutzbach «keinen weiteren Lehrauftrag zu erteilen», wie Herr Abrecht schreibt. Denn sie entscheidet nicht über einen nicht vorliegenden Antrag.

Herr Abrechts Fragen bezogen sich auf das nächste Semester, darauf habe ich geantwortet. Alle weiteren Schlüsse lassen sich nicht aus meinen Antworten ziehen. Insbesondere habe ich nie gesagt, «dass Schutzbach nicht weiter an der Universität lehren werde», wie Herr Abrecht schreibt. Und Absprachen mit dem Universitätsrat und dem Rektorat gab es keine.

Es ist auch erkennbar, warum Herr Abrecht beim Satz «Frau Schutzbach hat für das nächste Semester keinen Lehrauftrag» das von mir nicht geschriebene «erhalten» eingeschoben hat. Denn so kann er insinuieren, es sei ein Lehrauftrag beantragt, aber abgelehnt worden. Dass dem nicht so ist, habe ich bereits deutlich gemacht.

Die Fakultät lässt sich in ihren Überlegungen nicht von journalistischen Artikeln leiten. Die Grundlagen für Entscheidungen, ob jemand lehrt oder nicht, sind vollkommen andere.

https://tageswoche.ch/form/kommentar/wer-munition-fuer-eine-hexenjagd-liefert-macht-sich-mitschuldig/

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