Wer Munition für eine Hexenjagd liefert, macht sich mitschuldig

Die BaZ triumphiert, weil sie Franziska Schutzbach aus der Uni geschrieben hat. Das stimmt zwar nicht, gewonnen haben die Hetzer dank Mithilfe von Uni-Rektorin und linken Politikern trotzdem.

Die BaZ bläst zur Jagd auf Franziska Schutzbach und Rektorin Schenker-Wicki und die SP-Präsidenten Koller und Pfister liefern die Patronen. (Bild: Illu: Hans-Jörg Walter)

Zunächst war es nur eine der üblichen üblen Kampagnen. «Weltwoche»-Vize Philipp Gut grub einen Beitrag aus, den Genderforscherin Franziska Schutzbach vor eineinhalb Jahren auf ihrem privaten Blog publiziert hatte. Darin forderte sie provokativ Boykottmassnahmen gegen SVP-Politiker.

Ein gefundenes Fressen für Gut, denn Schutzbach steht nicht nur politisch für alles, was er hasst, sie gehört mit Philipp Sarasin und Svenja Goltermann auch zu den Herausgebern des Blogs «Geschichte der Gegenwart». Auch gegen Goltermann und Sarasin hatte Gut schon angeschrieben, mit dem Resultat, dass er wegen übler Nachrede verurteilt wurde. Nun nahm er jemanden aus dem Umfeld seiner Intimfeinde ins Visier.

Weil Schutzbach am Zentrum Gender Studies der Uni Basel einen Lehrauftrag hat, sprang die «Basler Zeitung» mit auf den Zug und trug die Frage der «Weltwoche» nach Basel, ob so jemand an der Uni lehren dürfe. Nein, fand die Basler SVP und forderte umgehend, Schutzbach sei aus der Uni zu entfernen und ebenso aus der Basler Gleichstellungskommission, bei der sie Mitglied ist.

So weit kannte man diese Art Kampagne schon. Was dann geschah, hingegen noch nicht: Linke Politiker liessen sich vor den BaZ-Karren spannen. Der grüne Grossrat Thomas Grossenbacher attestierte Schutzbach «demokratiefeindliche Züge». Der Baselbieter SP-Präsident Adil Koller sprach von einem «Mangel an Demokratieverständnis».

Auch sein städtischer Amtskollege Pascal Pfister konnte nicht aufs Maul hocken und gab zu Protokoll: «Ob die private Äusserung auf einem Blog in Bezug auf ihre Lehrtätigkeit ein Problem darstellt, muss die Universität beurteilen.»

Immerhin sah Pfister bald ein, dass er Munition für eine Hexenjagd geliefert hatte, und gab öffentlich zu: «Es war ein Fehler, wie ich mich gegenüber der ‹Basler Zeitung› in dieser Sache und in diesem eigentlich offensichtlichen Zusammenhang geäussert habe.»

Statt ihre Angestellte aus dem Schussfeld zu nehmen, lieferte die Uni-Rektorin den Jägern Munition.

Am Mittwochabend verkündete dann auch Adil Koller via Facebook und Twitter: «Es war ein Fehler von mir, dass ich mich in der Anfangsphase so zum Blog­eintrag geäussert habe, dass meine Zitate für die Hetzjagd verwendet werden konnten. Ich habe mich deswegen auch bereits bei Franziska Schutzbach entschuldigt.» An der grundsätzlichen Kritik am Blogeintrag hielt er aber fest.

Der Schaden war angerichtet, und es kam noch schlimmer. Die Rektorin der Uni Basel, Andrea Schenker-Wicki, hat nichts Besseres zu tun, als Schutzbachs Blogbeitrag in der BaZ zu kommentieren: «Es ist undemokratisch, Ausgrenzung und Boykotte zu fordern.»

Statt sich vor ihre Angestellte zu stellen oder zu schweigen mit dem Hinweis, dass Schutzbach den skandalisierten Text privat verfasst hatte, liess die Rektorin Schutzbach fallen. Dieses Verhalten erinnert an den Baselbieter Sicherheitsdirektor Isaac Reber, der vor einer BaZ-Kampagne einknickte und Sibel Arslan trotz gültigem Arbeitsvertrag schon vor ihrem Stellenantritt als Leiterin Straf- und Massnahmenvollzug absetzte.

Das Ziel ist isoliert, es steht schutzlos da. Das ist kein Journalismus, sondern eine Treibjagd.

Zumindest das Präsidialdepartement heulte nicht mit den Wölfen. Dieses hielt zum Verdruss der BaZ fest, Schutzbach erfülle die Anforderungen an Mitglieder der Gleichstellungskommission in «hohem Masse» und sei für ihr Amt als «qualifiziert» einzustufen.

Mit den Aussagen der linken Männer und der Uni-Chefin konnte die BaZ trotzdem ein klares Bild zeichnen: Schaut, sogar die eigenen Leute wenden sich von ihr ab. Das Ziel ist isoliert, es steht schutzlos da. Das ist kein Journalismus, sondern eine Treibjagd.

Am Dienstag meldete die BaZ, Mitglieder des Unirats hätten bei der Rektorin interveniert und diese habe sich anschliessend an Dekan Walter Leimgruber gewandt, dessen Philosophisch-Historischer Fakultät das Zentrum Gender Studies angegliedert ist. Und der Dekan sagte der BaZ, was sie hören wollte: «Frau Schutzbach hat für das nächste Semester keinen Lehrauftrag erhalten.»

Allerdings betont Leimgruber gegenüber der TagesWoche, er habe gegenüber der BaZ nur gesagt: «Frau Schutzbach hat für das nächste Semester keinen Lehrauftrag.» Das in diesem Kontext wichtige Wort «erhalten» habe der Autor hinzugefügt.

«Die BaZ und ihre Anhänger feiern einen Sieg, den es nicht gibt.»

Dekan Leimgruber legt Wert auf die Feststellung, es sei nicht gegen Schutzbach entschieden worden: «Wir haben nie einen solchen Entscheid gefällt, denn es wurde nie ein Lehrauftrag für Frau Schutzbach für das nächste Semester beantragt.» Zudem hält er fest, er habe der BaZ gegenüber nicht gesagt, dass Schutzbach nicht weiter an der Universität lehren werde.

https://tageswoche.ch/gesellschaft/causa-schutzbach-bullshit-der-basler-zeitung/

Franziska Schutzbach selber hält sich derzeit mit Äusserungen zurück. Den TagesWoche-Artikel mit Leimgrubers Klarstellungen teilte sie aber auf Facebook mit der Bemerkung: «Das hier ist vorerst entscheidend: Die BaZ und ihre Anhänger feiern einen Sieg, den es nicht gibt.»

Die Hexenjagd hat Erfolg, wenn ihr niemand Einhalt gebietet.

Die BaZ triumphiert trotzdem: Sie hat ihre Trophäe und auch noch gleich den Zorn der Aufgeklärten auf die Uni gelenkt. Unter gütiger Mithilfe von Parteipräsidenten und Uni-Rektorin kann sie so tun, als hätten sie eine missliebige Wissenschaftlerin aus ihrem Job vertrieben und sendet damit – auch dank dem «Tages-Anzeiger», der die Story übernahm – ein klares Signal weit über Basel hinaus: Wer es wagt, die SVP anzugreifen, wird fertiggemacht.

Gerne nehmen die Hetzer Frauen, genauer feministische Aktivistinnen, ins Visier, denn die zerfleischt der Volkszorn in den Kommentarspalten am allerliebsten. Journalismus ist dabei nicht die einzige Waffe: Die Netzaktivistin Jolanda Spiess-Hegglin wurde gerade erneut vor Gericht gezerrt und die ehemalige Prostituierte und Aids-Aktivistin Brigitte Obrist, die wegen Cluster-Kopfschmerzen IV bezieht, wurde von anonymer Seite angeschwärzt, weil sie zu viel twittere. Nach einer Neuabklärung wurde ihr die IV halbiert.

Die Hexenjagd hat Erfolg, wenn ihr niemand Einhalt gebietet. Wer die Meute gewähren lässt, macht sich mitschuldig. Man muss nicht mit Schutzbach einig sein, man kann ihre Aussagen kritisieren. BaZ und «Weltwoche» Munition liefern, das darf man aber nicht.

Wer Angst haben muss, dass er allein gelassen wird, der wird schnell kleinlaut.

Darin liegt die Tragik und der Skandal dieser Affäre: Uni-Rektorin Schenker-Wicki und die SP-Präsidenten Koller und Pfister unterstützten die Hexenjagd, statt ihr entgegenzutreten oder zumindest aufs Maul zu hocken, um nicht dem Scheiterhaufen, der herbeigeschrieben wurde, noch Zunder zu geben.

Es ist ein verheerendes Signal für kritische Geister, die sich exponieren. Wer Angst haben muss, dass er allein gelassen wird, der wird schnell kleinlaut. Die Hexenjagd gegen Schutzbach zeigt: Anders als früher bringen sie dich nicht gleich um. Aber sie wollen dich mundtot machen und können dabei auf Schützenhilfe zählen.

https://tageswoche.ch/gesellschaft/die-schutzbach-kritiker-entlarven-sich-bloss-selbst/

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