Das Ende eines unsteten Quartierlokals

Seit einigen Monaten ist das Restaurant Cosmopolit im Bachlettenquartier geschlossen. Der Gründer des Lokals schaut auf dessen bewegte Geschichte zurück. Im Frühling soll an seiner Stelle ein Thai-Bistro eröffnen.

Auf einsamem Posten: Im Bachlettenquartier gibt es deutlich weniger gastronomische Angebote als in anderen Basler Vierteln.

(Bild: Nils Fisch)

Seit einigen Monaten ist das Restaurant Cosmopolit im Bachlettenquartier geschlossen. Der Gründer des Lokals schaut auf dessen bewegte Geschichte zurück. Im Frühling soll an seiner Stelle ein Thai-Bistro eröffnen.

Das «Cosmopolit» an der Leimenstrasse 41 war zwölf Jahre lang ein bunter Tupfer im sonst gastronomisch eher verschlafenen Viertel. Seit Ende 2015 ist es geschlossen. Voraussichtlich Mitte April wird ein asiatisches Restaurant mit dem Namen «Tuk Tuk» die Räumlichkeiten beziehen und die Lücke schliessen – wie der Name vermuten lässt, mit einem gänzlich anderen Konzept als das «Cosmopolit».

Allerdings war auch dort das Angebot über die Jahre hinweg alles andere als einheitlich: «Zu Beginn gab es ein internationales Speiseangebot, dann plötzlich Pizza, und zwischendurch auch einmal nur Getränke», erinnert sich ein Quartierbewohner.

«Cosmopolit» steht noch immer in grasgrünen Lettern auf rotem Untergrund auf der Glasscheibe des Lokals, wenn auch mittlerweile neben verschlossenen Türen. Dass der Name zwölf Jahre lang derselbe geblieben ist, täuscht über die unstete Geschichte des Lokals hinweg. Denn in der Belegschaft gab es einige Wechsel und teils brodelnden Konflikte. 

Der Gastronom Ismail Korkut eröffnete das «Comopolit» im Jahr 2003. Obwohl er schon seit bald zehn Jahren nicht mehr der Wirt des Lokals ist, gibt er am Telefon bereitwillig und lebhaft Auskunft. Es wird deutlich, dass ihn die Geschichte noch immer sehr bewegt. «In den Räumlichkeiten befand sich vorher eine jüdische Metzgerei, die für die Ewigkeit gebaut war», erinnert er sich.

Er habe alles herausgerissen und die Lokalität selbst zum Restaurantbetrieb umgebaut. Allgemein habe er «extrem viel Herzblut» in das Lokal gesteckt. Das Speise- und Getränkeangebot wurde dem Namen des Lokals gerecht und war von unterschiedlichsten Kulturen geprägt, und das zu «bodenständigen Preisen», wie Korkut sagt.

Persönliche Gründe führten zum Ende

Er gab dem Restaurant den Namen Cosmopolit, da er selbst verschiedene Nationen und Identitäten in sich vereint: Geboren ist er in der Volksgruppe der Zaza im kurdischen Teil der Türkei am biblischen Fluss Euphrat. Aufgewachsen ist er in Deutschland und seit 1997 lebt er in Basel, seiner «Wahlheimat». Das Restaurant wurde zum beliebten gemütlichen Treffpunkt im Quartier, wo sich viele zum Mittagessen oder Feierabendbier trafen.

Einzig die zahlreichen jüdischen Bewohner des Quartiers mieden das Restaurant, da dort kein koscheres Essen angeboten wurde. «Ich habe aber viele Freundschaften mit jüdischen Nachbarn geschlossen, auch wenn diese nicht zu unseren Gästen zählten», so Korkut. Warum er das «Cosmopolit» schliesslich doch aus der Hand gab? «Es waren persönliche Gründe», sagt er. «Das Lokal hat funktioniert – bis leider ich nicht mehr funktioniert habe.» 

Er schildert, wie ein Polizist im Jahr 2007 damit begann, ihn wegen der Öffnungszeiten zu drangsalieren: «Ich durfte nur bis um 22 Uhr geöffnet haben, das war nichts Neues. Aber ein Polizeibeamter hatte mich damals zu seiner persönlichen Zielscheibe gemacht, er kam ständig kurz vor Feierabend vorbei und hielt dann einen Vortrag vor den versammelten Gästen, selbst dann, wenn ich schon dabei war, die Stühle hochzustellen.»

Obwohl es kein einziges Mal eine Klage vonseiten der Anwohner gegeben habe, sei es in einem Jahr zu über 80 Polizeikontrollen gekommen. Das führte schliesslich dazu, dass er das Lokal für einen Monat schliessen musste. Er ging vor Gericht, wobei ihm die Stiftung Habitat, die durch einen glücklichen Zufall von der Sache Wind gekriegt hatte, finanziell und beratend zur Seite stand.

Neues Lokal, neues Glück

Ismail Korkut gewann den Fall und konnte den Betrieb wieder aufnehmen. Doch wenig später geriet er in eine tiefe private Krise, er steckte mitten in der Scheidung. Um die Doppelbelastung mit Restaurant und Privatstress bewältigen zu können, holte er als Partner einen langjährigen Freund an Bord, dem er die Vollmacht über den Betrieb erteilte.

Bald darauf wurde Korkut aus seinem eigenen Lokal herausbugsiert. Er gab klein bei: «Die Stiftung Habitat wollte mich abermals unterstützen, um den Betrieb behalten zu können und gegen diesen Betrug vorzugehen, doch dazu hatte ich die Kraft nicht mehr.» Er orientierte sich neu und eröffnete im Jahr 2010 an der Klybeckstrasse das erfolgreiche Restaurant Za Zaa mit libanesischer und syrischer Küche, das sich heute am Petersgraben 15 befindet.

Weniger rosig erging es anscheinend Kurkuts Nachfolger im «Cosmopolit»: Bereits im Jahr 2011 verkaufte er das Lokal wieder, also kaum drei Jahre nach der Übernahme. Seine Nachfolger wiederum schlossen das Lokal Ende 2015, aus «persönlichen Gründen», wie auf der immer noch abrufbaren Website angegeben wird. Die dort genannte Telefonnummer ist nicht mehr in Betrieb.



Das Cosmopolit ist Geschichte, das Tuk Tuk lässt aber noch bis mindestens Mitte April auf sich warten. 

Das Cosmopolit ist Geschichte, das Tuk Tuk lässt aber noch bis mindestens Mitte April auf sich warten.  (Bild: Nils Fisch)

Auf den Fenstern des Lokals kleben jetzt Poster: «Thai Kitchen Tuk Tuk, Coming soon, Mid March», steht darauf. Allerdings ist Informationen der Geschäftsleitung zufolge frühestens Mitte April mit einer Eröffnung zu rechnen. Geplant ist unter dem Namen «Tuk Tuk» ein thailändisches Bistro mit einem veganen, vegetarischen sowie fleischhaltigen Angebot.

Endlich ein Abschluss

Das ehemalige «Cosmopolit» hat also das Ende seiner bewegten Geschichte erreicht und macht etwas ganz Neuem Platz. Ismail Korkut, der das Lokal vor 13 Jahren ins Leben rief, spürt darüber keine Wehmut, im Gegenteil: Die Geschichte, die für ihn mit dem Betrug seines Freunds ungut endete, liess ihn nie ganz los, da das Lokal unter altem Namen weiter bestand: «Da ich so viel Persönliches in das ‹Cosmopolit› steckte, tat der Verlust doppelt und dreifach weh.» Dass dieser Name nun endlich Vergangenheit sei, fühle sich beruhigend an – «es ist endlich ein richtiger Abschluss».

Er wünsche den neuen Geschäftsleitern viel Glück, sagt Korkut. Dem Bachlettenquartier ist es zu wünschen, dass es ihnen gelingt, die Ecke an der Leimenstrasse wieder zu beleben: Dass schnelle thailändische Restaurants die Menschen in Massen anziehen, sieht man in Basel in den unterschiedlichsten Teilen der Stadt. Das dürfte auch hier nicht anders sein.

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