Das grosse Schaukeldrama

Buschis brüllen, Eltern motzen: Im Schützenmattpark wurden sie um zwei Babyschaukeln beraubt.

Ich will in die Schaukel, sofort.

(Bild: Andrea Fopp)

Buschis brüllen, Eltern motzen: Im Schützenmattpark wurden sie um zwei Babyschaukeln beraubt.

Kürzlich war ich mit Mann und Baby Fopp auf dem Spielplatz im Schützenmattpark. Und da haben wir mit anderen Eltern geredet.

Keine Panik, lieber Leser, Sie haben zwar wahrscheinlich Constantin Seibt vom «Tages-Anzeiger» gelesen und denken, Eltern reden auf dem Spielplatz nur über den Regen und die Schlafgewohnheit ihres Sprosses, gähn. 

Die Rosaroten sind meist Mädchen

Doch an diesem Samstagnachmittag hatten die Eltern ein handfestes Thema, ein Thema, das zu Tränen rührt: die Buschischaukel-Bilanz auf der Schützenmatte. Diese hat sich halbiert. Statt vier gibt es nur noch zwei Babyschaukeln. Zwei!

Falls der Leser bis anhin (das kann sich schnell ändern) um Spielplatz-Besuche herumgekommen ist und nicht weiss, was eine Babyschaukel ist: Sie sehen etwa so aus (die Kinder variieren, die Rosaroten sind meist Mädchen, die Blauen Knaben, dieses hier ist das weibliche Produkt gendermaingestreamter Eltern):

 

Sobald ich aus der Schaukel muss, brülle ich wieder.

Sobald ich aus der Schaukel muss, brülle ich wieder. (Bild: Andrea Fopp)

Kinderchen lieben diese Schaukeln. Eltern auch, denn wenn das Kindlein erst mal drin ist, gibt es Ruhe und Mama und Papa können ungestört die TagesWoche auf dem Handy lesen. 

Doch damit ist jetzt vorbei. Denn jetzt hat es mehr Babys als Schaukeln. Resultat: Die Kinder müssen warten, bis sie an der Reihe sind. SIE MÜSSEN WARTEN. 

Was dann passiert? Sehen Sie selbst. Die TagesWoche hat – so investigativ sind wir dann – den Test gemacht und ein beliebiges (aber aussergewöhnlich tolles) Probandenkind auf den Schützenmattspielplatz gebracht. Die Babyschaukel war natürlich besetzt, das war die gesittete Reaktion:



Ich will in die Schaukel, sofort.

Ich will in die Schaukel, sofort. (Bild: Andrea Fopp)

Das ist wohl kaum das, was man sich vorgestellt hat, als man sich daran machte, ein Kind zu machen.

Dafür kriegte Grosspapi neues Spielgerät

Zu diesem Drama kam es, weil die Stadtgärtnerei im Jahr 2014 den Spielplatz umgestaltet hat, wie Susanne Winkler, Projektleiterin Grünplanung, bestätigt. Altes und morsches Spielgerät wurde abgebaut, neue Geräte aufgebaut.

Da passierte es: Die Stadtgärtnerei baute vier Babyschaukeln ab, aber nur zwei wieder auf. «Dafür gibt es jetzt zusätzlich eine neue Tauschaukel, eine Partnerschaukel und eine Nestschaukel», sagt Winkler. Das ist eine Schaukel, die aussieht wie ein Nest und in der mehrere Kinder, auch Babys, Platz haben.

Dazu kommen, wie vor dem Umbau, vier normale Schaukeln und eine weitere Nestschaukel beim Park-WC sowie eine Hängematte. «Insgesamt hat es also mehr Schaukeln als vorher», sagt Winkler.

Pikant ist aber: Die Stadtgärtnerei hat damals auf dem Schützenmattpark neue, seniorentaugliche Spielgeräte installiert. Das mag seine Berechtigung haben (Grosspapi spielen, Grosspapi gesund), aber müssen dafür die Buschis bluten?

Geduld bringt Frustrationstoleranz

Klar, einige werden jetzt einwenden, die älteren Herrschaften hätten sich das Spielzeug hart verdient. Die Grossmamis, die heute auf dem Spielplatz juchzend über die Holztritte balancieren, mussten früher bestimmt im Betrieb der Eltern schuften, statt spielen zu dürfen.

Auch kann man argumentieren, ein bisschen Warten könne den Kindern nicht schaden: Geduld bringt bekanntlich Rosen oder zumindest Frustrationstoleranz (das ist Pädagogendeutsch und heisst, dass man nicht gleich zu toben beginnt, wenn etwas nicht so läuft, wie man es will).

 Aber heute leben wir schliesslich in einer Überflussgesellschaft, wo sogar Hündchen in Basel einen Spielplatz kriegen.

via GIPHY

Das Buschi dem Buschi ein Wolf

Zugegeben, vielleicht ist der Unterschied zwischen Kindchen und Hündchen wirklich nicht so gross. Schliesslich bringt gerade die Ressourcenknappheit auf dem Spielplatz das Raubtier im Buschi hervor (man erinnere sich an das Probandenkind-Foto oben).

Das kann nicht schaden in einer Welt, in der der Mensch dem Menschen ein Wolf ist. Wer kämpfen kann, ist fitter für den freien Markt, bestes Beispiel: das Shoppen. In Amerika prügeln sich die Leute im Ausverkauf schon um verbilligte Spielkonsolen:

Wenn unsere Kinder Glück haben, ist es bei uns auch bald so weit. Ein erster Schritt ist in Basel getan: Die Manor hat letztes Jahr einen Ausverkauf nach amerikanischem Vorbild lanciert. Die Kiddies werden noch froh sein, mussten sie sich früher um Schaukeln streiten.

Nächster Artikel