Das Basler Volkshaus verzichtet künftig auf intern organisierte Veranstaltungen und setzt in der Literatur wie auch Musik voll auf externe Partner. Im nächsten Jahr soll das Kleinbasler Areal um einen Club und ein Hotel erweitert werden.
Die Zahlen für sich sind beeindruckend: 200’000 Gäste seien im vergangenen Jahr im Basler Volkshaus bedient worden, das mache im Schnitt 700 Gäste pro Tag – Tendenz steigend – rechnet Geschäftsführer Martin Reinshagen vor. 700 Gäste pro Tag? Wow! Das Volkshaus Basel weiss seit seiner Neueröffnung vor zwei Jahren offenbar viele Menschen anzulocken – sei es zum Mittagessen, After-Work-Bier oder zur Abendveranstaltung.
Die Zahl täuscht allerdings nicht darüber hinweg, dass nicht ganz alle Versprechen eingelöst wurden. Von Beginn war von einer Architekturbibliothek, einem Kunst- sowie einem Discoclub die Rede, Projekte, deren Umsetzung noch nicht erfolgt ist. Warum? Weil nach den aufwändigen Renovationsarbeiten der Gastrobereiche und der Konzertsäle ein Finetuning im Betriebskonzept Vorrang hatte.
Eigenveranstaltungen wurden zurückgeschraubt
Denn trotz der Erfolge lief sowohl in der Brasserie als auch bei den Eigenveranstaltungen nicht immer alles wie geschmiert. Weshalb die Besitzer, die beiden Zürcher Jungunternehmer Leopold Weinberg und Adrian Hagenbach, die Handbremse zogen und die risikobehafteten Eigenveranstaltungen zurückschraubten. Unter dem Geschäftsführer Martin Reinshagen wurden die lukrativeren Bankette forciert.
Diese Stossrichtung wurde so nie kommuniziert, aber für interessierte Beobachter manifest. Spätestens, als sich Lukas Wyniger in diesem Jahr als Kulturverantwortlicher verabschiedete, um in Zürich eine neue berufliche Herausforderung anzunehmen, war klar, dass nicht alles nach Plan lief. Eine Entwicklung, die viele Basler Medien – auch uns – zu Kommentaren und Einschätzungen bewogen hat.
Bei ihrer Zwischenbilanz nach zwei Jahren mögen die Käufer zwar keine Zahlen nennen, auch nicht von einem schlechten Geschäftsgang sprechen. Aber von Risiken, die sie minimieren wollen. Namentlich im Bereich der Kulturveranstaltungen, wo sie nach eigenen Aussagen Lehrgeld in Höhe eines sechsstelligen Betrags investiert hätten.
Aus den Erfahrungen der ersten beiden Betriebsjahre ziehen sie nun Konsequenzen. Der Nachfolger von Lukas Wyniger, Lawrence Pawelzik, soll weniger eigene öffentliche Veranstaltungen buchen und umsetzen als vielmehr die Events koordinieren – mit den langjährigen lokalen Partnern wie (gerade aktuell) dem Blues Festival Basel oder dem Glaibasler Charivari. Und mit neuen Partnern, die man gerne ans Haus bindet, da sie das Risiko selber tragen – wie etwa die BuchBasel, deren Leiterin Katrin Eckert punktuell auch auch ausserhalb des Literaturfestivals grössere Lesungen im Volkshaus durchführen möchte.
Was die Konzerte angeht, so lagert das Volkshaus das Booking, das Lukas Wyniger – unterstützt von Heinz Darr – unter sich hatte, neuerdings ganz aus. «Wir legen den Fokus auf Partnerschaften», betont Adrian Hagenbach. Mit der Zürcher Agentur Gadget wurde ein Exklusivvertrag abgeschlossen. Gadget managt und vermittelt nicht nur Schweizer Künstler wie Stress, Lovebugs oder Baschi – in den vergangenen Jahren brachte die Agentur auch internationale Musiker nach Zürich, sei es in den Club Härterei oder in die Maag Halle. Stefan Wyss von Gadget sagt, dass man den internationalen Agenten künftig auch Basel als Standort schmackhaft machen wolle. Für ihn ist klar, dass es ein bisschen Ausdauer braucht, bis sich ein Ort wie das Volkshaus in den Köpfen des Konzertpublikums verankern kann.
Agentur Gadget steigt für Konzerte ein
Wann im Volkshaus die Popmusik wieder vermehrt spielen wird, ist noch nicht ganz sicher. Doch hoffen Besitzer und Agentur, die sich Risiko und Ertrag teilen werden, dass die neue Partnerschaft bereits im Herbst 2014 erste Früchte tragen wird. Ab 2015 soll dann jährlich ein Dutzend Konzerte im grossen Festsaal (Kapazität: 1200 Personen) über die Bühne gehen.
Der kleinere Unionsaal im ersten Stock hingegen wird künftig nicht mehr als Konzertlokal dienen. Nicht nur, weil kleinere Konzerte – etwa jene von lokalen Bands – enttäuschend schlecht besucht worden waren. Sondern auch, weil Lärmemissionen zu Diskussionen mit Nachbarn geführt hatten.
Wie hervorragend die Akustik des Festsaals ist, haben wir schon oft erwähnt. Das Kammerorchester Basel will sich diese zunutze machen und künftig vor seinen Tourneen im Volkshaus proben. Am Ende sollen vier Mal jährlich Konzerte unter dem Label «Kost-Proben» resultieren. Dabei wird das Kammerorchester zivil aufspielen und, erstmals am 19. September, zum Lunch eine Ladung Beethooven servieren.
Eröffnung des Clubs verzögert sich
Die Akustik, sie ist noch ein Knackpunkt im Club, dem Kellerlokal, das früher als «Culturium» bekannt war und heuer während BScene die Tore öffnete – allerdings enttäuschend schlecht besucht wurde. Hier orten auch die Betreiber noch eine Baustelle in mehrfacher Hinsicht: Bauliche Massnahmen müssen geprüft und mit potentiellen Betreibern abgestimmt werden. «Auch hier lohnt es sich, eine Partnerschaft mit Profis einzugehen», sagt Leopold Weinberg, weshalb sich die Eröffnung verzögere. Wann die Disco in Betrieb genommen wird, steht daher noch offen.
Boutique-Hotel mit 40 Zimmern geplant
Weiter gediehen sind hingegen die Pläne für ein Boutique-Hotel, das im 3. und 4. Stock realisiert werden soll – in Räumen, die bislang von der Stadtverwaltung genutzt wurden. Ein urbanes Hotel mit 40 Zimmern soll entstehen. Die Baueingabe erfolgt im Sommer 2014, der Umbau soll im Spätherbst 2015 abgeschlossen sein.
Wie und wann die Architektur- und Kunstbibliothek tatsächlich im Volkshaus einziehen wird, scheint hingegen völlig offen. Wie die Kunst – die gerade für Weinberg eine Herzensangelegenheit ist – stärker Ausdruck finden soll im Volkshaus, ist noch nicht konkret greifbar, auch wenn die Ideen nur so aus ihm heraussprudeln. Die Umsetzung beschränkt sich derzeit auf eine Aktionswoche während der Art Basel. Dann wird der britische Künstler Bob and Roberta Smith, dem man kürzlich in der Basler von Bartha Garage begegnen konnte, das Volkshaus mit einem Programm voller Kunstaktionen und Begegnungen beleben.
Inwiefern das Volkshaus sein Profil schärfen und – wie einst versprochen – als «kultureller Leuchtturm» wahrgenommen werden kann, wird sich also in Zukunft weisen.