Der FCB umwirbt die Kundschaft im Hochpreis-Segment

Mit dem umgebauten Hospitality-Bereich im St.-Jakob-Park verspricht sich der FC Basel eine markante Einnahmesteigerung, auch abseits der Spieltage. Vor allem aber hat er versucht, Zustände wie am Badestrand von Rimini zu beseitigen.

Frank Wassermann, der neue Caterer, fotografiert in der Baloise Lounge in den neuen Hospitality-Raeumlichkeiten im Stadion St. Jakob-Park in Basel, am Samstag, 14. Februar 2015. (KEYSTONE/Georgios Kefalas) (Bild: Keystone/GEORGIOS KEFALAS)

Mit dem umgebauten Hospitality-Bereich im St.-Jakob-Park verspricht sich der FC Basel eine markante Einnahmesteigerung, auch abseits der Spieltage. Vor allem aber hat er versucht, Zustände wie am Badestrand von Rimini zu beseitigen.

Zur Begrüssung in der neuen Hospitality-Welt des FC Basel gab es Fines de Claire, geschmorte Kalbsschulter und vieles mehr. Sechs Wochen lang wurde in der Winterpause im ersten und zweiten Stock des St.-Jakob-Parks umgebaut. Projektleiter Jonas Blechschmidt hat ein paar anstrengende Tage hinter sich, und Martin Blaser, als Marktingdirektor des FCB eine Triebfeder der Modernisierung im sogenannten Hospitality-Bereich, ist einigermassen begeistert: «Es ist sehr eindrücklich, wie die Handwerksbetriebe gearbeitet haben.»

1445 Hospitality-Plätze hat es im Joggeli, verteilt auf die grosse Baloise-Lounge und diverse kleinere Einheiten. Diese Zahl ist im Verhältnis zur Gesamtkapazität des Stadions mit seinen 38’500 Plätzen relativ gering. Erst recht im Vergleich mit anderen Stadien, auch in der Schweiz.



Die neue Event Box in den neuen Hospitality-Raeumlichkeiten im Stadion St. Jakob-Park in Basel, am Samstag, 14. Februar 2015. (KEYSTONE/Georgios Kefalas)

Die «Event Box», eine der neu gestalteten Einrichtungen im Hospitality-Bereich des St.-Jakob-Park. (Bild: Keystone/GEORGIOS KEFALAS)

Im Einnahmesektor hat dieser Bereich eine grosse Bedeutung für den Club. 5,6 Millionen Franken Bruttoumsatz wurden 2013 im Geschäftsbericht ausgewiesen. Doch die Bestandsaufnahme, die Martin Blaser bei seinem Arbeitsantritt beim FCB im Juni 2013 vornahm, fiel ernüchternd aus. Längst wurde das Potenzial nicht mehr ausgeschöpft, entgegen landläufiger Auffassung war der FCB in diesem Bereich nicht ausverkauft, ein Wildwuchs an Preisen und Leistungen war entstanden und die Zustände waren abenteuerlich.

Der Rimini-Effekt auf den teuren Plätzen

Martin Blaser – wird als neuer Direktor fuer Marketing, Verkauf und Business Development des Fussballclubs FC Basel 1893 vorgestellt, an einer Pressekonferenz im Stadion St. Jakob-Park in Basel am Dienstag, 2. April 2013. (KEYSTONE/Georgios Kefalas)

Martin Blaser – Direktor für Marketing, Verkauf und Business Development beim FC Basel. (Bild: Keystone/GEORGIOS KEFALAS)

So würde das Martin Blaser öffentlich nicht sagen, er nennt es «schwer nachvollziehbar», was sich an Ungleichheiten und Ungereimtheiten angesammelt hatte, und vermehrt stellte der Club Unzufriedenheiten bei seinen Kunden im zweiten Stockwerk fest. Bei den Heimspielen hatte sich ein «Rimini-Effekt» (Blaser) breit gemacht: Sitzplätze wurden in bester Handtuch-am-Pool-Manier besetzt, vermeintliche Gewohnheitsrechte bissig verteidigt und zur Rush-Hour, also vor allem zur Türöffnung und zur Halbzeit, herrschte Gedrängel.

Unter Strich empfanden die Club-Verantwortlichen es unwürdig, wie es im eigentlich vornehmeren Teil des Stadions zu- und herging. Und alarmierend war der Umsatzrückgang. 2012/13 lag dieser bei den nationalen Spielen bei 20 Prozent. Deshalb beschloss der FCB, der inzwischen die komplette Vermarktung des Stadions unter seiner Fuchtel hat, alles auf neue Beine zu stellen. Inklusive der Preise.



Jonas Blechschmidt, Leiter Stadion und Gastronomie, fotografiert in der Baloise Lounge in den neuen Hospitality-Raeumlichkeiten im Stadion St. Jakob-Park in Basel, am Samstag, 14. Februar 2015. (KEYSTONE/Georgios Kefalas)

Unter dem neuen Sternenhimmel: Jonas Blechschmidt, Leiter Stadion und Gastronomie beim FCB, in der umgebauten Baloise Lounge. (Bild: Keystone/GEORGIOS KEFALAS)

Der grösste Bereich, die Baloise-Lounge mit rund 860 Plätzen, wurde in neue Zonen unterteilt, und die nun fest vergebenen Plätze erhielten neue Preisschilder. Wer im Zentrum der Lounge hinter der grossen Glasfassade mit Blick aufs Spielfeld isst und trinkt, hat auch seinen Tribünen-Sitzplatz auf der Höhe der Mittellinie. Das macht 9900 Franken ohne Mehrwertsteuer für 18 nationale Meisterschaftsspiele, sprich 550 Franken pro Kopf und Spiel.

Die neuen Preisschilder

In vier weiteren Kategorien geht der Preis in 1000-Franken-Schritten bis auf 5900 Franken runter – dafür sitzt man weniger zentral, erhält jedoch das gleiche Angebot an Speisen und Getränken. Bisher kostete ein Platz in der Lounge 7500 Franken (inklusive Mehrwertsteuer).

Hinzu kommen zwei neue Bereiche im ersten Stock: die «Captains Lounge» mit ihren 200 Plätzen (zu 2900 Franken) und die exklusive «Cooking Lounge» (114 Plätze, 4900 Franken), für die das ehemalige (und defizitäre) Restaurant Uno samt (verärgerter) Stammkundschaft weichen musste und nun den Namen eines Sponsors trägt. Ausserdem vermarktet der FCB im dritten Stock das bisherige Angebot: fünf Logen und einen Pub, die ausgebucht sind, sowie die «J. Safra Sarasin Sky Lounge», wo einer der 60 Plätze 10’900 Franken kostet.

Frank Wassermann und der Erfahrungsschatz

Geboten bekommen die exklusiven Jahreskarten-Inhaber beim FC Basel in der grossen Lounge nun Parkett- statt Teppichboden, damit einhergehend eine veränderte Akustik, ein neues Interieur und ein neues Lichtkonzept. Entfernte Abdeckungen vor den Fenstern zur St. Jakobsstrasse hin lassen Helligkeit einfliessen, und zur modernen Eventtechnik gehören unter anderem hochauflösende Fernsehschirme.

Mit matchentscheidend ist, was auf den Teller und ins Glas kommt. Von Buffet-Inseln aus wird das Essen gereicht oder frisch zubereitet, und die rund 120 Mitarbeiter, die am Spieltag vor und nach dem Anpfiff sowie in der Halbzeitpause im Einsatz stehen, haben eine Schulung hinter sich. Das alles kommt frisch und einladend daher und entspricht moderner Gastronomie. Was sich nicht verändert hat: Seit 2001 ist Eric Kessler der Chefkoch.




Was man beim FC Basel geboten bekommt: Der Menu-Zettel in der Baloise-Lounge beim Heimspiel gegen Sion.

Was sich verändert hat: Die Verantwortung im Catering. Frank Wassermann kam von der Allianz-Arena in München mit einem Rucksack von 20 Jahren Erfahrung im Gastronomiebereich bei Grossveranstaltungen nach Basel. Oder wie es der versierte Verkäufer Blaser hochachtungsvoll sagt: «Der Mann ist eine Rakete.»

Im Zuge der Übernahme der Vermarktung des Stadions wurde der FCB zunächst zum Mehrheitseigner am langjährigen Stadion-Caterer Berchtold AG. Im Juli 2014 hat Wassermann im Zuge der Nachfolgeregelung von Hans Berchtold den Betrieb übernommen und führt nun die Wassermann & Company AG. Der Club hält noch «eine wesentliche Beteiligung an den Catering-Aktien», wie bei der Neuausrichtung mitgeteilt wurde.

Blaser bezeichnet Wassermann als «idealen Sparringspartner» beim Umbau. Und die Reaktionen beim ersten Ernstfall am vergangenen Samstag und dem Heimspiel gegen Sion fielen überwiegend positiv aus. Von Kleinigkeiten wie der Tischdekoration, Stau vor den sanitären Einrichtungen bei der Captains Lounge und anderen Verbesserungsmöglichkeiten abgesehen.

FCB verspricht sich bis 2,5 Millionen Mehreinnahmen

Die aufwendigen Umbauarbeiten haben den FCB einen, wie Blaser sagt, siebenstelligen Betrag gekostet. Inklusive der Rotblau-Bar (ehemals «Hattrick») dürften es um die drei Millionen Franken sein, die da verbaut wurden. Im ersten Schritt rechnet Blaser damit, dass der FCB seinen jährlichen Umsatz in diesem Bereich um 1 Million Franken steigern kann; 2,5 Millionen sollen es sein, wenn es der Club schafft, alle Plätze zu verkaufen.

Ursprünglich hatte Blaser mit einem Verhältnis von 80:20 gerechnet – sprich zwanzig Prozent der bisherigen Kunden, die angesichts neuer Platzzuweisung und Preise abspringen würden. Lediglich vier Prozent sind es nun im ersten Durchgang geworden.
«Entscheidend wird aber sein, wenn die Verlängerung der Hospitality-Jahreskarten im Spätsommer ansteht», sagt Blaser.

Dann wird sich weisen, ob die «Kunden», wie er sie nennt, mit dem neuen Konzept tatsächlich zufrieden sind. Diese Kundschaft im Hospitality-Bereich – auch darin unterscheidet sich Basel von anderen Standorten – setzt sich aus einem hohen Anteil an eigentlichen Fans zusammen und weniger aus Firmen und deren Gästen.

Austern-Buffet, Mitarbeiter-Einweisung, Captains Lounge und Blick ins Stadion – die Hospitality-Welt des FC Basel.

Austern-Buffet, Mitarbeiter-Einweisung, Captains Lounge und Blick ins Stadion – die Hospitality-Welt des FC Basel. (Bild: Keystone/GEORGIOS KEFALAS)

Ausverkauft ist der FCB in diesem Bereich auch nach dem Umbau nicht. Aber er arbeitet daran. Bei den teuren Plätzen sind nur noch wenige verfügbar; insgesamt sind es zirka 130 Plätze, die noch an Frau und Mann gebracht sein wollen. Dafür hat der FCB die Werbetrommel gerührt, unter anderem bei zwei Informationsveranstaltungen mit den Gewerbeverbänden der Stadt und aus dem Umland, und eine zusätzliche Kraft in der Marketingabteilung eingestellt: Stephan Wullschläger, ein ehemaliger Schweizer Junioren-Mehrkampfmeister.

Bei der Übung geht es nicht nur um die Bewirtung von FCB-Fans bei den Heimspielen, sondern auch um die Auslastung an Nicht-Spieltagen. Zwischen 600 und 700 Veranstaltungen gehen im St.-Jakob-Park jährlich über die Bühne, und die Tendenz war zuletzt abnehmend. Der Konkurrenz vor allem von Hotels mit ihren Tagungseinrichtungen stellt sich der FC Basel mit dem St.-Jakob-Park nun mit rundumerneuertem Angebot. Unter anderem auch mit der nach dem Sponsor benannten «VZug-Lounge», wo in der Showküche der Kochlöffel geschwungen wird.

» Bilder vom ersten Tag in der neuen Hospitality-Welt des FC Basel auf der Club-Website

Der FC Basel holt auf

Sportlich wie wirtschaftlich wird der FC Basel stets als Nummer 1 im Schweizer Fussball beschrieben. Auf dem Gebiet der VIP-Gäste hatte er Nachholbedarf. Obwohl in Basel das Stadion mit dem grössten Fassungsvermögen in der Schweiz steht (38’500), hat es nicht die meisten VIP-Plätze (1445). Das Stade de Suisse in Bern weist nach Aufstellung der «Sonntagszeitung» (online nicht verfügbar, der Bericht dazu schon) 1600 Plätze aus, zu Preisen bis 550 Franken pro Kopf und Spiel, was dem teuersten Platz in der grossen Lounge des St.-Jakob-Park entspricht.

Luzern verfügt im neuen Stadion über rund 1000 Plätze (Saisonpreis 4500 bis 15’000 Franken), während der FC St. Gallen nur knapp 600 VIP-Plätze vermarkten kann. Der FC Zürich gibt 644 VIP-Plätze an (4500 bis 6000 Franken pro Saison), die Grasshoppers 250 (4500 bis 11’250 Franken), der FC Sion 800 (3000 bis 8000 Franken) und am unteren Ende stehen der FC Vaduz (222 Plätze, 1200 bis 2500 Franken) sowie der FC Aarau, der im altehrwürdigen Brügglifeld nicht viele Möglichkeiten hat und etwas über 200 Kunden zum Preis von 120 bis 150 Franken pro Match bewirtet.

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