Der Gigant schäumt über

Im Streit mit den Basler Wirten schlägt Coca-Cola jetzt zurück – mit einer wissenschaftlichen Studie. Doch diese hält einer Überprüfung nicht Stand.

Behinderung des Wettbewerbs: Basler Beizer zeigen Cola an. (Bild: Nils Fisch)

Im Streit mit den Basler Wirten schlägt Coca-Cola jetzt zurück – mit einer wissenschaftlichen Studie. Doch diese hält einer Überprüfung nicht Stand.

Coca-Cola HBC Schweiz muss sich mächtig ärgern über die Basler Beizer. Ausgerechnet die sonst so treuen Gewerbekunden kaufen ihre Cola-Fläschchen seit über einem Jahr in Deutschland ein. Und was noch viel schlimmer ist: Sie bekennen sich öffentlich dazu und prangern den Getränkekonzern an.

Cola schröpfe Schweizer Kunden. Basler Wirte bezahlten knapp doppelt so viel für dasselbe Cola-Fläschchen wie ihre badischen Kollegen, erklärt Maurus Ebneter, Sprecher des Wirteverbands Basel-Stadt. «Je nach Wechselkurs würden wir einen Schweizer Aufschlag von bis zu 30 Prozent noch akzeptieren, aber bis zu 100 Prozent sind zu viel.»

«Basler Wirte machen einen Denkfehler»

Doch diesen Vorwurf will der Schweizer Ableger des Getränke­riesen nicht länger auf sich sitzen lassen. «Die Basler Wirte machen einen Denkfehler», wenn diese das Süss­getränk aus Deutschland importieren, kritisierte Cola-Chef Tomas Gawlowski in der «Schweiz am Sonntag». Der Preisvergleich der Basler Wirte sei unzulässig, denn Cola biete den Schweizer Restaurants vom Gratiskühler bis zur garantierten Liefersicherheit viele zusätzliche Leistungen. Zudem pro­duziere Cola lokal. «Weil fast alle Rohstoffe und Arbeitskräfte aus der Schweiz stammen, profitieren wir auch nicht vom Euro-Tief», sagt der Topmanager.

Um zu unterstreichen, wie bedeutend die heimische Produktion ist, schaltet der Getränkehersteller grosse Inserate. Die Botschaft: «In Coca-Cola steckt mehr Schweiz, als man denkt.» Dabei stützt sich Coca-Cola auf eine «wissenschaftliche Studie», deren ­Resultate einige ­Medien wie etwa das Onlinemedium «20min.ch» dankbar weiterverbreiten.

Studie bleibt unter Verschluss

Die Studie selbst hält der Getränkehersteller aber unter Verschluss. Einblick gibt er lediglich in eine Zusammenfassung. Dafür sind die darin aufgeführten Zahlen umso beeindruckender: Der Schweizer Ableger von Coca-Cola erzielt selbst gerade einmal eine Wertschöpfung von 126 Millionen Franken. Indirekt aber trage man ­1,2 Milliarden Franken zur hiesigen Wertschöpfung bei und sorge für 16 500 Arbeitsplätze. Zum Vergleich: Coca-Cola Schweiz selbst beschäftigt nur rund 1000 Angestellte.

Erstaunt über die Höhe der Wertschöpfung ist der Ökonom Heinz Rütter. Mit seinem Forschungsunternehmen Rütter + Partner fertigt er selbst solche Studien an. «Als Faustregel gilt, dass die indirekte Wertschöpfung maximal etwa doppelt so hoch ist wie die vom Unternehmen direkt erwirtschaftete.» Seine Aussage bestätigen zwei weitere spezialisierte Büros, die nicht genannt sein wollen.
Die Autoren der Coca-Cola-Studie kommen nur deshalb zu den riesigen Zahlen, weil sie jeden Franken zählen, der irgendwie mit Coca-Cola-Produkten in der Schweiz verdient wird: von den Lieferanten über die Produktion, die Logistik, den Vertrieb bis hin zum Detailhandel und der Gastrobranche.

Doch damit vermittelt der Getränkeriese ein falsches Bild: Es ist nicht die Schweizer Produktion, die zu einer indirekten Wertschöpfung von 1,2 Milliarden führt. Würde der Konzern sein Süss­wasser komplett im Ausland produzieren lassen, die Distribution aber hier behalten, würde die Schweizer Wirtschaft nur einen Bruchteil der 1,2 Milliarden Wertschöpfung verlieren. Nämlich 84 Millionen, wie der Getränkehersteller einräumen muss.

Basler Beizer zeigen Coca-Cola an

Die Basler Beizer, welche die Studie als Teil einer «PR-Kampagne» kritisieren, legen jetzt nach und reichen bei der Wettbewerbskommission zwei Anzeigen ein. Der österreichische und französische Ableger des Getränkekonzerns weigere sich, Schweizer Wirte zu beliefern, obwohl diese die Ware gar abholen würden. Damit behindere der Konzern den Wettbewerb.

Coca-Cola Schweiz hat längst selbst erkannt, dass sich im Ausland günstiger einkaufen lässt. Ihre Wertschöpfungsstudie bestellte sie statt bei einer Schweizer Beratungsfirma bei einer holländischen. Und diese lieferte gleich Studien im Multipack für über ein halbes Dutzend Länder.

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 19.04.13

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