Die Kleinbasler «Sonne» ist untergegangen

An der Rheingasse 25 bleibt kein Bierdeckel auf dem anderen: Die Ära des Dancings Sonne ist vorbei, die Umbauarbeiten für einen brasilianisch-schweizerischen Gastrobetrieb in vollem Gang. Am 5. September will Neo-Wirtin Jaqueline Marinho Eröffnung feiern.

Traditionsreich: 1822 erhielt das Haus an der Rheingasse 25 das Tavernenrecht «zur Sonne».

(Bild: © Staatsarchiv Basel-Stadt / AL 45, 8-44-1)

An der Rheingasse 25 bleibt kein Bierdeckel auf dem anderen: Die Ära des Dancing Sonne ist vorbei, die Umbauarbeiten für einen brasilianisch-schweizerischen Gastrobetrieb in vollem Gang. Am 5. September will Neo-Wirtin Jaqueline Marinho Eröffnung feiern.

Na, so was: Wer nachts an der «Sonne» vorbeigeht, erwacht am Tag darauf nicht mit einem Brummschädel. Das Kleinbasler Kultlokal ist geschlossen, die Sonne ist untergangen und mit ihr das letzte Dancing (man korrigiere mich) der Stadt Basel. Still und heimlich hat Besitzer Aziz Yelögrü die Beiz geschlossen, jetzt sind Maler daran, der dunklen Höhle einen frischen Anstrich zu verleihen.

Wochenthema
«Uff dr Rhygass»: Seit drei Monaten hat die Rheingasse Boulevard-Charakter. Wie zeigt sich der Umbruch und was bewirkt er? Dieser Frage gehen wir in unserem Wochenthema nach.

Neuer Look, neue Küche, neue Pächterin: Jaqueline Marinho (Jahrgang 1983) übernimmt das Kultlokal. Kult, weil man hier zur fortgeschrittenen Stunde in eine andere Zeit eintauchen konnte: Auf einer kleinen Bühne gaben die Granadas oder das Duo Benefit in Hall getauchte Schlagernummern von sich, während man einen Becher stürzte. Selten den ersten des Abends, meistens nicht den letzten, irgendwann schunkelte man mit, torkelte heim.

Die «Sonne» war für das obere Kleinbasel das, was die Friends Bar weiter unten, an der Feldbergstrasse ist: Auffangbecken der gestrandeten Nachteulen. Landete man hier, wünschte man sich am nächsten Morgen meist, man wäre ihr entkommen, der gnadenlosen, aber im Grunde ja friedlichen Sonne.

Die Zeiten abgetakelter Dancings waren schon lange vorbei, als vor zwei Jahren erstmals das Gerücht die Runde machte, die Ära nehme auch in der «Sonne» ein Ende. Die «Cafébar Salon» war als neue Pächterin im Gespräch. «Hilfe, ein veganes Restaurant!», heulten Stammgäste auf. Die Pläne zerschlugen sich.

Landete man in der «Sonne», wünschte man sich am nächsten Morgen meist, man wäre ihr rechtzeitig entkommen.

Jetzt aber hat die Hotel Sonne AG, die von Aziz Yelögrü betrieben wird, zur eigenen Entlastung eine neue Pächterin gefunden. Jaqueline Marinho ist schweizerisch-brasilianische Doppelbürgerin und die «Sonne» ihre Baustelle. Den Traum vom eigenen Restaurant, erzählt sie, habe sie schon seit mehreren Jahren mit sich rumgetragen.

«Ich möchte, dass sich hier künftig ganze Familien wohl fühlen werden»: Jaqueline Marinho hat Grosses vor mit der legendären Sonne.

«Ich möchte, dass sich hier künftig ganze Familien wohl fühlen werden»: Jaqueline Marinho hat Grosses vor mit der legendären Sonne. (Bild: Basile Bornand)

Ursprünglich ausgebildete Gärtnerin, hat sie das Wirtepatent gemacht, und, wenn man ihr so zuhört, sich auch viele Gedanken dazu, welche gastronomische Nische in Basel eine Chance haben könnte. Ihr Konzept: Take-away, Restaurant und Bar, transatlantisch ausgerichtet. «Unsere Küche wird brasilianische Speisen enthalten, etwa Coxinha de Galinha (frittierte Kartoffelteigbällchen mit Poulet gefüllt), Tapioca (gefüllte Maniok-Fladen) oder Arroz com camarao ao laite de coco (Reis mit Garnelen an einer Kokosmilchsauce).» Einige Schweizer Spezialitäten ergänzen das Angebot und sollen die beiden Welten, die sie verkörpert – sie spricht fliessend Baseldeutsch – zusammenführen. 

Ein sportlicher Zeitplan für den Umbau

Das Konzept, das schon lange in ihrem Kopf gärte, will sie nun mit dem Koch René Walter in der Rheingasse umsetzen. «Ich habe auch andere Beizen angeschaut, aber mich am Ende für die entschieden, weil ich hier wirklich einen Neuanfang machen kann», sagt Marinho. Alte Stammgäste will sie nicht ausschliessen, aber Tanzmusik und endlose Nächte. Das alte Intérieur wird ersetzt, die beiden Räume durch Pflanzen neu aufgeteilt. 

Ein Take-away-Bereich soll den schnellen Hunger von Sonnenhungrigen und Berufstätigen stillen. Wo einst die Musik spielte, plant sie eine Kinderecke. Und die Bar soll aufgefrischt werden, etwa mit Surfbrettern, die als Bänke dienen. «Ich möchte, dass sich hier künftig ganze Familien wohlfühlen werden» sagt sie. Heller, freundlicher, sonniger soll es also werden im Haus, für das 1822 das Tavernenrecht erteilt wurde.

Der Umbauplan ist sportlich: Am 5. September will Jaqueline Marinho bereits grosse Neueröffnung feiern. 

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