Ein rechter Schütze hilft sich selbst

Beim Daumendrücken für den FC Basel vor dem Cupfinal werden auch Erinnerungen an Seppe Hügi wach.

Wie die Fans ihn liebten: «Goldfüsschen» Josef (Seppe) Hügi im FCB-Dress, voll konzentriert, von Kampfspuren gezeichnet, in klassischer Schussposition und – Augenblicke später – als jubelnden Goalgetter. Die «Stilstudie» entstand am 15. Oktober 1960 im Jo (Bild: Kurt Wyss)

Beim Daumendrücken für den FC Basel vor dem Cupfinal werden auch Erinnerungen an Seppe Hügi wach.

Wie die Fans ihn liebten: «Goldfüsschen» Josef (Seppe) Hügi im FCB-Dress, voll konzentriert, von Kampfspuren gezeichnet, in klassischer Schussposition und – Augenblicke später – als jubelnden Goalgetter. Die «Stilstudie» entstand am 15. Oktober 1960 im Jo

Wie die Fans ihn liebten: «Goldfüsschen» Josef (Seppe) Hügi im FCB-Dress, voll konzentriert, von Kampfspuren gezeichnet, in klassischer Schussposition und – Augenblicke später – als jubelnden Goalgetter. (Bild: Kurt Wyss)

Friedrich Schiller, der uns mit dem «Tell» einen Nationalhelden der Extraklasse bescherte und dabei so manches markige Zitat erfand (siehe Titel), hatte zeitlebens ein Faible für Leute, die sowohl im wahrsten wie auch im übertragenen Sinn des Wortes «gut im Schuss» waren. So hätte er seine Freude bestimmt auch an den Meisterschützen der Neuzeit gehabt, an Lionel Messi zum Beispiel oder an Mario Gomez. Vielleicht sogar an einem gewissen Alexander Frei aus jenem unbotmässigen Nachbarland, in dem ein stolzer Wilhelm schlicht Willi und auch ein grosser Alexander einfach nur Alex genannt wird.

Selbst ein 1995 in Basel zu früh verstorbener Herr Hügi hätte «Fritz» Schiller wohl volle Hochachtung abgenötigt, wäre ihm bewusst gewesen, dass hinter diesem Herrn, der auf den Namen Josef getauft war, der legendäre «Seppe» steckte. Einer von denen, die darauf spe­zialisiert waren, das Runde (Leder) ins Eckige (Tor) zu schlenzen, um sich dann von der Menge feiern zu lassen. Sie alle sind und waren – wie einst der aufmüpfige Willi in der Hohlen Gasse – «gut im Schuss». Und fast noch eher als an die Adresse des armen Tell würden Schillers dem bösen Gessler in den Mund gelegte Worte heute zum protzigen Präsidenten jedes hoch verschuldeten Fussballclubs passen, der seinem Paradestürmer aus der Premium Lounge zubrüllen würde: «Hier gilt es, Schütze, deine Kunst zu zeigen. Das Ziel ist würdig, und der Preis ist hoch …»

Wie einfach gegen diese geschliffenen Worte aus der Feder eines deutschen Klassikers war und ist dagegen die Welt eines Meisterschützen im Fussball. Ein solcher, sagt der «Volksmund», müsse es einzig in den Beinen haben, nicht im Kopf. Was grundfalsch ist, denn nur mit dem «Goldfüsschen» hätte Seppe Hügi seine zwischen 1948 und 1963 in 322 Nati-A-Spielen registrierten 244 Volltreffer nie erreicht. «Gut im Schuss» zu sein genügte auch Alex Frei für seine in bisher 309 offiziellen Partien erzielten 176 Tore nicht.

Ein echter Torjäger – wie es der legendäre Seppe Hügi war – muss noch andere Qualitäten haben. Ein gutes Auge gehört dazu. Eine feine Nase. Kampfgeist. Leidenschaft. Selbstsicherheit. Teamfähigkeit. Dazu, wenns geht, ein wenig Empathie und sogar Bescheidenheit. Er sollte zudem im Strafraum nicht allzu oft über die eigenen Füsse stolpern.

Was lernen wir daraus? Nicht jeder, der von sich behauptet, «gut im Schuss» zu sein, hat auch das Zeug zum Meisterschützen. Echte Torjäger dürfen zwar durchaus einmal stolpern. Allerdings nur über Quadratwurzeln. In diesem Sinne: Hopp FCB am nächsten Mittwoch im Cupfinal.

 

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 11.05.12

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