Ein Traum jenseits von Afrika

Die Geburt des Elefantenbabys Ota im Basler Zolli erregte 1966 enormes Aufsehen.

Fürsorglich abgeschirmt von Mutter Idunda, raumgreifend angeführt vom zweibeinigen Pflegevater, wachsam eskortiert von weiteren Leibgardisten: Elefantenbaby Ota auf einem der ersten Ausflüge in die grosse, weite Welt des Zolli. (Bild: Kurt Wyss)

Die Geburt des Elefantenbabys Ota im Basler Zolli erregte 1966 enormes Aufsehen.

Die Hege, vor allem aber die Auf- und Nachzucht der in ihrem Bestand bedrohten Afrikanischen Elefanten in Zoologischen Gärten war und ist nach wie vor ein heikles Unterfangen. Selten genug kann den an sich gutmütigen, gleichzeitig aber auch hoch sensiblen Tieren ein Umfeld geboten werden, das auch nur annähernd den natürlichen Lebensbedingungen entspricht.

Die Zahl der im Asyl ­gezeugten und gesund geborenen Elefantenbabys afrikanischer Abstammung ist trotz intensiver Bemühungen gering geblieben. Der Basler Zolli, der 1952 zur Freude des Publikums als erster Zoo in Europa eine kleine, aus fünf Jungtieren bestehende Herde präsentieren konnte, durfte bereits zweimal stolzen Nachwuchs im Elefantenhaus verkünden.

Schneller als erwartet

Am 13. Januar 1966 schlug nach fast zweijähriger Tragzeit für Tiermutter Idunda und ihre Geburtshelfer die grosse Stunde. Wie Wärter Werner Behrens später erklärte, ging alles ganz anders als erwartet, vor allem viel schneller.

Offenbar hatte es das Elefantenbaby so eilig, das Licht der Basler Zolliwelt zu er­blicken, dass es förmlich aus seiner Mutter ­herausplumpste, ohne dass jemand noch Zeit gefunden hätte, sich die Geburtslage zu merken. Und eine halbe Stunde später stand das süsse, satte 113 Kilo schwere Kleine, eine Sie, wie sich bald herausstellte, bereits auf den eigenen vier Beinen und nuckelte, wie in der Zeitung damals zu lesen war, «überall herum, nur nicht dort, wo es sollte». Die richtige «Tankstelle» fand Ota, wie das Elefäntli benannt wurde, erst am nächsten Tag.

Wo immer sich das erste Elefantenkind im Zolli gerade aufhielt: Ota war der Superstar.

«Ota», ein Begriff aus dem Kisuaheli, bedeutet Traum. Traumhaft war denn auch die Karriere der vorwitzigen Afrikanerin, die von Pflegern und Zollibesuchern gleichermassen ins Herz geschlossen und verwöhnt wurde. Wo immer sie sich gerade aufhielt, ob im Elefanten­haus bei Mutter Idunda oder mit ihren Leibwächtern auf Entdeckungsbummel durch die Parkanlage: Überall war Ota der Star.

Sechzehn Jahre später, 1982, fand der Traum ein trauriges Ende. Ota war im Alter von erst 16 Jahren zunehmend unberechenbar und damit zu einem Sicherheitsrisiko geworden. Der einstige Liebling aller musste ein­geschläfert werden. Darauf vergingen noch einmal zehn Jahre, bis 1992 mit Pambo ein zweiter Afrikanischer Elefant in Basel zur Welt kam, diesmal ein Bulle, der sich ab 1997 im Wiener Tiergarten Schönbrunn und ab 2009 in zwei Tierparks in Spanien um Nachwuchs verdient machte.

Leider ist auch Pambo nicht alt geworden. Er starb Ende Januar dieses Jahres, vermutlich an Koliken, 21-jährig in Valencia.

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 26.04.13

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