«Es ist eine Belastung entstanden» – die Holzexpertin der Empa über den Schwellenbrand

Die Empa ist sicher, dass beim Brand im Hafen Schadstoffe in die Umwelt gelangt sind. Derweil werden die Schwellen zum Politikum.

«Ein pragmatisches Vorgehen», nennt Bahnschwellen-Expertin Tina Künniger von der Empa den Umgang mit dem Brand im Kleinhüninger Hafen.

Manchmal lohnt es sich, noch einmal ganz an den Anfang zurückzukehren. Für den unverstellten Blick, für die kühle Einordnung. Im Mai 2000 verkündete der Bundesrat, dass ausrangierte Eisenbahnschwellen nicht mehr in privaten Gärten und auf Kinderspielplätzen verbaut werden dürfen, weil das darin enthaltene Teeröl krebserregende Stoffe enthält. Grundlage dieses Entscheids war eine Studie der Eidgenössischen Materialprüfungsstelle (Empa).

Die Empa hat damals herausgefunden, dass die Schwellen auch nach jahrzehntelangem Einsatz noch immer einen Grossteil des Teeröls und damit auch die schädlichen Polyzyklischen Aromatischen Kohlenwasserstoffe (PAK) enthalten und darum als giftiger Sonderabfall gelten müssen. Eine der Autorinnen dieser Studie war Tina Künniger, Holzspezialistin bei der Empa.

Künniger ist also die perfekte Person, um einige Fragen zu loszuwerden. Wir wollten von ihr wissen, wie sie den Brand im Bahnschwellendepot der Rhenus AG beurteilt. Und ob sie die eilige Entwarnung der Behörden für plausibel hält.

Empa und Bund raten dazu, alte Bahnschwellen in Kehrichtverbrennungsanlagen zu entsorgen. In diesen kontrollierten Umgebungen werden sehr hohe Brenntemperaturen erreicht und der Rauch gefiltert. Künninger erklärt:

«Ein offener Brand wie derjenige im Hafen Kleinhüningen unterscheidet sich durch deutlich tiefere Temperaturen. Bei solchen unvollständigen Verbrennungen entstehen Rauch und Asche, beides enthält in diesem Fall PAK. Gewisse Bestandteile des Teeröls verflüchtigen sich bereits, wenn das Holz erwärmt wird, also noch vor der Entzündung. In einem geschlossenen Raum werden diese Gase trotzdem verbrennen, sobald die Temperatur hoch genug ist. Im Freien aber gelangen diese Schadstoffe in die Umwelt. Ich gehe davon aus, dass bei diesem Brand eine Emissionsbelastung entstanden ist.»

Das Urteil der Expertin steht damit in direktem Widerspruch zur Einschätzung der Basler Behörden, die darauf verzichteten, in ihren Schadstoffmessungen nach den giftigen PAK zu suchen, weil es «aufgrund der hohen Verbrennungstemperaturen» höchstens zu einer «geringen Freisetzung von PAK» gekommen sei.

Offener Brief und Vorstoss im Grossen Rat

Dennoch – Künniger bringt ein gewisses Verständnis auf für die Entscheidung der Feuerwehr, die Luft nicht auf PAK zu testen.

«Das ist ein recht pragmatisches Vorgehen. Zwar dürfte die PAK-Belastung in der direkten Umgebung des Brandplatzes erheblich gewesen sein. Dort ist eine Beeinträchtigung denkbar, und es ist sicher ratsam, Russ und Asche gründlich zu entfernen, um einen weiteren Hautkontakt zu vermeiden. Sobald die Rauchwolke jedoch vom Wind in verschiedene Richtungen getragen wird, verteilen sich die Schadstoffe recht schnell und fallen unter eine kritische Menge.

Währenddessen werden der Grossbrand im Hafen sowie der Bahnschwellenumschlag durch die Rhenus AG zum Politikum. Heidi Mück, Co-Präsidentin der BastA! und Quartierbewohnerin, hat unter dem Titel «Es stinkt zum Himmel» zusammen mit rund 250 besorgten Menschen aus der ganzen Stadt einen offenen Brief an den Regierungsrat, das Amt für Umwelt und Energie sowie die Schweizerischen Rheinhäfen geschickt.

Auch von diesem Brief abgesehen, wird sich der Regierungsrat noch mit den Schwellen beschäftigen müssen. Die Grünen-Grossrätin Lea Steinle hat eine Interpellation zum Thema eingereicht. Sie will darin unter anderem wissen, inwiefern die Regierung Kenntnis hatte von den Bahnschwellen bei der Rhenus AG, ob die Umschlagplätze je kontrolliert worden seien und ob der Brand für die Logistikfirma irgendwelche Konsequenzen habe.

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