Um kaum ein anderes Getränk ranken sich so viele Mythen wie um den Whisky. Auch das Baselbiet, namentlich Lauwil, hat seinen Anteil daran. Nun wird ein neues Kapitel geschrieben – mit der Eröffnung eines Whiskyladens in Liestal.
In Schottland beten sie Engel an. Sie teilen sogar ihr Heiligstes mit ihnen: den Whisky. Angel’s Share heisst das dann. Rund ein Prozent des reifenden Whiskys verdunstet nämlich jedes Jahr durch die Poren der Eichenfässer und steigt zu den Engeln empor. Darum, heisst es, seien die Schotten so glücklich.
Das ist nur einer der Mythen, die sich um das schottische Nationalgetränk ranken, von dem es heisst, es sei viel weniger ein Getränk als eine Weltanschauung. Und in der Tat wird Whisky nicht einfach nur getrunken: Seiner Herstellung liegt eine Wissenschaft zugrunde, seine Bestandteile – eigentlich nicht mehr als Gerste, Wasser und etwas Hefe – sind Basis für Abhandlungen und ganze Bücher. Und deren Inhalt dringt heute bis in die Finanzwirtschaft hinein. Erst im vergangenen September schwärmte die «Handelszeitung» vom «Renditeknüller Whisky» und fügte den Whisky-Trinkern und den Whisky-Sammlern den Whisky-Investor hinzu.
Wie Wein braucht auch Whisky Luft zum atmen, wie beim Wein fachsimpelt es sich auch bei Whisky ausgezeichnet über Produktionsgebiet, Bodenbeschaffenheit, Reifegrad, Mineraliengehalt des verwendeten Wassers oder das Klima. Und dabei ist die wichtigste Komponente noch nicht einmal erwähnt: das Fass. 70 Prozent des Geschmacks, sagen Experten, mache das Fass aus. Die schottischen Destillerien verwenden gebrauchte Bourbon-Fässer aus den USA sowie Sherry- und Portfässer aus Portugal und Spanien. Da verwundert es nicht, dass ein gebrauchtes Fass gut und gerne 1000 Franken kostet.
Whiskytrinken will gelernt sein
Schottland ist und bleibt die Hochburg des Whiskys, doch auch in der Schweiz entstehen mittlerweile rund 50 Sorten, übers ganze Land verteilt haben sich Brennereien in die Produktion geworfen. Das war nicht immer so. Die Alkoholverordnung aus Weltkriegsjahren verbot es, Hochprozentiges aus Grundnahrungsmitteln zu brennen. Am 1. Juli 1999 wurde das Verbot aufgehoben, und um Punkt Mitternacht warf Ernst Bader auf dem Holle-Hof in Lauwil seinen Brennhafen an, um den ersten Schweizer Whisky zu destillieren. Sogar schottische Kritiker waren angetan vom Baselbieter Wässerchen.
Als das Whisky-Kleinod «Hauptstross 100» im November zur Hausmesse lud, stand auch der Lauwiler «Hollen» auf der Theke, goldener Saft schimmernd in warmem Licht, die Luft whiskygeschwängert, im Sofa unter dem Fenster hing einer in den Seilen. Gastgeber waren Genio Haas und Guido Stohler. Aus ihrer Vorliebe für Whisky erwuchs eine Leidenschaft, die sie den kleinen Laden in Ziefen, der nicht Bar heissen darf, eröffnen liess. Jeden Freitagabend ist hier Full House. Dann wird über Blends und Single Malts, über Cask Strength, Islay und Speyside philosophiert, während der Pegel langsam steigt. Hier lernt der Laie, dass Whiskytrinken gelernt sein will.
Eis im flüssigen Gold zerstört das Aroma und entlarvt den Amateur, ein Schlückchen entkalktes Wasser bei Raumtemperatur allerdings vermag das Letzte aus dem Getränk herauszukitzeln. Zaghaft riecht man am Glas, das heute kein Tumbler mehr sei, sondern ein eigentliches Grappa-Glas. Man schwenkt und riecht und weidet seine Augen, erst dann wird zögernd genippt. Auf das Anstossen verzichtet man bewusst – sonst, sagt man sich schulterklopfend, verdunste das Zeug noch schneller.
Über 300 Sorten
Diese Gespräche sind ab Samstag auch in Liestal möglich. Haas und Stohler, die Whisky-Liebhaber mit einem Faible für schottisches Karo, expandieren nämlich. Sie eröffnen einen Whisky-Laden im Stedtli. Und obwohl dieser am Zeughausplatz liegt, heisst auch er «Hauptstross 100». Hinter vorgehaltener Hand amüsiert man sich schon, dass es nun zweier Fünflibertaler Mittfünfziger bedürfe, um etwas Leben in die Kantonshauptstadt zu bringen.
Über 300 Sorten werden in den Regalen stehen, vom Benriach bis zum Laphroaig und vom Endradour – übrigens der kleinsten Brennerei Schottlands – bis zum Craigellachie. Auch den Bowmore mit dem kuriosen Namen «The Question Mark Man» wird es zu degustieren geben.
Seit vergangenem Jahr haben Haas und Stohler ihre eigene Whisky-Linie. «World of Orchids» nennt sich diese und umfasst elf Single Malts, die die Ziefner exklusiv importiert haben. Fraglos, dass auch probiert werden kann, «bei uns geht probieren nämlich über studieren», meint Genio Haas vielsagend. Und Guido Stohler ergänzt: «Wir werden nicht nur Laden sein; die ‹Hauptstross 100› wird auch in Liestal zum Treffpunkt.»
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Whisky-Laden «Hauptstross 100», Zeughausplatz 29, Liestal, Eröffnung am Samstag, 7. Februar, 10 Uhr; Öffnungszeiten: Donnerstag/Freitag 16 bis 18.30 Uhr, Samstag 10 bis 15 Uhr.