Gedichte werden den Rheinuferweg säumen

Auf der künftigen Rheinuferpromenade geht es nicht nur in kürzester Verbindung von Basel nach Frankreich. Es gibt auch Dinge zu entdecken: Gedichte, die erste städtische Siedlung auf Basler Gebiet vor 2000 Jahren – und sogar an Biber und Fische wird gedacht.

An diese Landschaft hat man sich schon fast gewöhnt. Schöner wird es bestimmt, wenn die geplante Parkanlage und der Rheinuferweg fertig sind. (Bild: Nils Fisch)

Auf der künftigen Rheinuferpromenade geht es nicht nur in kürzester Verbindung von Basel nach Frankreich. Es gibt auch Dinge zu entdecken: Gedichte, die erste städtische Siedlung auf Basler Gebiet vor 2000 Jahren – und sogar an Biber und Fische wird gedacht.

Die Rheinuferpromenade von der Dreirosenbrücke nach Huningue nimmt langsam Gestalt an. Der Hafen ist abgerissen, der Boden saniert. Nun werden mehr und mehr Details der künftigen Ausgestaltung festgelegt. Neben Sitzbänken, Bäumen und Zugängen zum Wasser für Schwimmer sind auch einige spezielle Feinheiten auf den Plänen zu finden.

Die Mitarbeitenden der Archäologischen Bodenforschung zum Beispiel wollen die Passanten zu einem «Blick in die Vergangenheit» abholen, damit die historische Bedeutung des Ortes nicht in Vergessenheit gerät. Wo jetzt die Baumaschinen auffahren, lebten 100 vor Christus die «ersten Basler».

Keltenstadt Basel

Kantonsarchäologe Guido Lassau sagt: «Die spätkeltische Siedlung hatte bereits urbanen Charakter und legt Zeugnis ab davon, wie Basel zum ersten Mal eine Stadt wurde.» Während der letzten zwanzig Jahre musste die Archäologische Bodenforschung eine Rettungsgrabung nach der anderen durchführen. Mit einer Art Periskop soll den Spaziergängern auf der Rheinuferpromenade ein Blick auf die archäologischen Entdeckungen ermöglicht werden. Die Planer des Tiefbauamtes haben auf ihren Plänen aber noch andere Feinheiten eingezeichnet.

Eine davon geht auf eine Initiative der Elsass-Freunde zurück. Die schlugen vor, einen Gedichte-Weg entlang der Promenade einzurichten. Solche gibt es bereits als «sentiers des poètes» in Munster, Blienschwiller und Soultzmatt. Warum also nicht auch in Basel Gedichttafeln entlang der Promenade? Hans-Jörg Renk von den Elsass-Freunden sagt: «Die Gedichte sollen einen Bezug zur Umgebung haben, sich also auf Rhein und Dreiländereck beziehen. Und sie sollen – inklusive Dialekt – in drei Sprachen ausgeführt sein.» Die grundsätzliche Idee war, pro Land zehn Tafeln aufzustellen.

Nur erweist sich das als nicht ganz so einfach. Auf dem Gebiet von Huningue hat man dafür ausreichend Platz. Rodolfo Lardi, stellvertretender Leiter des Tiefbauamtes, dagegen muss die Elsass-Freunde noch herunterhandeln: «Mehr als fünf sehe ich nicht. Wir haben ja auch noch die Installation der Archäologen zu berücksichtigen, das soll sich nicht konkurrenzieren.»

Dazu kommt, dass für die Gedichte Bronzetafeln auf der Brüstung der Mauer angebracht werden, die den Veloweg zum Wasser hin abtrennt. Diese Mauer allerdings wird zum Teil durch Geländer unterbrochen, auf denen sich keine Tafeln anbringen lassen.

Der Gedichte-Weg soll der Rhein­uferpromenade folgen, über die Dreiländerbrücke gehen und auf deutschem Gebiet wieder in die Schweiz führen. Auf deutschem Gebiet wird das schwierig, da in Rheinnähe vor allem für die Öffentlichkeit gesperrtes Hafengelände ist. Die Weiler wissen noch gar nicht, wie sie den Weg am sinnvollsten weiterführen können.

Welcher Dichter darfs denn sein?

Welche Gedichte ausgewählt werden, ist noch offen. Hans-Jörg Renk hat schon einen heimlichen Favoriten: das «Elsass-Fährtli» von Blasius. Und für Rodolfo Lardi müsste auch ein Johann Peter Hebel dabei sein. Jedenfalls sind die Gedichte nicht endgültig festgelegt. Es bleibt also die Gelegenheit, eigene Lieblinge bei Renk oder beim Tiefbauamt vorzuschlagen. Die Endauswahl erfolgt erst, wenn man sich auf die endgültige Zahl der Tafeln geeinigt hat und die deutsche Wegführung und somit die Zahl der potenziell möglichen Gedichttafeln klarer ist.

Nicht nur Kultur aus Vergangenheit und Gegenwart findet ihren Platz entlang des Rheins. Das Tiefbauamt hat auch im Wasser noch Neues geplant. So wird an manchen Stellen vor die bestehende Spundwand eine zweite gezogen. Sie ist durchlöchert, um Wasseraustausch zu ermöglichen. Der Zwischenraum wird mit Blocksteinen gefüllt. So finden Fische Unterschlupf.

Zwei ganz spezielle Wohnungen werden auch noch errichtet. Für einmal keine Luxuswohnungen mit Rheinblick, sondern sehr nasse mit langem Gang und nur einem Zimmer. Lardi hofft dennoch auf Mieter: «Wir planen zwei Biberunterstände. Zwar glauben wir nicht, dass Biber sich dort dauerhaft einrichten, aber sie finden so Unterschlupf, wenn sie etwa von der Petite Camargue ins Baselbiet wandern.»

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 17.08.12

Nächster Artikel