Samstagnacht, 15. September 2018: An der Fassade der jüdischen Genossenschafts-Metzgerei in Basel werden zwei Buchstaben des Wortes «Koscher» heruntergerissen.
Montagnacht, 24. September 2018: Der Buchstabe «J» der Abkürzung «Jüd.» wird heruntergerissen, ein Glas der Eingangstüre wird zerstört.
Freitagnacht, 19. Oktober 2018: Das schmale Fenster neben der Eingangstüre wird zerstört.
Samstagnacht, 20. Oktober 2018: Das Glas der Eingangstüre wird durch einen Steinwurf zertrümmert.
Leopold Stefansky, Präsident der Genossenschafts-Metzgerei, schildert, was er am Sonntagmorgen sah: «Das Glas der Türe war zerborsten. Der Stein muss mit grosser Wucht geworfen worden sein, denn in zwei Metern Abstand hinter dem Eingang der Metzgerei standen drei Weinflaschen auf der Theke. Der rechten Weinflasche wurde durch den Steinwurf der Hals abgetrennt. Der Stein knallte hinter der Theke an die Wand, prallte von da um zwei Ecken und kam vor der Türe des Warenlifts zu liegen.»
Ein Angestellter der Metzgerei zeigt, wo er den Stein gefunden hat, «ungefähr so gross war der». Er formt mit den Händen einen Kreis vom Umfang einer grösseren Kartoffel.
Die Kunden reagieren schockiert. Die Angestellten sind aufgebracht. Stefansky sagt: «Wir gehen von einem rassistischen Hintergrund aus.» Der Satz steht am Montag, 22. Oktober, in allen Zeitungen, auch «Telebasel» und das «Regionaljournal» berichten.
Was löst das in der jüdischen Community aus, wenn hebräische Buchstaben von Hauswänden heruntergerissen werden?
Die Berichterstattung spekuliert über das Täterprofil – waren es Neonazis, oder betrunkene Jugendliche auf dem Heimweg? Militante Tierschützer seien es wohl eher nicht gewesen, liest man. Das in solchen Fällen typische Bekennerschreiben fehle. Im Umkehrschluss heisst das, hier wurde eine Metzgerei attackiert, weil sie jüdisch ist. Und das wirft Fragen auf.
Zum Beispiel diese: Passiert so etwas öfter? Und wenn ja, warum erfährt man nichts davon? Was löst das in der jüdischen Community aus, wenn hebräische Buchstaben von Hauswänden heruntergerissen und Scheiben zertrümmert werden? Welche Konsequenzen hat dieser Vorfall, wer reagiert politisch? Und wer redet eigentlich über Antisemitismus in Basel?
24. Oktober: Der SP-Grossrat Stephan Luethi-Brüderlin will eine Anne Frank-Strasse für Basel. Das schreibt er in einer E-Mail an die Medien. Auch, weil die «unfassbaren Attacken auf die koschere Metzgerei uns Menschen des 21. Jahrhunderts vor Augen geführt haben, dass Geisteshaltungen, die in letzter Konsequenz die Tagebuch-Verfasserin umgebracht haben, auch hier und heute weiter schwelen.»
Der ganz alltägliche Judenhass
Ein kleines Zimmer im Erdgeschoss eines Hauses nahe der Metzgerei. Auf dem Tisch stapeln sich Papiere, die Luft riecht nach Denkarbeit. Der orthodoxe Rabbiner Auriel Silbiger zupft sich beim Hinsetzen die Quasten zurecht, blickt aufmerksam über den Tisch.
«Wer auf der Strasse offensichtlich erkennbar ist als Jude, so wie wir, der erlebt im Alltag regelmässig unangenehme Situationen. Dann fährt zum Beispiel auf der Strasse ein Auto vorbei, aus dem offenen Fenster schreit einer ‹Du Saujude, schade hat dich Hitler vergessen.›»
War das hier in Basel?
«Hier in unserer schönen Stadt.»
Ist Antisemitismus in Basel ein Thema?
«Es kommt darauf an, wie oft Sie erwarten, dass etwas geschehen muss, bis man von einem ‹Thema› reden kann. Ich glaube nicht, dass es jemanden in unserer Gemeinde gibt, der so etwas noch nie erlebt hat.»
Die Metzgerei steht nahe der Synagoge der Israelitischen Religionsgemeinschaft Basel (IRG), aus den Mauern des Gotteshauses ragen zwei Kameras, die Linse zum Eingang gerichtet, sämtliche Fenster sind engmaschig vergittert. Hier gehen die Mitglieder der orthodoxen Gemeinde ein und aus. Wie reagiert man, wenn beim Nachbarn Steine durchs Fenster fliegen?
«Wir nehmen das vielleicht ein bisschen ruhiger als andere, weil wir erst einmal wissen wollen, wer dahintersteckt. Wir beteiligen uns nicht an Spekulationen. Wir sind beunruhigt, klar, wir sind auch vorsichtiger als sonst. Aber wir stehen in gutem Kontakt mit der Polizei», sagt Silbiger.
In einschlägigen Foren der Neonazis bleibt es still
Das Medienecho der Steinwürfe auf die Metzgerei schallt dafür weit in die Stadt und dringt bis zu Extremismusforscher Samuel Althof. Er wird hellhörig, als er davon erfährt. Seine Nachforschungen in einschlägigen Foren der Neonazi-Szene verlaufen aber im Sand. Keine Reaktionen, kein Triumphgebell, nichts. Ungewöhnlich, sagt Althof. Er bezweifelt, dass der oder die Täter aus einer rechtsradikalen Szene stammen.
Zurück im Büro des Rabbiners Silbiger. Er gilt als einer der Liberalen unter den Orthodoxen, zugewandt, hilfsbereit, doch seine Zeit ist knapp, und mit der Presse würde er ohnehin lieber über andere Themen sprechen. «Es ist besser, nicht über all das zu reden, es reizt die Leute und provoziert möglicherweise Nachahmer», sagt er.
An diesen Punkt kommt man oft in den Büros und Wohnzimmern, am Telefon und in Gesprächen auf der Strasse. Warum berichten, heisst es. Warum nachfragen. Warum Fälle sammeln, man wisse doch, das sei eben so. Lieber keine schlafenden Hunde wecken.
Da fragt man sich: Welche Hunde? Der jüdische Teil der Basler Bevölkerung, organisiert in der Israelitschen Gemeinde Basel (IGB), zählt knapp über 1000 Mitglieder und lebt mit dem steten Gefühl, auf der Hut sein zu müssen. Man spürt das an den kurzen Wegen von den Wohnungen zur Schule und zu den Synagogen, man wohnt nahe. Man spürt das an den Kameras vor den Häusern. Man spürt das an den Hinweisschildern für Studienzentren, Gebetsräume, Büros, die lieber im Hauseingang versteckt als vorne an der Strasse befestigt werden.
Die kleine Reise durch die jüdische Gemeinschaft in Basel offenbart eine Gesellschaft, die sich ihrer Existenz durch lauter kleine Massnahmen versichern muss. Für sie ist das normal. Aber ist das normal?
25. Oktober: Der umstrittene Politikwissenschaftler Bassam Tibi hält einen Vortrag in Biel-Benken. Der Saal platzt aus allen Nähten, auch viele Juden besuchen den Vortrag über «islamische Migration und Euro-Islam». Tibi spricht aus, was sich viele Politiker nicht zu sagen trauen: «Ich will hier nicht die Flüchtlinge anklagen. Sie können nichts dafür. Sie wurden im Orient zu Antisemiten erzogen.» In den Folgetagen kommen viele Interviewpartner auf Bassam Tibi zu sprechen.
Antisemitismus in Zahlen: Fehlanzeige
In der Schweiz werden, anders als etwa in Frankreich oder Deutschland, antisemitisch motivierte Gewalttaten nicht gesondert erhoben. Artikel 261bis des Strafgesetzbuches, besser bekannt als Antirassismus-Strafnorm, hält zwar Diskriminierung aufgrund rassistischer Motive fest. Aber ob eine Tat nach 261bis aus antisemitischen, antimuslimischen oder anderen rassistischen Gründen verübt wurde, lässt sich daraus nicht nachvollziehen.
Also stützen sich Medienberichte auf den jährlichen Antisemitismusbericht, ein gemeinsames Projekt des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebunds (SIG) und der Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus (GRA). Der Bericht registriert in der Deutschschweiz eine Zunahme der Vorfälle von 16 (2015) auf 39 (2017). Aber: Registriert werden nur Fälle, die bei der Meldestelle des SIG eingehen oder in den Medien publik wurden.
Heisst: Wie hoch die Dunkelziffer ist, lässt sich nicht abschätzen. Die Statistik ist auch in jüdischen Kreisen nicht unumstritten. Einer der Gründe für die wenig ausdifferenzierte Statistik ist aus Sicht der Behörden die Unmöglichkeit, am Tatort zu entscheiden, aus welchen Motiven gehandelt wurde.
Hitlergruss auf dem Friedhof
Auf dem israelitischen Friedhof liegt dumpfer Herbstnebel über den Gräbern. Das Tor steht offen, eine Kamera linst vom Dach der Betonkapelle. Niemand ist da. Bis auf den Friedhofswärter, der hier jeden Sonntag für einige Stunden nach dem Rechten sieht. «Hier kommt immer wieder mal ein Grab zu Schaden», sagt er. Meistens informierten die Stadtgärtnerei oder Besucher die Gemeinde. Diese meldet das der Polizei.
Die Öffentlichkeit erfährt davon nichts.
Einmal, das sei schon ein paar Jahre her, tauchten zwei Männer auf. Sie traten durch das Tor auf den Vorplatz vor die Kapelle, reckten den rechten Arm zum Hitlergruss und skandierten «Heil Hitler». Das Publikum war denkbar klein, der Friedhof lag verlassen da.
Ein andermal hätten Jugendliche auf eines der Gräber uriniert. Dann hätten sie ein Buch mit arabischer Aufschrift darauf gelegt
Auch würden immer wieder Grabsteine umgeworfen.
Man könne das alles nicht quantifizieren, sagt der Friedhofswärter, mal sei lange nichts, dann gebe es wieder mehrere Vorfälle hintereinander. Er habe die Jungs mit dem Buch damals weggewiesen. Sie seien nicht befugt, hier zu sein, habe er zu ihnen gesagt.
Wo hört der Bubenstreich auf und wo fängt der Antisemitismus an?
«Mich nimmt das schon sehr wunder, wer hinter den Steinwürfen auf die Metzgerei steht», sagt der Friedhofswärter. Ihn beschäftige der Vorfall. «Es ist wichtig, dass darüber geredet wird. Man sieht ja, was los ist in Deutschland und Frankreich und in England.»
Dann redet der Friedhofswärter über Einwanderer aus dem «Orient», ringt um Worte, will niemanden vorverurteilen, «aber viele kriegen das mit über ihre Erziehung, ihre Kultur. Man muss gut unterscheiden zwischen antiisraelisch und antisemitisch» sagt er. «Aber für manche ist diese Unterscheidung egal, und über das redet niemand. Den Judenhass einiger Muslime, das muss man ansprechen.»
Dann schreibt er ein paar Namen auf einen Zettel. Man möge lieber an anderer Stelle weiterfragen, er sei nur der Friedhofswärter und auch nicht so oft hier.
27. Oktober: In Pittsburgh, Pennsylvania, stürmt ein bekennender Antisemit während der Zeremonie zur Namensgebung eines Babys in eine Synagoge und erschiesst elf Menschen, sechs weitere werden verletzt. Ein Interviewpartner in Basel sagt: «In die USA zu ziehen ist als Option erst einmal vom Tisch.» Der Täter war US-Amerikaner.
Stimmen aus der Gemeinde
Anna Rabin veranstaltet manchmal Führungen auf dem israelitischen Friedhof. Die wissenschaftliche Mitarbeiterin kommt gerade aus einer Sitzung des Jüdischen Museums an der Kornhausgasse, als die TagesWoche anruft.
Von den Vorfällen auf dem Friedhof weiss sie nichts, aber zum Lebensgefühl in Basel hat sie schon was zu sagen, denn das habe sich verändert.
«Ich schaue mittlerweile, wie wir auf der Strasse angezogen sind, damit wir nicht gleich erkannt werden.»
Als Rabin vor einigen Jahren aus Freiburg im Breisgau nach Basel zog, sei das ein unbeschwertes Ankommen gewesen. Aber das politische Klima im europäischen Raum habe in den vergangenen Jahren am Vertrauen und der alten Unbeschwertheit gerüttelt.
«Ich schaue mittlerweile, wie wir auf der Strasse angezogen sind, damit wir nicht gleich erkannt werden. Früher haben wir beim Familieneinkauf im Laden sorgloser diskutiert – dürfen wir das essen, ist das koscher? Solche Diskussionen lassen wir jetzt. Und wir sprechen ausser Haus Deutsch, nicht mehr Hebräisch.»
Rabin sagt, sie wohne nach wie vor gerne in Basel, hier fühle sie sich wohl. Aber sie kriege auch mit, dass seit Jahren Teile der Gemeinde abwandern, was in Basel nichts Neues sei. Es habe hier immer einen verstärkten zionistischen Zug gegeben. Herzl lässt grüssen. Rabin behält diesen Gedanken vorerst nur im Hinterkopf, sagt aber: «Ich sitze auf gepackten Koffern.»
Die Museumsmitarbeiterin macht die politische Grosswetterlage für ein zunehmendes Angstgefühl verantwortlich. Aber nicht alle teilen diese Furcht, manche nennen sie «irrational».
Zum Beispiel ein Apotheker, der anonym bleiben will. Er sagt: «Ich halte diese neue Angst für Mumpitz. Es ist noch nichts passiert, es gibt keinen Grund zur Sorge. Ich bin aber auch hart im Nehmen.» Seinen Söhnen rät er trotzdem, ausserhalb des Schulhofs eine Mütze über der Kippa zu tragen. «Das sind normale Massnahmen, ich empfinde das nicht als Schikane.»
Der Mehrheit der Befragten geht es aber wie Anna Rabin.
Daniel Erlanger, Mitglied im Vorstand der jüdischen Primarschule Leo Adler, sagt: «Manchmal denke ich an jene, die im Rückblick auf die Zeit vor der Schoah, also die 1930er-Jahre in Deutschland, fragen: Warum ist man nicht früher gegangen, die Zeichen haben sich doch über Jahre verdichtet? Ich habe manchmal diesen irren Gedanken, dass wir in Zukunft ein Geschichtsbuch aufschlagen und uns mit Blick auf heute dasselbe fragen.»
Philip Karger, der ehemalige Sicherheitsverantwortliche der Israelitischen Gemeinde Basel (IGB), sagt: «In Basel ist die Bedrohungslage sicher erhöht, immerhin haben wir hier zwei offene Grenzen. Und dann ist da die Geschichte mit Herzl und Basel als einer der Gründungsstätten Israels. Das macht Basel für die jüdische Diaspora besonders. Aber damit rückt die Stadt eben auch in den Fokus.»
21. Oktober: Die IGB erhält einen neuen Vorstand. Der neue Präsident Manuel Battegay macht das Thema Sicherheit zur Chefsache. Die dominierenden Schlagworte des Abends sind aber Diversität, Miteinander und Dialog. Die Angriffe auf die Metzgerei sind an der Mitgliederversammlung kein Thema.
Die entscheidende Frage nach der Täterschaft
Moshe Baumel hat keinen leichten Job. Seit Jahren schrumpft die Gemeinde. Doch seit seinem Amtsantritt als Oberrabiner der IGB ist die Zahl der abgewanderten Familien zurückgegangen. Wir wollen Baumel treffen, um über die Verunsicherungsgefühle der Gemeindemitglieder zu sprechen. Wie sieht er die Lage in Basel?
Der Sicherheitsmann vor der Synagoge prüft den Identitätsausweis der Besucher – «den Presseausweis auch, bitte», als Journalist könne sich schliesslich jeder ausgeben. Man möge kurz warten. Zwei Tagesmütter des Kinderhorts Ganon schieben ihre Kinderwagen durchs Tor, dem Sicherheitsmann sagen sie beiläufig, wohin sie gehen, wie lange sie dort bleiben, wann sie zurück sind. «Das machen wir immer so», sagt der Wachmann. Der Rabbiner habe jetzt Zeit.
Baumel, ein ruhiger Typ, hat von den Vorfällen bei der Metzgerei gehört. «Weiss man schon, wer das war?» Das sei wichtig, nicht für die Sicherheitsfrage, die stelle sich ohnehin stets aufs Neue. Aber für die Verarbeitung und Bewertung. «Sollte da muslimischer Antisemitismus dahinterstecken, dann ist das ein europäisches Problem. Falls es ein Schweizer Neonazi war, ist die Sache komplizierter. Dann stellt sich die Frage: Ist das ein lokales Problem?»
Die möglichen übrigen Fälle bezieht Baumel nicht in seinen Problemaufriss ein. Sie gehören offenbar zur banaleren Risikomasse alltäglicher Gefahr.
Bewaffnete Sicherheitsassistenten zugunsten jüdischer Sicherheit
Baumel hat Ende Oktober noch keine Reaktionen aus der Gemeinde erhalten. Man reagiere da gelassen, mit so etwas müsse man bedauerlicherweise rechnen. Er könne sich aber vorstellen, dass mit diesem Ereignis ein Ruck durch die Gemeinschaft geht, dass man enger zusammenwachse. Das sei in Zeiten, in denen engagiert über die Einheitsgemeinde – also das Zusammenleben der verschiedenen Strömungen unter einem Dach – diskutiert werde, auch wieder nicht so schlecht. So zynisch das klingen mag.
Und letztlich zeige der Vorfall auch, sagt Baumel, dass das Sicherheitsbedürfnis der jüdischen Institutionen in Basel nicht als Luxusforderung abgetan werden könne. Dass sie politisch und gesellschaftlich ernst genommen werden müssen. Dass Herr Stefansky so offensiv auf die Medien zuging, sei durchaus ungewöhnlich, aber im Dienste der Sicherheit aller Juden in Basel sei das ein wertvoller Schritt, so Baumel.
31. Oktober: Der Regierungsrat Basel-Stadt verabschiedet einen Ausgabenbericht für höhere Polizeipräsenz bei jüdischen Institutionen. Konkret soll das Korps um acht bewaffnete Sicherheitsassistenten aufgestockt werden, «um die polizeiliche Präsenz zugunsten der Sicherheit der jüdischen Gemeinschaft dauerhaft zu erhöhen», heisst es in der Medienmitteilung. Zudem beantragt der Regierungsrat dem Grossen Rat, ab 2019 jährlich wiederkehrende zusätzliche Ausgaben von 746’000 Franken zu bewilligen. Die jüdischen Gemeinden der Stadt sollen ihre Sicherheitsausgaben damit senken können.
Mit diesem Entscheid wird eine lange dauernde Debatte zwischen den Sicherheitsbehörden, der Politik und der IGB vorläufig beendet. Die hohen Sicherheitsausgaben hatten die Gemeinde in den vergangenen Jahren aufgerieben. Es geht um Geld für Kameras, Sicherheitsschleusen, Panzerglas, das ganze normale Gerät für ein normales jüdisches Leben im Basel des 21. Jahrhunderts.
8. November: Im Gedenken an die Reichspogromnacht vom 9. November 1938 werden in Basel, Bern, Genf, Lausanne und Zürich die Synagogen in bunten Farben beleuchtet. In jener Nacht vor 80 Jahren brannten in Deutschland 1400 Synagogen, über 400 Menschen verloren ihr Leben, über 30’000 wurden in Konzentrationslager verschleppt. Fenster und Scheiben von Geschäften wurden eingeschlagen. Der Name Kristallnacht wird heute nicht mehr verwendet. Er gilt als verharmlosend.
Für den Präsidenten der Genossenschafts-Metzgerei, Leopold Stefansky, haben sich zwei Wochen nach dem Medien-Rummel die Wogen geglättet. Die Scheiben sind repariert, Stefansky redet am Telefon wieder geschäftig im Alltagsroutineschnellsprech. Er überlege sich gerade, vor der Metzgerei immerhin Kameras zu montieren, man wisse ja nie, sonst noch was?, danke, tschüss.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt. Sie nimmt zu laufenden Verfahren keine Stellung und bittet, das Wort «Sachbeschädigung» zu verwenden. Alles andere sei unsachlich und entbehre jeder Beweisgrundlage.