Die sechs Passepartout-Kantone müssen nachsitzen: Das neue Französisch-Lehrmittel soll verbessert werden. Damit reagieren die Erziehungsdirektoren auf Kritik von Lehrern und Eltern. Künftig soll doch wieder mehr Grammatik gebüffelt werden.
Die neuen Französisch-Lehrmittel «Mille Feuilles» und «Clin d’oeil» aus dem Projekt Passepartout haben für reichlich Wirbel gesorgt. Zuletzt wurde am Montag an einer Info-Veranstaltung des Basler Erziehungsdepartements hitzig darüber diskutiert. Der spielerische Ansatz soll den Schülerinnen und Schülern helfen, ohne Angst vor grammatikalischen Fehlern zu kommunizieren. Doch bei den Anwesenden stiess das Lehrmittel auf Skepsis. Wichtige Grundlagen kämen zu kurz, insbesondere in Sachen Grammatik und Wortschatz, kritisierten sie.
Diese Kritik gibt es nicht erst seit jenem Elternabend: Bereits kurz nach der Einführung im Jahr 2011 kam ein Murren auf – sowohl von manchen Lehrpersonen wie auch von Eltern, die eine andere Sprachdidaktik gewohnt waren. Auch dass bei Passepartout Informatikmittel wie Apps stark im Unterricht eingesetzt werden, sorgte für Stirnrunzeln.
Jetzt reagieren die Erziehungsdirektionen der sechs Passepartout-Kantone auf die Kritik. Zu diesen gehören Basel-Stadt, Basel-Landschaft, Solothurn, Bern, Fribourg und das Wallis. «Jetzt und auch in Zukunft wird all das verbessert oder ergänzt werden, von dem wir ausgehen, dass es zu kurz kommt», sagt der Basler Regierungsrat Christoph Eymann, Vorsteher des Erziehungsdepartements (ED). «Es war von Anfang an vorgesehen, dieses Lehrmittel mit völlig neuer Zielsetzung bei Bedarf zu ergänzen.» Eymann möchte nicht von einem Fehler bei der Wahl des neuen Lehrmittels sprechen: «Es geht um Ergänzungen auf der Basis von Erkenntnissen aus dem Schulalltag», sagt er.
Comeback der Konjugationstabelle
Erste Ergänzungen wurden bereits für das Schuljahr 2016/17 erarbeitet. Das dürfte auch der Sorge entgegengewirkt werden, wie sie eine Mutter am Basler Elternabend geäussert hat: dass niemand mehr «être» und «avoir» konjugieren könne. Für die Sekundarstufe I soll Grammatik wieder mehr Gewicht erhalten. So findet etwa die – zumindest bei den einen geschätzte – Tabelle zum Konjugieren der gebräuchlichsten Verben wieder zurück ins Lehrmittel. Auch soll das Vokabular zum Teil wieder nach herkömmlicher Methode gepaukt werden.
Die Nachbesserungen seien keine Bastelei an einem unausgereiften Lehrmittel, betont der Berner Erziehungsdirektor Bernhard Pulver. «Wir reagieren auf Kritik und entwickeln das Lehrmittel weiter, statt einfach etwas Fertiges auf den Tisch zu knallen.»
An der Idee hinter dem Projekt Passepartout an sich zweifeln die Erziehungsdirektoren der sechs Kantone aber nicht: Sie stellen sich erneut geschlossen hinter den Grundsatz, zwei Fremdsprachen an der Primarschule zu unterrichten und mit der Landessprache Französisch zu beginnen. Als Nachbarkantone der Romandie verfolgen sie damit eine gemeinsame Strategie: Französisch zuerst an der Volksschule.
Eymann und Gschwind bekennen sich zu Passepartout
Nach dem Prinzip Passepartout wird seit einem Jahr an der Oberstufe unterrichtet. 2018 wird der erste Passepartout-Jahrgang die Volksschule verlassen, also Jugendliche, die kein anderes Lehrmittel als «Mille Feuilles» und «Clin d’oeil» kennen. Dieser Moment wird von den Erziehungsdirektionen mit Spannung erwartet: «Wir wollen wissen, ob wir die 2004 formulierten Ziele erreicht haben», sagt die Baselbieter Bildungsdirektorin Monica Gschwind. Beim Institut für Mehrsprachigkeit der Universität Freiburg hat Passepartout deshalb eine Evaluationsstudie in Auftrag gegeben.
Auch der Basler Bildungsdirektor Christoph Eymann bekräftigt seine Unterstützung für die Idee hinter Passepartout: Der Präsident der Eidgenössischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren sprach von einem «mutigen und visionären Projekt».