Gemeindepräsidentin Nicole Nüssli nahm an der Einwohnerratssitzung vom Mittwoch erstmals richtig Stellung zum Streit mit den Tagesmüttern – und zeigte sich kompromissbereit.
Nicole Nüssli ist eingeknickt. Eingeknickt vor den Tagesmüttern, die sich mit einer Petition und einem Protestmarsch gegen ihre Lohnkürzung gewehrt haben. Bis September 2016 sollen sie jetzt doch mehr Lohn erhalten.
Vor einem Monat hatte der Gemeinderat den Tagesmüttern verkündet, dass sie ab 1. April nur noch einen Bruttolohn von 8.95 statt 11.65 Franken in der Stunde erhalten. Nach dem heftigen Widerstand krebst Gemeindepräsidentin Nicole Nüssli zurück – zumindest ein wenig.
Fast gleich viel wie vorher
«Der Gemeinderat zahlt den Tagesmüttern 1.50 Franken brutto mehr als geplant», sagte die Gemeindepräsidentin am Mittwochabend an der Allschwiler Einwohnerratssitzung und beantwortete damit eine dringliche Interpellation von Niklaus Morat und Patrick Lautenschlager (beide SP). Damit erhalten die Tagesmütter einen Bruttolohn von 10.45 Franken. «So kommen die Tagesmütter fast auf den gleichen Lohn wie vorher», sagte Nüssli.
Vor einer Woche hatte Nüssli bei der Petitions-Abgabe noch ganz anders getönt: «Derzeit sehen wir keine Möglichkeit, höhere Löhne zu finanzieren.» Hat sie sich also dem öffentlichen Druck gebeugt? «Ich sage es nicht gerne, aber es ist so», sagte sie der TagesWoche.
Familien völlig überrumpelt
An der Einwohnerratssitzung hat Nicole Nüssli nun auch erstmals Stellung dazu genommen, wie es zum Hin und Her gekommen ist. Die Tagesmütter und die Familien wurden völlig überrumpelt: Mitte März erst bekamen die Tagesmütter die Kündigung ihrer bisherigen Verträge, die neuen Verträge sollten bereits am 1. April in Kraft treten.
Die Tagesmütter hatten also nur zwei Wochen Zeit, die neuen Verträge – mit den gekürzten Löhnen – zu unterschreiben. Die Eltern selber wurden erst am 11. April informiert.
Die Folge: Viele Tagesmütter wollten sich nicht mit den tiefen Löhnen abfinden und sind nun ohne Vertrag. Nüssli gibt heute zu: «Das war ein Fehler. Wir hätten die Tagesmütter und die Eltern früher informieren müssen.»
Stiftung Tagesheime kündigte Knall auf Fall
Nüssli räumt ein, dass die Hauruckübung sehr unglücklich gelaufen sei, nimmt aber auch die Stiftung Tagesheime in die Verantwortung. Diese war bis Ende 2015 für die Tagesmütter zuständig, jetzt ist es die Gemeinde.
Laut Nüssli kam das so: Der Gemeinderat wollte für das Jahr 2017 eine Neuorganisation der Tagesmütter aufgleisen. «Doch dann hat die Stiftung Tagesheime die Leistungsvereinbarung bereits per Ende 2015 gekündigt», sagt Nüssli. Die Verwaltung habe nur vier Monate Zeit gehabt, um eine neue Lösung zu suchen. «Wir standen unter Zeitruck.»
Stiftung und Gemeinderat streiten um Geld
Hintergrund des Fiaskos ist ein Streit zwischen dem Gemeinderat und der Stiftung Tagesheime. Ende Jahr war herausgekommen, dass der Gemeinderat der Stiftung in den letzten vier Jahren eine Million Franken zu viel bezahlt hatte. Nun untersucht die Geschäftsprüfungskommission die Situation.
Die fehlende Million kommt zum unpassendsten Zeitpunkt: Allschwil schreibt rote Zahlen und muss sparen. Der Gemeinderat beschloss deshalb, die Organisation der Tagesmütter selber zu übernehmen.
Ab Oktober gelten tiefere Löhne
Davon betroffen sind auch die privaten Tagesheime. Auch sie stehen ohne Leistungsvereinbarung da. An der Einwohnerratssitzung vom 18. Mai präsentiert der Gemeinderat dem Parlament eine Übergangslösung.
Per 1. Oktober soll es eine definitive Lösung für die Tageseltern und die privaten Tagesheime geben. Die Löhne der Tagesmütter werden dann endgültig auf 8.95 Franken gekürzt.