«Zum Hochzeitstag von Hedy und Otti» steht in Schönschreibeschrift auf der ersten, vergilbten Buchseite, und darunter: «Die kluge Frau aufs Kochen sich versteht, da die Liebe durch den Magen geht.»
Schwer verdaulich, da hilft auch der Blick auf das Datum der Publikation wenig: Die «Goldene Kochfibel» von «Frau Rosa Graf, Haushaltungslehrerin» wurde erstmals im August 1947 veröffentlicht und ist gute 800 Seiten dick. «Altbewährtes und Neues» wird darin versprochen, und das für alle Bereiche einer «richtigen und sparsamen» Haushaltung.
Zu den gepriesenen technischen Neuerungen zählt etwa der Kühlschrank (Preis: 600.– bis 700.– Franken), «der Traum mancher Hausfrau» in Mietshäusern mit vielen Stockwerken:
«Wie schätzt es in diesen Verhältnissen die Hausfrau, wenn sie wegen Kleinigkeiten nicht ein paar Treppen in den Keller gehen muss.»
Und wer jetzt findet, dass hier gar viel von «der Hausfrau» die Rede ist, muss gleich noch einmal schwer schlucken: Das Rollenmuster gilt auch für die Erziehung des weiblichen Nachwuchses, wie der beispielhafte «Ämtlizettel» zeigt. «Wie käme [die Hausfrau] all ihren Pflichten nach, wenn ihr nicht die ganze Kinderschar schon früh behilflich wäre.» Die Namen der Kinder: Elsbeth, Margrit und Vreneli.
Und was stand denn nun 1947 auf dem Speiseplan? Bestimmt nicht die 50 Kilogramm Fleisch pro Kopf und Jahr, die wir uns heute gewohnt sind – Réduit kommt nicht umsonst von reduzieren. Der «Einfache Speisezettel für jede Jahreszeit» sah nur für ein, zwei Wochentage Tierisches vor, zumeist Reste vom sonntäglichen Braten.
Die Not der Kriegsjahre galt als Tugend:
«Zur Zeit der Fleischrationierung ist es uns bewusst geworden, dass das Fleisch viel besser reicht, wenn es mit reichlich und dem passenden Gemüse aufgetragen wird.»
Aber selbstverständlich nicht zu festlichen Anlässen. Nicht am Hochzeitstag, wenn die Liebe durch den Verdauungstrakt des Göttergatten geht, nicht an einem Geburtstag oder zu Silvester, am Vorabend des Schweizer Wirtschaftswunders: Da durfte, musste es mehr sein.
Den folgenden Foodporn aus der «Goldenen Kochfibel» präsentieren wir in glorreichen, handkolorierten «Vierfarbenbildern». En Guete und es guets Neus!