Obwohl die Zahl der beanstandeten Fleischproben stetig zunimmt, dürfen die Kunden in Basel nicht wissen, welche Beiz unsauber arbeitet. Eine Änderung des Lebensmittelgesetzes hängt in der Warteschleife. Im Kanton Zug und im Ausland herrscht mehr Transparenz.
Im Berliner Bezirk Pankow kennt man das System seit 2009, in Dänemark seit zehn Jahren: Smiley-Aufkleber an jeder Beiz, die anzeigen, wie die letzten Lebensmittelkontrollen ausgefallen sind.
In Basel dürfen die Restaurants die Hygienevorschriften verletzen, ohne dass der Kunde etwas davon weiss – dabei würden die Mundwinkel hiesiger Smileys tief nach unten hängen.
Jede zweite Probe unsauber
Fast die Hälfte aller kontrollierten Fleischproben sind mit Keimen oder Bakterien belastet. Diese Werte hat das Basler Kantonslabor am Montag veröffentlicht. Damit zeichnet sich ein Trend ab, der aufhorchen lässt: Seit fünf Jahren steigen die Zahlen der beanstandeten Fleischprodukte an. 2007 wiesen noch 30 Prozent aller Proben sogenannte Verderbniskeime auf gekochtem Fleisch nach. 2011 sind es 43 Prozent. 39 Basler Restaurants arbeiten demnach unsauber oder lassen bereits zubereitetes Fleisch solange stehen, bis wieder Leben darauf gedeiht.
Erklärungen für die hohe Zahl an Beanstandungen hat das Labor noch nicht. Man warte erst die Ergebnisse aus den anderen Kantonen ab, sagt Peter Brodmann, Leiter der Abteilung Bioanalytik. Dann lasse sich im Vergleich feststellen, ob der Kanton Basel-Stadt aus der Reihe fällt. Konsequenzen müssen die fehlbaren Beizen keine befürchten. Erst wenn Übertretungen der Hygienevorschriften als gesundheitsgefährdend eingestuft werden, droht die Schliessung eines Betriebs.
Auf das Bauchgefühl gestellt
Dass man sich als Basler bei der Wahl des Restaurants nur aufs Bauchgefühl verlassen kann und nicht auf den Gemütszustand von Indikatorensmileys, liegt daran, dass die Namen der fehlbaren Betriebe nicht veröffentlicht werden dürfen, da sie unter das Amtsgeheimnis fallen.
Der Pranger könnte aber kommen. Eine Änderung des Lebensmittelgesetzes ist in Arbeit; zwei Varianten werden diskutiert. Die verbindlichere sieht vor, dass alle Restaurants ihre Beurteilung aushängen müssen. Die schwächere lässt dem Kunden zumindest die Möglichkeit, in der Baiz nachfragen zu dürfen. Allerdings steht auch noch eine dritte Option im Raum: Das Festhalten am Status quo.
Vorläufig wird sich in der Angelegenheit sowieso nichts tun: Basel wartet wie die meisten Kantone auf eine Bundeslösung, die vom Bundesrat erarbeitet wurde und noch durch die Räte gehen muss.
Nur Zug handelt
Einzig der Kanton Zug ist tätig geworden und hat 2010 einen Hygieneausweis eingeführt – allerdings auf freiwilliger Basis. Auf die meisten Zuger Gaststätten hat diese Massnahme keinen Eindruck gemacht. Nur 20 Prozent der Beizen hängen laut Auskunft des Kantonslabors die Zertifikate aus. Die Zahl der Beanstandungen ist bisher nur minim zurückgegangen. Angst vor der Transparenz haben ausgerechnet die Grossverteiler und deren Restaurants: Migros und Coop lehnen den Ausweis ab.
Werden die Restaurants aber zur Offenlegung gezwungen, kann das die Gastronomie durchaus positiv verändern. In Dänemark, sagt Poul Ottosen, der Vater des Systems, habe sich ein Wettbewerb um die besten Bewertungen mit entsprechenden Resultaten entwickelt.