Die Kunstmesse Art öffnet für das Publikum die Tore. Zum letzten Mal mit dabei ist die Crew des Milchhändlerverbandes mit ihren Verpflegungsständen «Milk & More». Die Messe wirft sie nach 67-jähriger Zusammenarbeit raus, obwohl alle rundum mit dem Angebot zufrieden waren.
Die Urkunde hängt nur noch ein paar Tage: Auf dieser dankt die Messe dem Milchhändlerverband Basel und Umgebung für fünfzig Jahre Treue. «Für diese Treue gebührt Dank und Anerkennung.» Unterschrieben vom Verwaltungsratspräsident und CEO, der damals noch Direktionspräsident hiess. Das war 1996. Doch jetzt ist es vorbei mit dieser Treue: statt Dank und Anerkennung gab es von der Messe die Kündigung. Nach 67-jähriger Zusammenarbeit.
Das wollten die Milchhändler, die mit zwei Ständen «Milk & More» jedes Jahr Tausende von Messebesuchern verpflegen, nicht auf sich sitzen lassen. Sie haben deshalb die von der Messe per 31. Dezember 2012 ausgesprochene Kündigung angefochten, in der Hoffnung, damit ein letztes Druckmittel in die Hand zu bekommen.
Die Kündigung bekamen alle
Hintergrund ist die Verpflichtung der Münchner Cateringfirma Käfer. Die von der Messe ausgewählte Verpflegungsfirma mit erlesenen Preisen, scheint denn auch hervorragend zur Glitzerwelt der Vorzeigemesse Baselworld zu passen. International standardisierte Verpflegung für ein internationales Publikum. Die deutsche Firma hat längst einen Basler Ableger gegründet: Käfer Schweiz. Offenbar konnte die Firma aber in Basel noch nicht so recht Fuss fassen. Denn als deren Adresse ist auch vier Jahre nach der Gründung im Handelsregister immer noch eine c/o-Adresse bei einem Basler Anwaltsbüro eingetragen.
Käfer Schweiz übernahm von der Messe im Jahr 2011 den Auftrag für das Catering auf dem Messe- und Kongressplatz Basel. Um die Effizienz und Qualität der Messegastronomie zu steigern, sei diese einem einzigen professionellen Partner übertragen worden, so die Messe. Statt der früher zahlreichen kleinen Unternehmen, Vereinen und Genossenschaften gebe es damit nur noch einen Ansprechpartner, «was die Abstimmung der Angebote auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der verschiedenen Messen beziehungsweise Kunden wesentlich vereinfacht.» Allen anderen Gastronomiebetreibern schickte die Messe die Kündigung, etwa dem Grottino Ticinese und eben auch dem Milchhändlerverband.
Der Messe lag offenbar nichts an den Milchhändlern
Nachdem ihnen die Messe gekündet hatte, versuchten die Milchhändler mit dem neuen Chef auf dem Platz, der Firma Käfer, zu verhandeln und baten um einen Untermietvertrag. Gemäss Walo Zimmermann, Vorstandsmitglied des Milchhändlerverbandes, folgten zahlreiche Gespräche mit der Messeleitung und der Firma Käfer. Ohne Ergebnis. Der Geschäfsführer der Firma Käfer habe jedoch mehrfach durchblicken lassen, dass die Messe einem Untermietvertrag im Wege stehe, deshalb seien ihm die Hände gebunden.
Diese Darstellung bestreitet die Firma Käfer: Ein Untermietvertrag sei mit dem Milchhändlerverband «in keiner Weise konkret besprochen worden.» Es gebe dazu auch keine schriftliche Korrespondenz. Käfer habe vielmehr mit der Messe Schweiz einen Vertrag abgeschlossen, in welchem nur zwei künftige Untermieter «thematisiert» wurden: Gastronomie Eiche und Backwarenspezialist Wacker & Schwob, nicht aber die Milchhändler. Der Messe lag offensichtlich wenig an einer weiteren Zusammenarbeit mit diesem, sonst hätte sie dies im Vertrag mit Käfer genauso festhalten können.
Nach 67 Jahren Zusammenarbeit traf man sich vor der Schlichtungsstelle
Einen Tag vor dem Gerichtstermin schlossen die Messe und die Milchhändler doch noch einen Vergleich. Die Milchhändler akzeptierten die definitive Kündigung sechs Monate nach dem eigentlichen Termin auf Ende Juni 2013. Als Gegenleistung sicherte die Messe den Milchhändlern schriftlich zu, dass sie einem Untermietvertrag zwischen ihnen und Käfer Schweiz zustimmen würde.
Die Milchhändler feierten schon die Kehrtwende der Messe. Schliesslich hatte die Firma Käfer immer signalisiert, die Messe wolle keine weiteren Unterverträge zulassen. Doch war die Zusicherung der MCH nicht einmal das Papier wert, auf welchem der Vergleich festgehalten wurde. Denn in Tat und Wahrheit hatte die Messe damit gar kein Zugeständnis gemacht, sondern nur bestätigt, was sowieso im Vertrag mit Käfer stand: «Käfer Schweiz ist aufgrund des Vertrags berechtigt Untermietverträge mit anderen Restaurant-Betreibern abzuschliessen. Der Entscheid über den Abschluss von Untermietverträgen liegt bei der Käfer Schweiz AG», schreibt die Messe in einer Stellungnahme der TagesWoche.
Doch Käfer Schweiz beschied dem Präsidenten des Milchhändlerverbandes und ehemaligen FC-Basel-Spieler, Alex Wirth, die Milchhändler hätten mit der Anfechtung der Kündigung die Übernahme der Infrastruktur durch Käfer um sechs Monate verzögert. Käfer habe deshalb bereits einen «erheblichen Umsatzverlust zu verzeichnen.» Deswegen komme ein Untermietvertrag nicht in Frage.
Abgekartetes Spiel?
«Das war von Anfang an ein abgekartetes Spiel», sagt Walo Zimmermann vom Milchhändlerverband. Mit ihren beiden Ständen erzielten die Milchhändler ein paar Hunderttausend Franken Umsatz pro Jahr, Käfer hingegen habe Millionen in die Messeverpflegung investiert. Zimmermann war stolz, frisch vor Ort hergestellte Produkte zu einem «fairen Preis-, Leistungsverhältnis» anbieten zu können. Das kleinste Sandwich kostete bei ihm zum Beispiel 4 Franken 50. Käfer bietet an der diesjährigen Art Sandwiches für mehr als das Doppelte an und ein Chäschüechli kostet 8.50, eine Kalbsbratwurst 10.50. Gegenüber der TagesWoche bekräftigte Käfer Schweiz, dass man die beiden Stände von «Milk & More» weiter betreiben und damit das Gesamtangebot mit einer «bunten Palette an Schweizer Produkten im Selfservice abrunden wolle» – allerdings ohne den Milchhändlerverband.
Walo Zimmermann und seinem Team bleibt jetzt nur noch, sich während der Art von ihrer Kundschaft zu verabschieden. «Für uns ist es deshalb besonders bitter, weil wir nichts falsch gemacht haben. Im Gegenteil: Besucher und Aussteller verteilten uns Bestnoten. Da tut es weh, wenn man nach einer so langen und guten Zeit trotzdem rausgeworfen wird.»