Seit 90 Jahren: Turnen und Sport an der Universität Basel

Basel war die erste Stadt, die an der Hochschule einen Turnlehrerkurs anbot. Seit 1922 hat sich in der Ausbildung einiges verändert.

Verbindung von Theorie und Praxis: mit dem Laptop in die Turnhalle. (Bild: Keystone)

Basel war die erste Stadt, die an der Hochschule einen Turnlehrerkurs anbot. Seit 1922 hat sich in der Ausbildung einiges verändert.

Basel ist eine Stadt des Sports, nicht nur wegen des FC Basel. Auch wegen Pionierleistungen im Bereich des Schulturnens und der Ausbildung von Turnlehrern. Bereits im Jahr 1852 führte Basel als erster Kanton «Knabenturnen» als obligatorisches Schulfach ein. Und 1922 konnte am Rheinknie erstmals in der Schweiz ein Turnlehrerkurs an einer Hochschule angeboten werden – ohne zuvor zugesicherte finanzielle Unterstützung des Bundes. Und rund 15 Jahre vor der ETH Zürich.

Das heutige Institut für Sport und Sportwissenschaften (ISSW) war gegründet. Die Oberleitung übernahm Robert Flatt (1863–1955), und August Frei (1874–1962) war für die Ausbildung zuständig. Ein Jahr lang zwei Nachmittage pro Woche turnen, dazu Anatomie und Physiologie büffeln – so sah es der Lehrplan damals vor. Das Eidgenössische Militärdepartement anerkannte die Ausbildung schon zwei Jahre später: Bis 2005 wurden die Eidgenössische Turn- und Sportlehrerdiplome (I und II) noch verliehen.

Für eine akademische Anerkennung und eine angemessene Integration der Turnlehrerkurse in die Universität setzte sich zwischen 1957 und 1983 Fritz Pieth ein, doch sein Einsatz verpuffte allzu oft. Als Rolf Ehrsam übernommen hatte, wurde es nicht einfacher, und Pieths Einsatz wäre beinahe ganz umsonst gewesen. Zweimal sollte in den späteren Jahren das damalige Institut für Sport der Pädagogischen Hochschule angliedert werden. Erst 2002 wurde das ISSW vollwertig in die Medizinische Fakultät aufgenommen. Mit ermöglicht wurde dieser Schritt durch den neuen Finanzausgleich: Der Kanton übernahm vom Bund die Verantwortung über die Sportlehrerausbildung.

Drittmittel steigen auf 1,3 Millionen Franken

Ein erstaunlicher Wandel von der klassischen Ausbildungsstätte zur Lehr- und Forschungseinrichtung setzte ein: Vor 15 Jahren zählte das ISSW drei Vollzeitstellen, nun sind es rund 40. 2007 brachte das Institut 26 Publikationen heraus, 2010 über 70. Die jährlich generierten Drittmittel stiegen in den letzten fünf Jahren von 150 000 auf 1,3 Millionen Franken – Tendenz steigend. Seit Mitte der Neunzigerjahre schrieben sich immer mehr Studierende am ISSW ein (vergleiche Grafik), und 2013 sollen neben den zwei bestehenden zwei weitere Professuren geschaffen werden.

Die theoriegeleitete Praxisausbildung ist am ISSW nach wie vor wichtig. Doch in den letzten Jahren hat sich die Akademisierung der Sportwissenschaft am Institut nochmals intensiviert (vergleiche Interview mit Uwe Pühse). Heute bietet das ISSW einen Bachelor und Master in «Exercise and Health Sciences» sowie einen Bachelor und Master in «Sports Sciences» mit ausserfakultärem Zweitfach an. Seit vier Jahren kann am ISSW auch promoviert werden: Zurzeit werden elf Doktorierende beschäftigt.

Gesucht wird ein neuer Standort

Das Institut, das momentan auf drei Orte beim ­St.-Jakob-Areal verteilt ist, platzt aus allen Nähten. Ein neuer Standort, an dem alles unter einem Dach vereinigt werden soll, wird gesucht: «Sinnvollerweise bleiben wir hier beim St.-Jakob-Areal mit seinen exzellenten Sportanlagen», sagt Pühse, «und dabei gerne auf Baselbieter Boden. Aber das sind politische Entscheide, da mischen wir uns nicht ein.» Es wird Zuversicht ausgestrahlt am ISSW. Die Zeit der Rechtfertigungen scheint vorbei – das setzt Energien frei.

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 27.01.12

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