Ein Coop-Gebäude verwandelt sich in eine Primarschule. Dies geht unter anderem aus dem Bebauungsplan Volta Nord hervor, der nun aufliegt. Auf dem Lysbüchel-Areal soll ein Mix aus Gewerbe und Wohnraum entstehen. Kritik daran kommt erneut vom Gewerbeverband.
Das Lysbüchel steht vor grossen Umwälzungen: Bis zu 3400 neue Arbeitsplätze und Wohnraum für rund 2000 Leute sollen in diesem neuen Stadtteil nahe der französischen Grenze untergebracht werden. Die Planungsauflage für den Bebauungsplan Volta Nord liegt nun vor.
Noch ist das Areal zwischen Elsässerstrasse, Schlachthof und Bahnlinie eine Industrie- und Gewerbezone. Das wird sich nun ändern. «Das St. Johann soll weiter nach Norden entwickelt werden», sagt Kantonsbaumeister Beat Aeberhard. Dabei teilen sich drei Player den Kuchen: Die Stiftung Habitat, Immobilien Basel-Stadt (IBS) und die SBB werden das Areal bebauen. Arbeiten im Norden, Wohnen im Süden: So lässt sich das Konzept für das künftige Quartier grob zusammenfassen.
SBB wehren sich gegen den Vertreibungsvorwurf
Für Diskussionsstoff haben bis anhin vor allem die Projekte für diejenigen Lysbüchel-Parzellen gesorgt, die im Besitz der SBB sind. Diese möchten einerseits im nördlichen Teil davon eine reine Industrie- und Gewerbezone. Im Süden sollen hingegen Wohnungen entstehen, dazwischen als Puffer eine Übergangszone für den Dienstleistungssektor. In einer ersten Phase werden im nördlichen Lysbüchel 2020 die Bagger auffahren, vier Jahre später dann auch in der geplanten Mischzone.
Schon im Vorfeld sind die SBB deswegen ins Kreuzfeuer der Kritik geraten. So bemängeln etwa Wirtschaftsverbände, dass durch die Wohnungspläne das laute Gewerbe vertrieben werde. Jürg Stöckli, Leiter der SBB Immobilien wehrt sich gegen diesen Vorwurf: «Das Gegenteil ist der Fall.» Wie er ausführt, sollen dort nicht nur 700 Leute wohnen, sondern auch rund 2000 Arbeitsplätze auf den besagten Parzellen unterkommen. Die Wirtschaftsverbände bangen hingegen um das laute Gewerbe, das sich in ihren Augen mit den SBB-Wohnungen beisst. Wie Stöckli bestätigt, sei man mit den entsprechenden Firmen, deren Verträge auslaufen, in Verhandlung: Das Recyclingunternehmen Schmoll AG wird in den Norden des Areals umziehen müssen.
Vom Coop-Verteilzentrum zum Klassenzimmer: Das Erziehungsdepartement will das Gebäude voraussichtlich im Jahr 2021 als neue Primarschule eröffnen. (Bild: Michel Schultheiss)
Bedenken gab es im Vorfeld auch wegen einer möglichen Lastwagenzufahrt beim Voltahaus. Dazu lancierten Anwohner und Politiker letztes Jahr eine Petition. Beat Aeberhard versichert jedoch, dass es weder Durchgangsverkehr noch Schwerverkehr von Süden her geben wird.
Ein städtebaulicher Gemischtwarenladen
Aus dem Süden des Lysbüchels wird Anfang 2017 das Coop-Verteilzentrum wegziehen. Das Areal wurde 2013 vom Kanton und der Stiftung Habitat erworben. Letztere will laut Angaben von Geschäftsführer Klaus Hubmann rund 300 Wohnungen schaffen. Im Kuchenstück der IBS sollen Büros, Wohnungen, Handwerker, Kultur und eine Primarschule ihren Platz finden. Wie Beat Aeberhard festhält, soll mit dieser Verdichtung eine langjährige Brache vermieden werden.
Dementsprechend verspricht IBS eine sofortige Nutzung nach dem Coop-Wegzug und plant einen städtebaulichen Gemischtwarenladen: Kleingewerbe wie Coiffeursalons in den Erdgeschossen, Neubauten mit Wohnungen sowie ein öffentlicher Platz als neues Quartierzentrum stehen auf dem Programm. Dabei werden teilweise auch bestehende Gebäude weitergenutzt. Die ersten Bewohner würden frühestens im Jahr 2020 ins Lysbüchel einziehen. «Gewerbe und Wohnen sollen sich in der Waage halten», sagt IBS-Geschäftsleiter Rolf Borner.
Coop wird zur Primarschule
Dabei werden teilweise bestehende Gebäude weitergenutzt. Das Coop-Gebäude 215 an der Elsässerstrasse soll sich etwa sowohl für gewerbliche wie auch kulturelle Nutzungen anbieten. Gleich nebenan wird das Gebäude 209 voraussichtlich in zwei bis drei Jahren zu einer Primarschule umgebaut. Thomas Riedtmann, Bereichsleiter Zentrale Dienste beim Erziehungsdepartement, betont die Notwendigkeit einer neuen Schule im Quartier: Raum für zwölf neue Klassen werde benötigt.
Die Suche nach einem neuen Standort war nicht einfach: Die Erweiterung des Voltaschulhauses erwies sich als problematisch – nicht nur wegen des Widerstands der Anwohner, die sich für den Verbleib der Wasserstrassehäuser wehrten, sondern auch aus Platzgründen. Das neue Schulhaus im Lysbüchel wird im Jahr 2021 bereit sein. «Dass das Schulhaus vor dem Wohnen kommt, ist in Basel wohl eine Premiere», sagt Riedtmann. Zuvor wird aber ein Provisorium benötigt, da bereits für das Schuljahr 2017/18 dringend Klassenzimmer geschaffen werden müssen. Für diese Übergangslösung hat das ED die Voltamatte oder den Tschudi-Park im Visier.
Gewerbeverband gegen weitere Wohnungen
Der Bebauungsplan, der bis Ende August aufliegen wird, beruht auf einem politischen Grundsatzentscheid. Der Gewerbeverband reagiert bereits und hält an seiner Position fest. «Trotz der schönen Worte ist und bleibt das Lysbüchel in der Realität für Wohnnutzungen völlig ungeeignet», sagt Gewerbeverband-Sprecher David Weber.
Wie Regierungsrat Hans-Peter Wessels hingegen festhält, müsse die Wohnraumentwicklung mit dem Wachstum der Stadt Schritt halten. Als realistisches Szenario nennt er ein Wachstum um 30’000 Arbeitsplätze und 20’000 Einwohner bis 2035. Um an mehr Wohnraum zu kommen und den Pendlerverkehr einzudämmen, sieht er in Brachen und stark unternutzten Arealen grosses Potenzial: Nebst dem Hafen, Klybeck, Wolf, Walkeweg und Dreispitz sei dies auch bei Volta Nord der Fall.