Wirtin kämpft für eine neue «Alte Schmitti»

Andrea Strähl, Beizerin der Kleinbasler «Alte Schmitti», wollte das Milieu aus ihrer Bar vertreiben und ein Eventlokal machen. Jetzt wurde ihr gekündigt.

Andrea Strähl geriet mit der Übernahme der «Alte Schmitti» in eine Grauzone im Milieu, gegen die sie nun mit einer Konzeptänderung ankämpft. (Bild: Hans-Jörg Walter)

Andrea Strähl, Beizerin der Kleinbasler «Alte Schmitti», wollte das Milieu aus ihrer Bar vertreiben und ein Eventlokal machen. Jetzt wurde ihr gekündigt.

Es klingt gut. «Die Kontaktbar im Rotlichtbezirk vom Kleinbasel lädt zum Sehen und Gesehenwerden ein.» So wirbt Basel Tourismus auf der Website für eine der Bars, in der Frauen ihre Körper anbieten. Sie wird als Nightlife-Highlight dargestellt und in einem Atemzug mit dem «Atlantis» und der Bar im «Trois Rois» genannt. Und tatsächlich: Wer in einer Rotlichtbar einkehrt, sieht halbnackte Frauen und ahnt, dass diese nicht wegen des Feierabendbiers dort sitzen. Was aber hinter den Kulissen läuft, bleibt für normale Besucher geheim. 

Auch Beizerin Andrea Strähl (40) wusste bis vor zwei Jahren nicht so genau, wie Kontaktbars funktionieren — und übernahm die Kleinbasler «Zer alte Schmitti» (keine Website). Die Bar war früher In-Place für junge Leute, heute gehört sie zum Milieu. Ihr sei nicht bewusst gewesen, dass sie sich in einer Grauzone und teilweise in der Illegalität bewegen werde, sagt Strähl. Bis an einem Abend vor anderthalb Jahren.

Wirtin musste Geld eintreiben

Gut ein Dutzend Polizisten in Vollmontur kamen in die Bar. Sie nahmen die Frauen mit und zeigten die Wirtin wegen «Förderung der Prostitution» an. Die Frauen befanden sich illegal im Land, die Prostitutionsförderung wurde damit begründet, dass Andrea Strähl involviert war in die Zimmervermittlung in den oberen Stockwerken. Zimmer, in denen die Frauen zu zweit lebten und arbeiteten. Wenn kein Freier da war, schauten sie im Bett Fernsehserien. Andrea Strähl hatte ihnen Fernseher, Schränke und neue Matrazen gekauft. Sie hatte den Schimmel von den Wänden entfernt und die Heizung zum Laufen gebracht. Alles auf ihre Kosten. «Die Frauen taten mir leid», sagt sie. «Ich wollte eigentlich gar kein Etablissement betreiben.»

Doch dafür war es zu spät. Sie hatte eingewilligt, bei den Frauen den Mietzins einzutreiben und diesen den Hausbesitzern Bernhard Thommen und Roger Naegeli zu übergeben. Insgesamt 8000 Franken Miete für die beiden Stockwerke mit vergammelten Bädern und löchrigen Wänden. Einen Mietvertrag für diesen Teil des Hauses hatte Strähl nicht – sie kümmerte sich bloss darum, weil es die Besitzer verlangten. Nachdem die «Schmitti» wegen der Razzia Schlagzeilen machte, legte ihr Bernhard Thommen zusätzlich zum Beizenvertrag einen Mietvertrag für die Zimmer vor. Thommens Firma Vorest AG betreibt mehrere solcher Etablissements, so auch das «Klingental». Die «Schmitti» gehört ihm privat. Von Strähl verlangte er ab sofort 18 000 Franken Miete fürs ganze Haus. Sie unterschrieb den Vertrag nicht.

Frauen weg – Gäste weg

Bis vor Kurzem lief die Beiz gut. 2000 Franken Umsatz an einem Samstag war normal. Und hätte Andrea Strähl den zusätzlichen Mietvertrag unterschrieben und die Frauen gewähren lassen, müsste sie sich kaum um die Zukunft «ihrer» Beiz sorgen. Doch das Metier ist ihr zuwider, weshalb sie keine Frauen, die gehen wollten, aufhielt – und sich auch nicht um «Nachschub» kümmerte.
Strähl will aus der «Alte Schmitti» das machen, was die Bar einmal war: eine normale Beiz. «Mit Prostitution will ich nichts mehr zu tun haben.» Momentan ist der Laden oft leer. Die Freier kommen nicht mehr, weil die Frauen weg sind. Umgekehrt weiss das «normale» Publikum nicht, dass die «Schmitti» keine Kontaktbar mehr ist. Man könnte sagen: Das ist alles nur eine Frage der Zeit. Aber die Zeit ist Strähls zweites Problem.

Die Hausbesitzer haben der Wirtin den Mietvertrag per September 2013 gekündigt. Gründe gaben sie keine an. Auch gegenüber der TagesWoche äus­serte sich Thommen nicht dazu. Strähls Anwalt Christoph Dumartheray hat die Kündigung nun angefochten. Er spricht von einer «Rachekündigung». Andrea Strähl will die Bar behalten, weiss aber: «Ohne Milieu kann ich keine 18 000 Franken zahlen.» Probieren werde sie es trotzdem.

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 15.03.13

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