Bevor die neue Dauerausstellung eröffnet wird: Ein Blick zurück auf die Zeiten, als es im Naturhistorischen Museum Vogelstimmen auf Knopfdruck gab – bis sich herausstellte, dass der Raum asbestverseucht war. Auch der Dino auf zwei Beinen musste das Museum verlassen – dies aber aus anderen Gründen.
Die sonore Stimme des Sprechers liegt vielleicht noch manchem in den Ohren: «Der Buntspecht», schallte es durch den Raum, gefolgt von einem Trommeln. Ob Nachtigall, Waldkauz, Ringeltaube oder Pirol: Auf Knopfdruck zwitscherte, heulte, gurrte oder flötete es durch den Ausstellungsraum. Die Vitrinen mit den Präparaten wirkten vielleicht bereits etwas angegraut.
Egal: Die Vogelstimmen aus der Dauerausstellung «Fink & Star» retteten wohl während über 30 Jahren so manchen verregneten Sonntagnachmittag. Nach Belieben konnte dort jeder Dreikäsehoch herumdrücken und dem Gesang der gefiederten Wesen lauschen.
Ein Teil der Präparate wird am 29. Juni zurückkehren – allerdings nicht mehr singend. Die neue Dauerausstellung «Schauplatz Natur» funktioniert nach einem anderen Konzept. (Bild: Mark Niedermann)
Die Dauerausstellung wurde im Jahr 1979 eingerichtet. Alles, was in der Schweiz, im Elsass und in Südbaden herumflattert, war hinter den Vitrinen zu sehen – und zu hören.
Nach einer langen Pause heisst es nun wieder «Alle Vögel sind schon da»: Am 29. Juni wird die Vernissage für die neue Dauerausstellung «Schauplatz Natur» eröffnet. Auch Säugetiere und Mineralien der Schweiz werden dort zu bestaunen sein. Die Vögel bleiben hingegen stumm. Dafür verspricht das Museum aber verschiedene interaktive Stationen.
(Bild: Mark Niedermann)
Asbest verscheuchte die Vögel
Der Grund für die lange Abwesenheit der Tiere und Gesteine: In den Siebzigerjahren wurde bei baulichen Massnahmen Spritzasbest eingesetzt. Vor allem als Brandschutz bei den Zwischenböden und hinter den Vitrinen kam dieser zum Einsatz. Aufgrund der verschärften Richtlinien des «Forum Asbest Schweiz» wurden vor ein paar Jahren insgesamt zwei Fünftel aller Ausstellungsräume in mehreren Etappen saniert. Einzelne Räume wurden ganz umgebaut.
Im Januar 2011 wurde «Fink & Star» geschlossen, ebenso die Dauerausstellungen mit den einheimischen Säugetieren und Mineralien. Auch die exotischen Vögel im obersten Stock («Kolibri & Kakadu») kamen an die Reihe.
(Bild: Mark Niedermann)
In den einstigen Ausstellungsräumen der einheimischen Vögel befindet sich seit 2015 die Garderobe mit einem Picknickraum für Schulklassen. Die einstigen Sammlungsobjekte werden aber ein Comeback feiern: «Thematisch sind die einheimischen Tiere, unter ihnen auch die Vögel, wieder Teil einer neuen Dauerausstellung», sagt Yvonne Barmettler, Beauftragte für Öffentlichkeitsarbeit beim Naturhistorischen Museum. «Die Objekte wurden gereinigt und von allfälligen Schädlingen befreit».
Ein Museum im Wandel
Weder ein nostalgisches «Früher war als alles besser» noch ein Belächeln des angestaubten Museums alter Schule sind angebracht. Wie Yvonne Barmettler betont, ist die Ausstellungshistorie im Kontext der sich wandelnden Erwartungen an ein Museum zu sehen: «Der Rundum-Bildungsanspruch mit umfangreichen Texttafeln an den Wänden ist heute nicht mehr üblich.» Zudem fasse man Museumsbesuche heute nicht mehr nur als reine Bildungsausflüge, sondern auch als Erlebnisse und anregende Freizeitbeschäftigung auf.
Die neuen Medien sollen dabei als Ergänzung dienen, sind aber kein Ersatz für die Präparate: «Die Objekte stehen immer noch im Zentrum», sagt Barmettler. Das verdeutliche auch die neue Dauerausstellung, die mehrere Hundert Objekte zeige, sagt sie.
Als der Plateosaurus im Jahr 2003 das Museum verliess: Der Urzeit-Riese, welcher vermutlich eher auf allen Vieren unterwegs war, durfte auf zwei Beinen in Richtung Kirschgarten stapfen. (Bild: Arnd Sturm)
So standen einst im obersten Stock Nashörner, Antilopen und Robben dicht beieinander. Der Saal mit den Tieren schaffte es auch in eines der Mundart-Märchen mit Rolf Schächteli, wo die Tiere plötzlich zu sprechen beginnen.
Eine Auswahl davon ist heute in die Dauerausstellung «Quagga & Dodo» integriert. Diese stellt mit klimatisch optimalen Bedingungen für die wertvollen Objekte sicher, dass sie nicht in der Sammlung verschwinden müssen. Exotische Tiere, die man lebendig im Zoo bestaunen kann, wollte der Direktor Christian Meyer nicht mehr prominent ausstellen und lieber ausgestorbene und bedrohte Spezies in den Fokus rücken. Eine Ausnahme ist wohl noch immer die beliebte Giraffe, auf die der Besucher weiterhin unerwartet im Treppenhaus trifft.
Die Dino-Ausstellung aus den Siebzigerjahren entsprach im Laufe der Zeit nicht mehr dem wissenschaftlichen Stand. Daher wurde 2004 ein neues Ausstellungskonzept realisiert. (Bild: Arnd Sturm)
Der wissenschaftlich überholte Dino
Wer sich an das «Museum von damals» zurückerinnert, dürfte nebst den Vogelstimmen und den grossen Säugetieren auch noch ein anderes Highlight in Erinnerung haben: Der Plateosaurus, der in der Dino-Abteilung mit erhobenen Pranken und mit geöffnetem Maul auf die Besucher herunterstarrte. Dass dieser sich aus dem Museumsbau von Melchior Berri verabschieden musste, lag jedoch nicht am Asbest: Die Dino-Ausstellung von 1970 entsprach einfach nicht mehr dem wissenschaftlichen Stand über die Urzeit-Echsen. So war etwa den Paläontologen längst bekannt, dass der Plateosaurus nicht nur auf den Hinterbeinen gelaufen ist. Daher wurde die neue Dino-Ausstellung von 2004 nach einem neuen Konzept gestaltet. Auch dort ist eine Plateosaurier-Rekonstruktion zu sehen – allerdings auf allen vier Beinen.
Der Saurier, welcher das Männchen macht, ist jedoch noch nicht ganz ausgestorben: Er wurde 2003 an das Gymnasium Kirschgarten verschenkt. Schüler begleiteten den Saurier aus dem Museum. Inzwischen wurde er ins Gym Leonhard gezügelt.