Vor einer Woche wurde in New York ein Gemälde, das von Leonardo da Vinci stammen soll, für 450 Millionen Dollar versteigert. Ein hirnrissiger Betrag, darüber sind sich alle Kunstfachleute einig.
Was hat das mit Basel zu tun?
Nichts eigentlich. Aber auch in Basel wird und wurde Kunst zu horrenden Preisen gehandelt und verkauft. Nicht nur während der Kunstmesse Art Basel.
Anfang 2015 sorgte der Verkauf des Gauguin-Gemäldes «Nafea» für kolportierte 300 Millionen Dollar weltweit für Schlagzeilen. Und Kopfschütteln in Fachkreisen.
Plötzlich waren die Staechelin-Leihgaben alle weg
Dieses Kunstmarktereignis hat mit Basel sehr viel zu tun. Verkäufer war der Basler Rudolf Staechelin; das Gemälde war als Leihgabe jahrzehntelang eines der Highlights des Kunstmuseums Basel. Staechelin zog damals nicht nur den verkauften Gauguin, sondern auch den Restbestand des Staechelinschen Family trust mit Gemälden von Picasso, van Gogh und Cézanne aus dem Museum ab.
Nicht abziehen konnte er die beiden Picasso-Meisterwerke «Arlequin assis» und «Les deux frères». Weil sie nicht mehr der Familie gehörten.
1967 waren die berühmten Picassos Teil des Staechelinschen Familienbesitzes, der damals noch viel reichhaltiger war als heute. Und wie sich die Geschichte so gerne wiederholt: Staechelins Onkel Peter, der nach dem Konkurs seiner Charter-Fluggesellschaft Globe Air auf Schulden in Millionenhöhe sass, wollte die beiden im Kunstmuseum deponierten Gemälde verkaufen.
Dies war der Startschuss für eine Ereignisreihe, die Basel weltweit in die Schlagzeilen brachte und die heute noch als schillerndes Aushängeschild für den einzigartigen Kunstsinn der Basler Bürger gehandelt wird.
Picasso war so berührt, dass er dem Kunstmuseum vier Werke schenkte. Mäzenin Maja Sacher legte noch eines oben drauf.
Basel wollte die Bilder um jeden Preis behalten. Die Familienstiftung bot die beiden Bilder für 8,4 Millionen Franken zum Kauf an – es sollen Angebote aus den USA in der Höhe von 11 Millionen vorgelegen haben. Und der Kanton biss an. Die Regierung beantragte einen Ankaufskredit von sechs Millionen Franken, der vom Grossen Rat mit überwältigendem Mehr bewilligt wurde. Den Rest sollten private Spender einbringen.
2,4 Millionen Franken an Spendengeldern
Spenden allein reichte aber nicht. Weil ein parteiloser Garagist das Referendum ergriff, musste der Ankaufskredit an einer Volksabstimmung abgesegnet werden – was bestens gelang. Und auch die 2,4 Millionen Franken an Spendengeldern liessen sich auftreiben. Dafür organisierten Basler Bürger am 25. November 1967 das berühmte Bettlerfest. Halb Basel bettelte und spendete, bis das Geld zusammen war.
Picasso höchstpersönlich war darob so berührt, dass er dem Kunstmuseum gleich vier Werke schenkte. Die Mäzenin Maja Sacher legte noch eines oben drauf. Damit avancierten der melancholische Harlekin und die beiden blutten Buben auf Leinwand zu Kultwerken.
1967 war es eine horrende Summe auf einem Kunstmarkt, der eben noch nicht eskaliert war.
So weit das legendäre Ereignis, das Basel in der Kunstwelt berühmt machte. Und gleichzeitig auch berüchtigt. Denn nicht alle mochten in den frenetischen Applaus einstimmen. Ein Artikel im Wirtschaftsteil der «Zeit» aus dem Jahr 1968 berichtete besorgt über eine «Eskalation der Kunstpreise».
Das mag angesichts von 8,4 Millionen Franken heute seltsam klingen. Doch 1967 war es eine horrende Summe auf einem Kunstmarkt, der eben noch nicht eskaliert war.
Es waren damals aber die mit Abstand höchsten Preise, die für Picasso-Werke bezahlt worden waren. «‹Les deux frères› und ‹Arlequin assis› sind über Nacht zum Symbol für die Kunstbegeisterung des Kantons Basel-Stadt und darüber hinaus zu stummen Zeugen eines Preistaumels geworden, wie ihn der Kunstmarkt seit 1754 nicht mehr erlebt hat», schrieb die «Zeit».
Es war ein Preistaumel, der sich bekanntlich nicht mehr stoppen liess. Bis zu den 450 Millionen Dollar für den Da Vinci oder den 300 Millionen, die Staechelin für seinen Gauguin erzielte. In diesem Fall kam in Basel aber niemand mehr auf die Idee, ein Bettlerfest zu organisieren.