Auftakt zur Artwoche: Vom Kunstmuseum über die Liste zum Art Parcours

Mit der Art gehts ja eigentlich erst am Donnerstag wirklich los. Aber weil schon am Montag verrückt viel los ist, haben wir uns bereits auf die nassen Socken gemacht.

«Cabra-Cega / Blind Man’s Bluff» (2016) von Rivane Neuenschwander.

Ja, auch das gibt es auch in der Woche der wichtigsten, internationalsten und teuersten Kunstmesse der Welt: Kunst für das Volk. Zumindest für den Teil, der sich für zeitgenössische Positionen und künstlerische Überraschungen interessiert. Aber «schade fürs Geld» brauchen auch die anderen nicht zu sagen, denn diese Kunst ist gratis zu besichtigen. Für alle.

Die Rede ist vom Art Parcours, den die Messe Art Basel als ein Zeichen des Goodwills (oder auch aus schlechtem Gewissen heraus?) für die Basler Bevölkerung organisiert.

Kuratiert wird der seit einigen Jahren von Samuel Leuenberger, der bewiesen hat, dass er ein gutes Näschen dafür hat, öffentliche und auch normalerweise nicht öffentliche Räume mit Kunst zu bespielen – zum Teil mit Werken hochkarätiger Künstler.

Grund genug, vom Gedränge, das mich von der Preview der Kunstmesse Liste fernhält, an den Münsterplatz zu entfliehen, wo einen gleich zu Beginn ein Schreckmoment erwartet.

Und hoppla, liegt die junge Frau am Boden.

Da betrete ich also den Info-Pavillon mitten auf dem Platz, um mir die Broschüre zum Parcours zu holen. Doch nach einem kurzen Blickkontakt fällt die junge Frau, die den Pavillon hütet, zu Boden. Das ist aber nur Teil eines performativen Auftakts – zum Glück. Denn die Frau ist nicht in Ohnmacht gefallen, sondern in einen tranceartigen Zustand, in dem sie, verkrümmt am Boden liegend, das Statement des Kurators aus sich herausstammelt: 22 ortsspezifische künstlerische Werke würden alternative gesellschaftliche und politische Begegnungen in der Stadt schaffen…

Es hat zu tröpfeln begonnen (jetzt ganz Echt-Natur vom Himmel herab), zum Glück finden die ersten dieser Begegnungen indoor statt. Im Museum der Kulturen, wo der Künstler Simon Starling ortsgerecht eine Art pseudeo-ethnografische Kunstwelt erschaffen hat: mit Paravents aus dunklem Marmor, Masken und Lichtern.

Kritzel-Trash-Metal-Kriegsspielereien

Weiter gehts im Naturhistorischen Museum, wo eine Kritzel-Trash-Metal-Installation von Rivane Neuenschwander mit audiovisuellen Blitzen auf einen hereinprasselt. Eine höchst aufgeregte Sache, wie Kinder, die auf Speed Krieg spielen. Viel Erholung bietet dagegen nicht weit davon entfernt die Videoinstallation «An Invitation to Disappear» von Julian Carrière: Auf Liegen kann man sich, soundmässig getragen von einem transzendenten Rave-Set, durch die nebelverhangenen Baumreihen einer Palmölplantage führen lassen, die mit der Zeit aber zunehmend beklemmend wirkt.

Indoor war gut. Wieder draussen, ist aus dem leichten Nieselregen ein prasselnder Regen geworden. Und ausgerechnet jetzt stünden die ersten Outdoor-Installationen an. Gratis ist ja gut, aber nicht bei jedem Wetter. Also geht mein Parcours erst morgen weiter. Dann, wenn die Messe Art Basel ihre Tore der Reihe nach für die ganz, ganz fest (First Choice) und für die nicht ganz so fest Auserwählten (Preview) öffnet.

Black Madonna als Ikone der afroamerikanischen Kultur

Das Kunstmuseum Basel hat die Stunde vor der Liste Preview dazu genutzt, die Ausstellung «Black Madonna» des afroamerikanischen Künstlers Theaster Gates zu präsentieren. Es ist eine aussergewöhnliche Schau, die sich über das titelgebende Thema der religiösen, gesellschaftlichen und kulturellen Emanzipationsgeschichte der afroamerikanischen Bevölkerung annähert: mit zum Teil kolorierten Prints aus Lifestyle-Magazinen, Installationen und Plastiken.

Gates entpuppt sich dabei als Archivar und Archäologe der jüngeren Kulturgeschichte, und seine Arbeit reicht über den engeren Kunstkontext hinaus. So wird der aussergewöhnliche Künstler auch mit Performances und musikalischen Acts in Erscheinung treten, ein Buch drucken (live im Museum für Gegenwartskunst) – und am 24. Juni überdies eine Predigt im Basler Münster halten.

«Black Madonna» ist eine ausgesprochen spannende und überraschende Ausstellung, die man nicht verpassen sollte.

Art Parcours. Bis 17. Juni rund um den Münsterplatz.

Theaster Gates: «Black Madonna». Bis 21. Oktober 2018 im Kunstmuseum Basel – Neubau und Museum für Gegenwartskunst.

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