Die Leiterin der Basler Kaserne blickt auf zahlreiche kulturelle Highlights zurück: von der Architekturbiennale in Venedig bis zum Objekttheater von Benjamin Verdonck. Der albernste Trend, der Schlewitt 2014 aufgefallen ist: Dass wir Menschen ständig auf die Displays unserer Handys schauen.
1. Was war Ihr kulturelles Highlight 2014?
Neben unserem eigenem Programm, dessen Fan ich natürlich bin, gab es viele andere Highlights, von denen ich hier nur einige aufzählen kann: die Fundamentals von Rem Koolhaas, das Hotel «Shabby Shabby» bei Theater der Welt in Berlin, die wunderbare Objekttheatervorstellung «notallwhowanderarelost» des belgischen Künstlers Benjamin Verdonck – ein kleines Juwel, das leider nicht mehr ins Theaterfestival gepasst hat, auch die Landschaft des Bergell, die ich zum ersten Mal kennengelernt habe, der Film «Mr. Turner», der sich alle Zeit der Welt genommen hat, der Dokumentarroman «Secondhand-Zeit», in dem Swetlana Alexijewitsch ehemalige Sowjetbürger zu Wort kommen lässt, die mit ihren Erzählungen einen riesigen Teppich der Geschichte der Sowjetzeit und Post-Sowjetzeit entstehen lassen.
2. Der kulturelle Tiefpunkt 2014?
Das kommt ganz darauf an, wo man die Kultur ansetzt: Ich habe den Eindruck, dass das Jahr 2014 ein extremes Jahr bewaffneter Auseinandersetzungen und Konflikte weltweit war. Diese Situation ist beunruhigend und mich beschäftigt die Frage, wie mit den Konflikten so umgegangen werden kann, dass sie nicht das Leben so vieler Menschen aufs Spiel setzen. Diese Kultur der Konfliktbearbeitung ist sehr schwierig, wie wir immer wieder sehen. Eine weitere Frage ist dann, wie wir mit den Folgen der Konflikte umgehen können. In der Aufführung «FRONTex SECURITY» von Hans-Werner Kroesinger beim Theaterfestival wurde die Frage ins Publikum gestellt: «Was glauben Sie denn, was passiert, wenn man die Grenze einfach aufmacht?»
3. Der albernste Trend 2014?
Der Blick aufs Handy im Sekundentakt – überall zu beobachten, im Zug, im Tram, in Geschäften, bei Sitzungen, an der Bar. Ich selber nehme mich da nicht aus. Die leicht gebückte Rückenhaltung, Kopf nach unten, vereinzelte Wesen – das lässt uns schon manchmal sehr schräg aussehen.
4. Was haben Sie verpasst?
Ich fand es im Nachhinein doch schade, dass ich zum 25-Jahr-Jubiläum des Mauerfalls nicht in Berlin war. Ich hätte gern mit ein paar Freunden in einer Kneipe zusammengesessen und über die damaligen Zeiten geredet, auch wenn das jetzt ziemlich nostalgisch klingt.
5. Haben Sie etwas vermisst?
Ich vermisse die Gespräche mit verstorbenen Freunden und Wegbegleitern.
6. Hat Sie etwas positiv überrascht?
Die deutliche Ablehnung der Ecopop-Initiative. Ich habe nach der Zuwanderungsinitiative mit dem Schlimmsten gerechnet. Die Koffer hatte ich allerdings noch nicht gepackt.
7. Ihr grösster Fehler im 2014?
Den einen grössten Fehler kann ich nicht benennen. Fehler gehören zum Leben, auch wenn man sich über eigene und die anderer Menschen ärgert. Es gibt immer wieder Momente, in denen ich rückblickend feststelle, was ich anders hätte machen können. In bestimmten Situationen sage ich das nicht nur mir, sondern auch meinem Gegenüber.
8. Ihr Jahr in einem Lied zusammengefasst?
Mein persönlicher Hit in diesem Jahr ist das Album «Bad Gastein» von Friedrich Liechtenstein. Diese Lieder und Texte kann ich immer wieder hören. Sie wirken vordergründig sehr leicht und poppig, aber ich entdecke beim genauen Hinhören viele Zeitschichten und mag den Humor.
9. Ihr Youtube-Video des Jahres?
Ich weiss nicht mehr, wer mir den Link zugespielt hat – mich haben die Szenen beeindruckt.
10. Wofür haben Sie viel Geld ausgegeben – und hat es sich gelohnt?
Ich habe keine grosse Anschaffung gemacht. Ich lade gerne ein, kaufe gerne Geschenke und bin selber in Modesachen begeistert von Basler Labels wie Claudia Güdel, kleinbasel, Matrix und Sabine Lauber. Und wie bereits erwähnt, hat sich der Kurztrip nach Venedig an die Architekturbiennale allemal gelohnt.
11. Worauf freuen Sie sich im 2015?
Auf viele neue Entdeckungen im Theater, im Tanz, in der Musik, im Film (der kommt bei mir leider immer zu kurz!), in der Literatur, in Ausstellungen. Auf Begegnungen, Treffen, Gespräche mit Künstlerinnen und Kollegen, aber auch – ganz wichtig – mit Freunden und mit meiner Familie! Ich freue mich auf den nächsten Frühling und Sommer, wenn wir endlich wieder draussen sitzen können. Und ich freue mich auf das Kasernenprogramm, zu dem hoffentlich viele Besucherinnen und Besucher kommen!
12. Was wären Ihre Wünsche an Basel fürs kommende Jahr?
Dass Basel so offen bleibt, wie es ist – international, kulturell, menschlich.
Dossier: Kulturjahr 2014
Wie haben Kulturschaffende und -interessierte das Jahr 2014 erlebt? Wir haben sie gefragt.