Nein, nein und nochmal nein: Der Vogel Gryff hat mit der Fasnacht nichts zu tun. Nun – eigentlich nichts. Denn viele, die am Kleinbasler Feiertag mitmachen, sind auch bei der Fasnacht mit dabei. Und getrommelt wird auch am Vogel Gryff – abends sogar gepfiffen, wenn die Fasnachtsclique Olympia sich mit ihren goldenen Trommeln, ihren Hüten und schwarzen Anzügen (sowie der etwas überdimensionierten Schisma-Blagedde) als Begleitcombo einreiht.
Den einen oder anderen (Frauen dürfen ja nur zuschauen) wird es also doch etwas gewurmt haben, dass der Vogel Gryff und die Premiere der Vorfasnachtsveranstaltung auf den selben Tag fielen. Wir haben uns für das Charivari entschieden (ohne den Abmarsch der drei Ehrenzeichen zum Abendrundgang und den Endstreich vor dem Hotel Merian verpasst zu haben). Zum Gryffe-Mähli sind die Medien ja eh nicht mehr eingeladen – Details kann man in der Extraausgabe der Zeitung «Vogel Gryff» nachlesen.
Beginnen wir gleich mit dem Fazit: Das Charivari 2018 kommt als solid-vergnügliche und ausgesprochen professionell choreografierte Einstimmung auf die eigentliche Fasnacht daher – mit wenigen Ausnahmen ohne wirklich herausragende Programmpunkte, aber auch ohne grosse Durchhänger. Die rar gesäten politischen Anspielungen und Pointen deuten darauf hin, dass die Programmverantwortlichen unter Erik Julliard offensichtlich nach einem möglichst allgemeinverträglichen Mittelweg gesucht haben.
Brücken-Hopping
Dabei hat man mit dem Motto «Brücken bauen» einen originellen und vielversprechenden Rahmen gewählt. Die Raamestiggli hüpfen von Brücke zu Brücke durchs Rheinknie – jeweils mit einer Symbolfigur, die die Brücke verkörpert. Die Stiggli werden von Colette Studer klug in Szene gesetzt. Dazu kommt, dass im Charivari ein vorzüglich agierendes Ensemble auf der Bühne steht.
Wunderbar zum Beispiel der Soloauftritt von Tatjana Pietropaolo, die ihren Frust darüber rausbrüllen muss, dass sie als stumme Stadttaube «wie die Liftmusik» jeweils nur einen Beitrag zum Ambiente leisten darf. Witzig, aber ohne politischen Biss waren die Auftritte zum Beispiel der Johanniterbrücke als Hipster und der rappenden Dreirosenbrücke.
Schön wäre es, hätte man diesem Ensemble neben situationskomischen Momenten und internen Anspielungen auch noch ein paar knackige politische Pointen in den Mund gelegt. Aber ausser ein paar mehr oder weniger unmotivierte Wessels-Sprüche und ein paar Seitenhiebchen ans Baselbiet war da nichts.
Nur ein Stiggli sticht hier heraus, wenn auch «nur» mit Aufnahmen vom Telefonbeantworter: Herrlich, wie prominente Persönlichkeiten von Guy Morin über -minu und Hans-Peter Wessels bis zu Christoph Blocher (jawohl: der Blocher!) ein hohes Mass an Selbstironie an den Tag gelegt beziehungsweise auf Band gesprochen haben.
Alles in allem war es aber so, dass Mathias Brenneis mit seinem Gastauftritt als Blaggedde-Verkäufer mehr politische Pointen bereit hatte als alle anderen Raamestiggli zusammen.
Zum Glück war da aber noch der Auftritt des Schnitzelbangg Gwäägi. Das auch musikalisch vorzüglich aufgestellte Quintett beweist einmal mehr, dass es zu den herausragenden Formationen gehört.
Neuer Trommelmarsch der alten Schule
Ohne die ganz grosse Überraschung kommt auch der musikalische Teil daher. Dies ist in diesem Fall aber keineswegs als negative Aussage zu werten. Die unverwüstliche Tambourengruppe Ueli 1876 brachte ihren neuen, selber komponierten Marsch «Prinz Carneval» zur Uraufführung. Es ist wohltuend, wie sich dieser Marsch an der traditionellen Basler Trommelliteratur orientiert und sich damit von den technisch abgehobenen Spielereien von Ivan Kym und Co. unterscheidet. Schön ist auch der leicht swingende Groove, der doch eigentlich das Spezielle des Basler Trommelns ausmacht.
Die Stammclique Basler Rolli wiederum schlugen mit ihren Auftritten eine Brücke von der traditionellen zur neuen Fasnachtsmusik. Sie fingen mit einem motiviert vorgetragenen «Dudelsagg» an, liessen mit «Dr Keenig» eine schmissige neue Komposition folgen, bis sich die Trommler der Clique mit dem Solo «Cool Light Sticks» erfolgreich auf dem Showparkett der Trommelartisten Top Secret oder Stickstoff versuchten.
Die speziell fürs Charivari gegründete Pfeifergruppe Spitzbuebe bewies einmal mehr, dass auch Männer das Piccolo-Spiel beherrschen (was zum Beispiel in den Ranglisten des offiziellen Bryspfyffe nicht wirklich seinen Ausdruck findet). Und die Guggemuusig Ohregribler machte unter anderem mit «The Sound of Silence» ihrem Namen (nicht aber dem Stücktitel) alle Ehre.
Glaibasler Charivari im Volkshaus. Bis 3. Februar.