Der Streit um Basslärm geht weiter

Der Verein Kulturstadt Jetzt hat sich bei der Formel zur Berechnung der Dezibelwerte in Clubs getäuscht. Entgegen dem Amt für Umwelt und Energie hält er aber daran fest, dass die Lärmvorschriften ohne gesetzliche Grundlage verschärft worden seien. Auch habe das Amt nicht das Gespräch mit den Veranstaltern gesucht.

Wie laut darf es in Clubs und an Open Airs sein? Bässe sorgen in Basel für rote Köpfe. (Bild: Stefan Erhalder)

Der Verein Kulturstadt Jetzt hat sich bei der Formel zur Berechnung der Dezibelwerte in Clubs getäuscht. Entgegen dem Amt für Umwelt und Energie hält er aber daran fest, dass die Lärmvorschriften ohne gesetzliche Grundlage verschärft worden seien. Auch habe das Amt nicht das Gespräch mit den Veranstaltern gesucht.

Die Diskussion um die Lärmvorschriften in Basler Clubs und an Open-Air-Veranstaltungen bricht nicht ab. Nachdem SP-Grossrätin Kerstin Wenk, die sich auch bei Kulturstadt Jetzt engagiert, am vergangenen Dienstag eine Interpellation eingereicht hatte mit dem Vorwurf, das Amt für Umwelt und Energie (AUE) habe ohne gesetzliche Grundlage neue Bass-Begrenzungen eingeführt, konterte das AUE mit einer Medienmitteilung: «Mit Erstaunen hat die zuständige Behörde für Lärmschutz im Kanton Basel-Stadt die Medienmitteilung von Kulturstadt Jetzt vom 12. Mai 2015 gelesen. Erstaunen deswegen, weil sich in der Bewilligungspraxis bzgl. Lärmschutz im Wesentlichen im Kanton Basel-Stadt nichts verändert hat.»

Dies wiederum bestreitet Kulturstadt Jetzt vehement. Es handle sich bei den Auflagen um eine vom AUE eigenmächtig erlassene Anleitung für Lärmmessungen und -beurteilungen, welche den direkt Betroffenen nicht aktiv kommuniziert worden seien, so der Verein.

AUE-Leiter Matthias Nabholz sieht das anders: «Wir haben keine neue Regelungen eingeführt. Alles ist beim Alten geblieben. Bereits in den 1990er-Jahren gab es in Clubs wie dem ‹Babalabar› Bassbegrenzungen.»

Doch neue Regelungen?

Etwas verwirrend bleibt die Angelegenheit trotzdem. In einem Interview mit «Telebasel» sagte Nabholz am vergangenen Dienstag, dass man die Regelungen der Entwicklung in der Musik in den letzten Jahren habe anpassen müssen. Die Musik sei basslastiger geworden. Demzufolge scheinen die Regelungen also doch erneuert worden zu sein.

Die zulässigen Dezibel-Messwerte für Clubs sind in der nationalen Schall- und Lazerschutzverordnung verankert. Diese beziehen sich allerdings nur auf die sogenannten dB A-Werte. Die Basswerte, dB(C), spielen in dieser Verordnung keine Rolle.

Tatsächlich falsch lagen die Kritiker von Kulturstadt Jetzt bei der Formel zur Berechnung der Dezibelwerte. Sie hatten Anfang Woche moniert, dass die für die Messungen geltende Formel dB(A) – dB(C) = 14 einem Verbot zeitgenössischer elektronischer Musik gleichkomme.

Der A-Wert bezeichnet den Schallpegel, wie er vom menschlichen Gehör wahrgenommen wird und der C-Wert ausschliesslich die Bassfrequenzen. Der maximal zulässige Bass-Wert werde genau umgekehrt berechnet, sagte Nabholz gegenüber «20minuten»: «Das heisst, der Bass-Wert darf tatsächlich bis zu 114 Dezibel betragen.»

Amt und Departementsvorsteher widersprechen sich

Dieser Fehler wird inzwischen vom Verein zugegeben. Falsch sei aber die Aussage des AUE, dass die Regelungen nicht verschärft worden seien, sagt die Basler Veranstalterin Steffie Klär, die auch bei Kulturstadt Jetzt tätig ist. Ebenfalls störe man sich daran, dass die Behörde nicht das Gespräch mit den Clubbetreibern gesucht habe.

Gegenüber der TagesWoche sagte Nabholz am Freitag: «Die Regelung ist nicht neu, darum haben wir die Kulturschaffenden nicht entsprechend informiert. Es handelt sich nur um eine standardisierte Messanleitung für Toningenieure.»

Anlass zu einem anderen Schluss gibt allerdings eine Aussage von Regierungsrat Christoph Brutschin. An einer Podiumsdiskussion des Regionaljournals zum Thema «Clubsterben und leere Innenstadt – Basel, wohin?» im Hotel Les Trois Rois hat Brutschin am vergangenen Montag klar bestätigt: «Wir sind gezwungen neue Betriebe anders zu behandeln als alte.»

Der Verein Kulturstadt Jetzt schreibt in seiner Mitteilung: «Mit diesem Vorgehen desavouiert das Amt den eigenen Departementsvorsteher, der in der Vergangenheit mehrfach den liberalen Vollzug durch seine Amtsstelle beteuert hat.» Der Verein sei aber bereit, Regierungsrat Christoph Brutschin dabei behilflich zu sein, diesen liberalen Vollzug umzusetzen und entsprechende zeitgemässe Gesetzesänderungen anzustreben, «ohne eine ganze Branche durch behördlichen Übereifer zu gefährden».

Am 20. Mai veranstaltet die TagesWoche eine Podiumsdiskussion in der Kaserne mit dem Titel «Basler Clubsterben – viel Lärm um nichts?». Es diskutieren:

Philippe Bischof (Leiter Abt. Kultur, PD)
Stefanie Klär (Co-Präsidentin Kultur + Gastro, Veranstalterin)
Peter Mohler (Leiter Abt. Lärmschutz, WSD)
Mirjam Ballmer (Grossrätin, Kulturstadt Jetzt)
Gregory Brunold (Veranstalter, Nordstern)

Weitere Infos gibt es hier.

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