Wer heute an Gott glaubt, scheint weltfremd zu sein – oder nicht? Corinne Maier hat eine Woche in einem Kloster verbracht und stellt in ihrem Stück «Like a Prayer» die Frage nach dem Glauben neu.
Wie bitte, du glaubst an Gott? Also so richtig? Ojee! Dann bist du aber ganz schön naiv und irgendwie unaufgeklärt. In einer Welt, in der tagtäglich alles bachab geht, kannst du doch nicht an den lieben Gott glauben – oder doch?
Diese Frage nach der Relevanz des Glaubens stellt sich die Basler Regisseurin Corinne Maier in ihrem neuen Stück «Like a Prayer». An was glauben wir? Wie und warum glauben wir? Und wie sieht ein Leben aus, das sich komplett dem Glauben verschrieben hat?
«Anstatt z.b die fünf Weltreligionen auf der Bühne zu untersuchen, entschied ich mich für ein intimeres und vielen unbekanntes Format», erzählt Maier bei einem Treffen im Parterre Basel. Zusammen mit ihren Schauspielern und einem Filmteam besuchte sie für eine Woche das Kloster St. Josef im Schwyzer Muotathal. Dort erlebten sie eindrücklich, was es bedeutet, ein Leben in absoluter Hingabe an Gott zu führen.
«Ich wollte ganz spezifisch diesen kleinen Mikrokosmos Kloster untersuchen und die Frage stellen: Was hat das mit uns zu tun?» Die Nonnen beten täglich mehrmals. Nicht nur um Schutz für sich selbst, sondern für die ganze Welt. «Es faszinierte mich, wie die Schwestern in diesem extrem engen Raum leben und doch so weltoffen sind.»
«Das Kloster spielt eine Rolle für die ganze Welt»
Während des Theaterabends lernen die Zuschauer die sechs Nonnen kennen. Neben den zwei Schauspielern sind sie die Hauptakteure des Stücks und immer wieder in kleinen Filmausschnitten auf grosser Leinwand zu sehen. Sie reden über ihre Aufgaben im Kloster, ihren Glauben und wie sie zu diesem Lebensstil gefunden haben. Die meisten von ihnen durchlebten früh eine Eingebung und wussten schon als Kind, dass sie einmal ins Kloster gehen würden.
«Es war nicht leicht, ihr Vertrauen zu gewinnen», erklärt die Regisseurin. Obwohl das Kloster ein öffentliches Gästehaus hat, war der enge Kontakt mit einem nicht katholischen Filmteam für die Schwestern sehr aussergewöhnlich. «Letztlich haben sie dann aber doch Gefallen daran gefunden, öffentlich über ihren Glauben zu sprechen.» Das Klostertal ist zwar eng und abgeschottet, dennoch ist die Aussenwelt immer präsent – zwar nicht körperlich, aber im Geiste.
«Das Kloster spielt eine Rolle für die ganze Welt», erklärt eine der Schwestern im Video. «Wir beten für alle. Im Geiste bin ich von Serbien bis Syrien überall unterwegs. Würden wir aufhören zu beten, wäre das wie ein Herzstillstand.» Und obwohl das Publikum bei solchen für uns naiven Worten immer wieder laut auflacht, bietet das Stück einen bewegenden Einblick in das Leben von Menschen, die stetig an das Gute glauben.
Szene aus «Like a Prayer» (Bild: Guillaume Musset)
«Like a Prayer» zeigt eine Welt, über die wir so vieles zu wissen glauben, und doch kennen die wenigsten von uns mehr als die üblichen Klischees. Wer heute noch an die Figur des lieben Gottes glaubt, wird oft nicht ganz ernst genommen. Dabei sind die Formen des Glaubens so vielfältig und verschieden, dass selbst im kleinen Kloster St. Josef keine Schwester genau das gleiche glaubt. Jede von ihnen hat einen eigenen Zugang zu Gott und jede spricht ihre Gebete anders, laut, leise oder auch stumm.
Die Klischees verschwimmen
«Glauben ist individuell und persönlich. Es ist schwer, das in Worte zu fassen», sagt Corinne Maier. « Ich kann nicht sagen, an was ich glaube. Es ist für mich ein stetiger Prozess, mit dem ich mich schon lange beschäftige und den es weiter zu entdecken gilt.»
Diese persönliche Entdeckungsreise ist das Hauptthema im Stück. Die beiden Protagonisten, die von ihren Erlebnissen im Kloster berichten, wissen zu Beginn des Stückes selbst nicht wie reagieren, als eine gemeinsame Freundin plötzlich gläubig wird.
Doch während sich die Schauspieler über 75 Minuten immer mehr mit dem Thema auseinandersetzen, scheint plötzlich alles gar nicht mehr so lustig zu sein. Es ist schön und beruhigend, den Schwestern beim stetigen Wiederholen eines Gebetes zuzuhören, während die Klischees von den Weltfremden Nonnen hinter den starken Persönlichkeiten immer mehr verschwimmen.
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«Like a Prayer»: 8. bis 11. April, jeweils 20 Uhr, Kaserne, Klybeckstrasse 1b.