Madrid-Tagebuch: Tout Bâle in España

Tag zwei auf der Reise mit dem Kunstmuseum in Madrid. Die erste offizielle Eröffnung stand an – und dazu reiste auch das offizielle Basel an. Kunst im Wechsel mit Häppchen, so das Motto des Tages.

«Los Dos Hermanos» («Les deux frères») bewachen den Eingang zur Ausstellung im Prado. (Bild: Julian Salinas)

Tag zwei auf der Reise mit dem Kunstmuseum in Madrid. Die erste offizielle Eröffnung stand an – und dazu reiste auch das offizielle Basel an. Kunst im Wechsel mit Häppchen, so das Motto des Tages.

Montagmorgen, die Sonne scheint, es weht ein kühler Wind. Für spanische Verhältnisse mitten in der Nacht (von einem spanischen Journalisten bestätigt) lädt der Prado zur Medienbesichtigung.

9 Uhr: Die schweren Holztüren des Goya-Eingangs des Prado öffnen sich mit einem Knarren für die Medien. An vorderster Front: Nina Zimmer, Kuratorin am Kunstmuseum Basel, zappelt aufgeregt.

9.10 Uhr: Ein Securitycheck wie am Flughafen, Röntgenapparillo für die Taschen, Pässe gezeigt – und da sind sie endlich, «Los Dos Hermanos», wie Picassos «Deux Frères» auf Spanisch heissen. Sie bilden den Auftakt der Ausstellung der zehn Picasso-Gemälde im Herzen des Prado und empfangen, wer durch diese Türen kommt. Und der «Harlequin» eine Stellwand weiter blickt nun auf ein Gemälde von Veronés.



Der «Harlequin» im neuen temporären Heim.

Der «Harlequin» im neuen temporären Heim. (Bild: Karen N. Gerig)


9.30 Uhr: Einmal die Runde gemacht beziehungsweise den Gang abgeschritten. Links und rechts Gemälde von Tizian, Rubens oder Tintoretto, ein Blick in den Nebensaal erhascht Velazquez‘ «Meninas». Die Picassos an Stellwänden dazwischen, wo sie gar nicht wie Fremdkörper wirken, sondern sich wunderbarst einfügen. Darauf angesprochen meint die Medienvertreterin des Prado: «Oh, wir behalten sie gerne!» Und lacht.

Überglücklich zeigt sich auch die Picasso-Spezialistin des Hauses (das selber keinen Picasso besitzt). Sie ist ganz in ihrem Element. Und Nina Zimmer schliesslich ist sehr zufrieden damit, dass den Bildern in der Präsentation kein Dialog aufgezwungen wurde – sondern dem Betrachter freisteht, diesen selber herzustellen.

10.45 Uhr: Szenenwechsel. Zehn Minuten Spaziergang zum Museo Reina Sofia, zur zweiten Medienkonferenz.

11.00 Uhr: Die Medienorientierung sollte beginnen, die Schweizer sitzen pünktlich auf dem Podest. Von rechts nach links: Matthias Hagemann (als Repräsentant der Sammlungen Im Obersteg und Staechelin), Kunstmuseums-Direktor Bernhard Mendes Bürgi, Regierungspräsident Guy Morin. Daneben die drei leeren Plätze der spanischen Vertreter.



Ja, wo sind denn die Spanier bloss?

Ja, wo sind denn die Spanier bloss? (Bild: Karen N. Gerig)


11.13 Uhr: Da sind sie! Die Medienkonferenz beginnt.

11.25 Uhr: Muss kurz aus dem Saal – Hustenanfall. Fünf Minuten später zurück, aber nix verpasst. Viel Blabla, ein kleiner Punkt hervorzuheben: Matthias Hagemann meint gerade, Gauguins «Nafea» reise später an, will das «später» jedoch nicht genauer definieren. Grosse Geheimniskrämerei.

11.52 Uhr: Es dürfen Fragen gestellt werden. Es kommt eine einzige. Sie bezieht sich (natürlich!) auf Staechelin. Antwort von Guy Morin, der die Hoffnung einfach nicht aufzugeben bereit ist: «Die Stadt Basel wäre sehr dankbar, wenn die Sammlung zurückkäme.» Tja. Dem ist nichts hinzuzufügen.

12 Uhr: Kollege Christian Maurer («Blick») und ich treffen auf einen munteren und äusserst zufriedenen Bernhard Mendes Bürgi in der Ausstellung «White Fire», die Werke von Ferdinand Hodler über Gerhard Richter und Max Ernst bis Steve McQueen versammelt. Eine Ausstellung in gänzlich weissen Räumen, die selbst auf alte Bekannte wie Barnett Newmans «White Fire» neues Licht werfen. Sehr schön, wenn auch etwas weniger charmant als im Prado.



Die Ausstellung «White Fire»: Weisse Räume, wunderbare Kunst.

Die Ausstellung «White Fire»: Weisse Räume, wunderbare Kunst. (Bild: Karen N. Gerig)


12.30 Uhr: Im Lift hinauf in den vierten Stock, wo die Werke der Sammlungen Im Obersteg und Staechelin einträchtig nebeneinander hängen. Eine kleine Kabinettausstellung im Vergleich zum Feuerwerk unten – aber ebenso hochkarätig. Warum nur muss man nach Madrid reisen, dass einem das mal wieder auffällt?



13 Uhr: Siesta. Wie sind ja schliesslich in Spanien. Und die verbringt man an einem so wunderschönen Tag am besten hier:



Der Parco del Retiro, eine wunderbare grüne Oase, quasi direkt hinterm Prado.

Der Parco del Retiro, eine wunderbare grüne Oase, quasi direkt hinterm Prado. (Bild: Karen N. Gerig)

18.15 Uhr: Rein in die Highheels, Guy Morin lädt zum Empfang. Damit sich all die Exponenten, die mit diesen Ausstellungen zu tun hatten, mal gemütlich treffen können. Und sie kamen alle, von Basel-Tourismus-Direktor Daniel Egloff über Kulturchef Philippe Bischof bis zu Schaulager-Direktorin Maja Oeri, Tinguely-Museum-Direktor Roland Wetzel und dem Architektenduo Christ & Gantenbein. Ein paar Botschaftsleute aus Madrid und dann natürlich zahlreiche Vertreter der Stiftung Im Obersteg. Es war fast wie in Basel. Nur Rudolf Staechelin fehlte.



Regierungspräsident Guy Morin begrüsst seine Gäste.

Regierungspräsident Guy Morin begrüsst seine Gäste. (Bild: Julian Salinas)

19 Uhr: Apropos Staechelin: Guy Morin gibt es zu – er bleibt ein unverbesserlicher Optimist in Sachen Staechelin. «Wir machen die Tür nicht zu», sagt er. Und hofft also weiter.

20.15 Uhr: Mit den Häppchen im Magen gehts weiter zur offiziellen Eröffnung der Picasso-Ausstellung im Prado. Auf der Treppe drängen sich die Leute, drin ebenso. Einhellige Begeisterung, Philippe Bischof hats fast die Sprache verschlagen. Wir Journalisten werden etwas beneidet, dass wir uns das schon am Morgen ohne grosses Gedränge zu Gemüte führen durften.

20.30 Uhr: Weil das mit dem Gedränge der Kunst nicht gerade hilft, flüchte ich in den Museumsshop. Brauch ja schliesslich noch ein Souvenir. Und finde einen Albrecht Dürer – von Playmobil. Ha! Goya gabs leider nicht.



Albrecht Dürer à la Playmobil. Inklusive Selbstporträt, das sich übrigens im Prado befindet.

Albrecht Dürer à la Playmobil. Inklusive Selbstporträt, das sich übrigens im Prado befindet. (Bild: Karen N. Gerig)

21 Uhr: Das reicht dann mal für heute. Viel Smalltalk, viele Hände geschüttelt, hat Spass gemacht. Und am Dienstag gehts weiter, dann kommt Königin Letizia, die gerade mal eine einzige Ausstellung im Jahr eröffnet, hört man – 2015 also die Kunstmuseums-Schau im Reina Sofia, eine grosse Ehre. Ich muss wohl noch den Hofknicks üben…

_
Teil 3 (der auch der letzte) des Tagebuchs folgt am 18.3.
Das Spanienreisli erfolgt auf Einladung des Basler Kunstmuseums.

Nächster Artikel