Wer in der Nähe eines Clubs wohnt, muss unter Lärm leiden, lautet ein gängiges Argument in der Diskussion um die Lärmvorschriften. Wie gross dieses Leid tatsächlich ist, zeigen die Lärmeinsätze der Basler Polizei.
Die Basler Clubkultur ist unter Druck. Erst ist das Clubsterben in aller Munde, und dann kommen auch noch Bass-Vorschriften hinzu, die die Clubbetreiber und Open-Air-Veranstalter vor Probleme stellen.
Die Behörden auf der anderen Seite sehen sich als Schutzpatrone der lärmbelästigten Anwohnerinnen und Anwohner: «Ich bin auch dafür, dass Konzerte stattfinden können, aber ich muss auch im Interesse der Bevölkerung in der Nachbarschaft der Clubs handeln», sagte Matthias Nabholz, Leiter des Amts für Umwelt und Energie an der Podiumsdiskussion der TagesWoche zum Thema «Clubsterben – viel Lärm um nichts?».
Die Frage drängt sich also auf: Wie stark leiden die Anwohnerinnen und Anwohner wirklich unter den Clubs?
Eine Antwort darauf geben Lärmklagen. Anhand von 31 Clubs wollten wir von der Polizei wissen, wie viele Lärmklagen dort im Jahr 2014 eingegangen sind. Die Tabelle zeigt, dass die Lärmeinsätze bei diesen 31 Clubs nur einen geringen Teil sämtlicher Lärmeinsätze der Polizei ausmachen.
Bei insgesamt 1472 Lärmklagen kam es zu 204 Lärmeinsätzen im 100-Meter-Umkreis eines Clubs. Das sind 14 Prozent aller Lärmeinsätze im Jahr 2014. Doch Lärm ist diffus und eine klare Zuordnung nicht immer einfach. Kommt der Lärm tatsächlich aus einem Club? Oder sind es betrunkene Passanten, die grölend durch die Strassen poltern? Oder ruft jemand bei der Polizei an, weil es bei seinem Nachbarn zu laut ist?
Das sind zu viele Lärmquellen für einen eindeutigen Verursacher. Sollte der Club als solcher ausgemacht werden, müsste man sich die Lärmklagen anschauen, welche die Polizei direkt zu einer Clubadresse ausrücken liessen. Das war 2014 insgesamt 68-mal der Fall – bei weniger als 5 Prozent sämtlicher Lärmeinsätze. Doch auch da gilt: «Die Lärmeinsätze an einer bestimmten Adresse sagen noch nichts über deren Ursache aus.» Das sagt Martin Schütz, Mediensprecher des Justiz- und Sicherheitsdepartements.
Wie wenige Lärmklagen direkt mit einer Clubadresse zu tun haben, zeigt Ihnen die folgende Karte, wenn Sie den Schieber nach links ziehen. Die Karte setzt die Lärmklagen bei den Clubadressen ins Verhältnis zu allen Lärmklagen in der Stadt.
Betrifft eine Lärmklage eine Clubadresse und geht es um zu laute Musik, so würde man meinen, der Fall sei klar. Doch der Eindruck täuscht auch hier. Konkret ist die Polizei 42-mal wegen zu lauter Musik zu einer Clubadresse ausgerückt, das heisst bei gerade mal 3 Prozent aller Lärmeinsätze.
Doch ob diese Einsätze tatsächlich mit zu lauter Musik aus den Clubs zu tun hatten, kann Schütz nicht genau sagen. Es sei durchaus möglich, dass der Musiklärm bei jenen Einsätzen im Jahr 2014 auch mal aus den oberen Stockwerken desselben Gebäudes und nicht aus dem Club gekommen sei. Musiklärm aus Clubs ist demnach bei noch weniger als 3 Prozent der Einsätze tatsächlich das Problem.
Kaum Einsätze bei Open Airs
Auch während Freiluftveranstaltungen wie dem Open Air Basel oder dem Kulturfloss kommt es übrigens laut Schütz kaum zu Lärmeinsätzen. Im Jahr 2014 war es lediglich einer, und dieser war im Umkreis von 150 Metern während des Open Airs Basel.
In Bezug auf die dargestellten Zahlen gibt Schütz aber zu bedenken, dass nicht alle Reklamationen im Einsatzleitsystem erfasst werden. Lärmklagen können auch direkt bei der Polizeiwache vorgebracht werden. Im Fall des Open Airs Basel gingen laut Claraposten vier Lärmklagen ein. Trotzdem ist das Fazit eindeutig: «Das Problem mit dem Lärm ist nicht so dramatisch, wie man häufig meint», sagt Schütz. Die Zahlen seien zwar nur eine Momentaufnahme, doch zurzeit lasse sich aus Sicht der Kantonspolizei feststellen, dass lärmmässig kein grosses Problem bestehe.
_
Die Lärmklagen grafisch dargestellt zum Download auf der Basel Karte: Lärmklagen insgesamt / Lärmklagen direkt bei Clubadressen / Lärmklagen direkt bei Clubadressen nur Musik.