Das Gemälde zeigt die dramatische Szene eines Ritters im Kampf mit einem bösen Zauberer, der neben ihm auf dem Boden ausgestreckt liegt. Ängstlich und hoffnungsvoll zugleich klammert sich eine holde junge Frau an ihn, während im Hintergrund Geister von Untoten dem Ganzen beiwohnen.
«Percival befreit Belisane aus der Bezauberung durch Urma», nannte der Schweizer Maler Johann Heinrich Füssli sein 1783 in London geschaffenes Bild. Bevor sie nun nachschlagen, um welche Sequenz der Parzival-Sage es sich hier handelt: Sie existiert nur in diesem Bild. Füssli hat sie erfunden, um die bei ihm beliebten Bildprotagonisten zur dramatischen Szenerie zu vereinigen.
Der grosse Effekthascher
Füssli ist der grosse Effekthascher in der Malerei des 18. und 19. Jahrhunderts. Und so präsentiert ihn das Kunstmuseum Basel in der grossangelegten monografischen Ausstellung denn auch. Darauf deutet bereits der Titel hin: «Füssli – Drama und Theater».
Weitherum bekannt ist vor allem ein Gemälde: «Der Nachtmahr», in dem eine schlafende junge Frau von unheimlichen Wesen heimgesucht wird. Dieses Bild, von denen es mehrere Versionen gibt, ist in der Ausstellung zu sehen. Für einmal spielt es aber nur eine Nebenrolle.
In der Hauptsache zeigt das Museum Füsslis Umgang mit antiken Mythen und literarischen Stoffen, mit denen er in London konfrontiert war. Der Maler war fasziniert von den Epen Homers, den Dramen von Shakespeare und den Texten von John Milton und dichtete diese quasi mit dem Pinsel in der Hand weiter. Dabei konzentrierte er sich konsequent auf die schauerlichsten Sequenzen in diesen Werken.
So begegnen uns in den Bildern unter anderem die dem Wahnsinn verfallene Lady Macbeth, das schreckliche Zusammentreffen Hamlets mit dem Geist seines Vaters, die Vertreibung Satans aus dem Paradies und die grauenvolle Durchfahrt Odysseus‘ zwischen Skylla und Charybdis. Auch die drei Ur-Eidgenossen beim Rütlischwur präsentieren sich nicht in erster Linie als erhabenes Trio, sondern als furchterregende und zu allem entschlossene Kämpfer.
Der Autodidakt Füssli hat sich seinen Platz in der Kunstgeschichte nicht als begnadeter Techniker geschaffen. Die Gesten und Gesichter der Figuren bleiben typisiert. Ihm ging es vielmehr um Effekte, um das Spektakel und um erregende Stimmungen. Die Figuren werden auf dem Höhepunkt einer dramatischen Zuspitzung gezeigt, am Rande des Wahnsinns und der Verzweiflung (oder bereits mitten drin), im Moment des Sterbens.
Manche der Bilder erinnern auf den ersten Blick an Cover von Groschenromanen oder an Illustrationen von Horrorgeschichten (wofür sie tatsächlich auch Verwendung fanden). Aber sie sind so reich an dramatischem Ausdruck, die Lichtregie ist so faszinierend, dass man hier von grosser Kunst sprechen kann. Darauf deuten auch die Namen der Museen hin, die auf der Liste der Leihgeber fungieren: Louvre und Tate London sind nur zwei von vielen bedeutenden Namen.
Es ist allerdings auch Kunst aus längst vergangenen Tagen. Stellt man sich eine Shakespeare-Szene in der Art von Füsslis Darstellung heute auf der Bühne vor, überfällt einen das nackte Grauen.
Trotzdem hat sich das Kunstmuseum für diese Ausstellung zu einer Zusammenarbeit mit dem Theater Basel zusammengetan. Zu einer sehr gelungenen, wie in einer Videoinstallation zu sehen ist.
Thom Luz, Hausregisseur am Theater und Spezialist für dramatische Zwischenwelten, hat mit dem Schauspielensemble Füsslis Bilderwelten aus der Sicht des zeitgenössischen Theaters reflektiert. Auf wohltuend hintersinnige Art werden hier die ganz und gar dem bitteren Ernst verhafteten Szenen ironisch gebrochen.
«Füssli – Drama und Theater». 20. Oktober bis 10 Februar 2019 im Kunstmuseum Basel