Der Zürcher Fai Baba spielt einen Blues, der kreischt, giftelt und in einen jaulenden Falsettgesang kippt. Gespenstisch ergreifend.
Diese Stimme bricht wie ein Sonnenstrahl durch eine Nebeldecke herein. Im Zeitlupentempo lässt das Trio die ersten Akkorde kreisen, der Bass kriecht zischend durchs Erdreich, vom Schlagzeug wehen kurze, heftige Windstösse hervor, und die Gitarre lässt einsame Akkorde kreisen, knarrend und knirschend wie altes Holz. Es bleibt naturnah, wenn Fai Baba den Blues spielt.
Dieser Blues hat wenig gemeinsam mit einem stiltypischen Zwölftakter und sucht kaum Anschlüsse an die Tradition des Genres, an die Kreuzwege mit Folk und Country, und kommt nie in Sichtweite der saturierten Behäbigkeit, die das Genre in seinen konservativen Ausprägungen ereilt. Gemütlich ist kaum ein Moment in diesen düsteren, spannungsreichen Klangwolken, die Fai Baba, 27, mit seiner Band herumschiebt.
«Snake Snake» heisst sein zweites, aktuelles Album des Zürchers, erschienen beim Basler Label «A Tree In A Field», und das latente Bedohungsgefühl, das schon im Titel steckt, ist in der Musik verinnerlicht. Da gähnen halldurchwehte Abgründe, gifteln grobe Soundeffekte und klappern rohe Beats und jault die Gitarre manchmal derart grell, als bearbeite man sie mit einer Kreissäge.
Ausbreiten in allen Extremen
Auf der Bühne im spärlich besuchten Rossstall der Kaserne bleibt von der Bandbreite dieses Klangreichtums zwar nicht viel mehr als verschiedene Verzerrungen übrig, dafür verrichtet die Band kraftvolle Schwerarbeit. Bassist Lukas Müller und Schlagzeuger Franck Mottier stabilisieren die oftmals dürren Songs mit ihrem präzisen Spiel, über dem sich der Gesang von Fabian Sigmund – so der offizielle Name Fai Babas – in allen Extremen ausbreiten kann.
Erinnert der versumpfte Blues der Band und die rudimentären Kompositionen an frühere Vertreter des Garage-Blues wie die Jon Spencer Blues Explosion oder, in den hymnischen Momenten, an die Donnerexzesse des Black Rebel Motorcycle Club, bringt Fai Babas Stimme einen ungewohnten Kontrast rein. Diese Stimme ist hoch gelagert und kippt regelmässig ins Falsett, beginnt zu schlendern und verbiegt sich in ein dünnes Jaulen, das in der Intonation dennoch derart spursicher verfährt, dass man Erinnerungen an Thom Yorke im Ohr hat.
Verloren und gepeinigt mäandert die Seele durch die Leere, ohne Halt und sicheren Boden.
Aus dieser Gegensätzlichkeit zwischen dem wild wuchernden Düsterrock und dem subtil-souligen Gesang entwickelt sich eine knisternde Spannung, der nur dann der Boden wegkippt, wenn sich das Trio zu den regelmässigen Instrumentalexzessen aufmacht. Die Verstörungswut der Band lässt den ungesättigten Sound noch ausgehungerter zurück, weil während den gespenstisch kreischenden Gitarrensoli in den tiefen Lagen der Druck wegfällt. Eine etwas breiter abgestützte Liveband würde die kakophonischen Ausbrüche kompensieren, zumal die Virtuosität in diesen Passagen etwas zu kurz kommt.
Allerdings gehört auch das konsequenterweise zum nackten Blues, wie er in der Musik von Fai Baba eingraviert ist: verloren und gepeinigt mäandert die Seele durch die Leere, ohne Halt und sicheren Boden.