Vom aufstrebenden Rapper zum Nobody in Los Angeles: Dieser Basler Musiker setzt alles auf eine Karte

Früher nannte er sich Kuzco und rappte. Benjamin Leuenberger hat den Sprachgesang hinter sich gelassen und will jetzt als Keyboarder in den USA durchstarten. Ein Skype-Gespräch zeigt: Gar nicht mal so einfach.

Ein guter Auftritt macht leider noch keine Karriere: Promobild von Benjamin Leuenberger.

Der Keyboarder klingt oft wie ein Manager, wenn er aus seinem Leben erzählt. Es fallen Wörter wie «Opportunities», «Network-Hustle», oder «relaxter Vibe». Doch was sich in Benjamin Leuenbergers Worten findet, ist nicht BWL, sondern L.A.

Vor zwei Jahren zog es den 27-jährigen Basler weg ins fast 10’000 Kilometer entfernte Hollywood. Wieso er Basel hinter sich liess, klärt er in den ersten Minuten unseres Skype-Gesprächs: «Ich will ein Live-Musiker sein. Und davon leben.»

Die Schweiz zu eng

Musiker war Leuenberger auch schon in der Schweiz. Von Kindesalter an hatte er Klavier gespielt, später setzte er sich für verschiedene Bands ans Keyboard. An der Jazzschule Luzern machte er schliesslich seinen Bachelor in Jazzpiano. Zu dieser Zeit mischte er auch als Rapper Kuzco in der Hip-Hop-Szene mit.

2010 fing er damit an. Fünf Jahre lang reimte er über Schwerverdauliches, über den Eskapismus im Hip-Hop oder jugendliche Lustlosigkeit. Aber auch darüber, dass er der neue grosse Rapper auf dem Schweizer Platz sei – szenetypisches Aufplustern halt. Zwei Releases entstanden zu jener Zeit, mit den Basler Rappern Black Tiger und Fetch. Oder seinem guten Freund und DJ Audio Dope.

2015 sei für Leuenberger der Moment gekommen, an dem er sich entscheiden musste: «Entweder rappe ich jetzt richtig professionell, oder ich höre auf», sagt er. Denn: «Für einen Mundart-Rapper ist die Reichweite extrem begrenzt. Im Prinzip hast du Basel, Zürich, Bern, Luzern – that’s it. Als Keyboarder kann ich theoretisch weltweit Konzerte spielen.»

Benjamin Leuenberger aka. Kuzco bei einem Auftrit 2014 im «Joiz»-Studio:

Man hört es heraus: Leuenberger will viel. Auf jeden Fall mehr, als ihm die Schweiz versprach. Der Basler bekam es mit der künstlerischen Platzangst zu tun.

Dabei lief es eigentlich ordentlich: Ira May, deren Debutalbum «The Spell» an die Spitze der Schweizer Charts sprang, nahm ihn 2014 als Keyboarder mit auf Schweiz-Tournee. «Wir haben an allen grossen Festivals gespielt. Ich hatte einen Taste von der Schweizer Szene. Davon, wie es so ist, wenn man mit einem grösseren Artist spielt. Aber ich bekam das Gefühl, wenn ich das nochmal machen würde, hätte ich ja alles eigentlich schon gesehen.»

Benjamin «Keys» Leuenberger setzte sich als Sechsjähriger zum ersten Mal an ein Instrument. Das war ein Schlagzeug und ihm dann doch etwas zu «trocken». Also nahm der heute 27-Jährige Klavierunterricht. Er spielte sich erst durch die Jazzschule Luzern, dann mit Ira May durch die Schweiz. Gleichzeitig machte er sich als Kuzco in der Schweizer Rap-Szene einen Namen. Bis er 2016 alles auf eine Karte setzte und mit seinem Keyboard nach Los Angeles zog.

Zurück auf Start in L.A.

Der junge Basler wollte ins Ausland. Und er wollte (und will) Popmusiker sein – Pop und R’n’B seien schon immer sein «Ding» gewesen. «Und da hast du eigentlich nur drei Möglichkeiten: London, New York oder Los Angeles», meint er.

Benjamin Leuenberger oder «Keys», wie sich der Keyboarder nennt, setzte den Finger auf Kalifornien. Ein Jahr studierte er am Musicians Institute in Hollywood, machte dort einen weiteren Abschluss. Das dafür benötigte Geld stammte von privaten Stiftungen in der Schweiz.

Auf die Schule folgte die Arbeit: Leuenberger musste Konzerte spielen. Gar nicht so einfach, so ganz ohne Netzwerk. «Du musst rausgehen, an Jam-Sessions. Am besten jeden Abend. Und mit den Leuten, die du kennenlernst, in Kontakt bleiben», erzählt er.

Clubs abklappern ist deswegen heute sein Türklinkenputzen, Instagram seine Visitenkarte. Leuenberger erlebt L.A.s Musikszene als schnell und frech. Aber auch als knallhart.

Fünf Abende pro Woche ist der Basler unterwegs. Am Tag koordiniert er die verschiedenen Gigs oder probt mit den Bands. «Das gehört dazu. Wenn du am Abend gerne zu Hause vor dem Fernseher sitzt, ist es sicher nicht der richtige Job für dich», sagt er. «Und so klischeemässig das auch klingt: Ich lebe hier meinen Traum, und das gehört halt zum Traum-Leben dazu.»

Wer zu spät kommt, wird ersetzt

Leuenberger ist gewiss nicht der einzige, der seinem Traum bis nach L.A. nachjagt. «Die Stadt wird ständig durchgespült von Künstlern», bestätigt er. Viele Gesichter würden nach kurzer Zeit wieder verschwinden oder besser gesagt: ersetzt.

«Klar, die Konkurrenz ist riesig. Aber du hast auch riesige Opportunities. Du musst einfach versuchen, sie zu packen. Aber sie sind auf jeden Fall da.» Damit diese nicht entwischen, sei ein professioneller Umgang notwendig. «Pünktlichkeit ist zum Beispiel extrem wichtig, noch viel stärker als in der Schweiz.»

Wenn man bei einer Probe zu spät komme, erfahre man über Instagram vom nächsten Gig – mit einem anderen Keyboarder. «Niemand ‹entlässt› dich, du wirst einfach nicht mehr angerufen. Denn hinter dir warten fünf andere, die den Job machen wollen.»

Der Keyboarder bei einem Live-Auftritt von 2017 in L.A.:

Bereut hat Leuenberger seinen Wegzug aus Basel nie. Klar, er vermisse Familie und Freunde. «Es wäre für mich aber viel schlimmer gewesen, in der Schweiz zu bleiben und den Schritt ins Ausland nicht mindestens versucht zu haben.»

So, wie Leuenberger erzählt, ist sein Start in Hollywood geglückt. Mit den Konzerten komme er gut über die Runden – von den berüchtigten Clubs am Sunset Strip habe er die meisten durch. Ausserdem spiele er noch an Firmen-Events und Hochzeiten. Und an Sonntagen in der Kirche. «Das machen hier lustigerweise fast alle jungen Musiker. In den Kirchen ist Gospel wichtig. Deshalb sind viele hier auch so talentiert in diesem Bereich.»

Auch wenn der Keyboarder seinen Traum in mancher Hinsicht schon lebe, sieht er noch ordentlich Luft nach oben: «Auf Tour zu gehen mit Bruno Mars wäre absolut genial», so Leuenberger.

Ab nächsten Frühling wird er wohl mit dem amerikanischen Newcomer Ollie Gabriel durch die USA ziehen. Der hat zwar noch nicht ganz das Format eines Bruno Mars, aber es ist ein solider Anfang. Jetzt einfach nicht zu spät kommen.

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