Was wären die hiesigen Häuser ohne Leihgaben und Schenkungen? Drei Beispiele für die Verbindung von Privatsammlungen und öffentlichen Institutionen: Museum Faesch, Sammlung Im Obersteg und Sammlung Basler Mission.
Das Museum Faesch
Per Gerichtsbeschluss einverleibt: Doppelbildnis des Jacob Meyer zum Hasen und seiner Frau Dorothea Kannengiesser von Hans Holbein d. J. aus dem Museum Faesch (Bild: Kunstmuseum Basel)
So sehr die Basler Museen stets vom grosszügigen Bürgersinn profitieren konnten, selbstverständlich war dieser nie. Das zeigte sich bereits bei der Gründung der ältesten öffentlichen Kunstsammlung Europas, dem Amerbach-Kabinett. Der Urbestand des Hauses sollte im 17. Jahrhundert nämlich verkauft werden. Der Rat der Stadt und die Universität mussten 1661 die stattliche Summe von 9000 Reichstalern aufwerfen, um die Sammlung in Basel zu halten.
Einer, der sich damals vehement für den Kauf der Sammlung einsetzte, war der Rechtsgelehrte Remigius Faesch (1595–1667). Faesch hatte eine eigene Kunst- und Wunderkammer aufgebaut, die in ihrer Bedeutung dem Amerbach-Kabinett nur wenig nachstand. Die Gemälde und Zeichnungen von Holbein, Cranach und Witz sowie weitere kunsthistorische Schätze machen heute einen gewichtigen Teil des Altmeister-Kernbestands des Kunstmuseums aus und bereichern auch die Dauerausstellung im Historischen Museum. Trotzdem ist die Sammlung, die den Namen «Museum Faesch» trägt, als solche weit weniger bekannt.
Das dürfte nicht zuletzt daran liegen, dass sich die Basler Universität die Sammlung auf wenig rühmliche Art und Weise einverleibt hatte. Der Sammlungsbegründer hatte testamentarisch festgehalten, dass das Konvolut in Familienbesitz verbleibt, so lange ein Nachkomme mit Juristen-Doktortitel die Sammlung betreuen könne. 1823 sah die Universität ihre Chance, der Familie die Sammlung abzuluchsen.
Der damalige Sammlungsbetreuer Johann Jakob Faesch war zwar Jurist, hatte aber keinen Doktortitel. Dies konnte man ihm schwerlich zum Vorwurf machen, weil die Universität damals gar nicht in der Lage war, juristische Promotionen vorzunehmen. Während die erste Gerichtsinstanz noch zugunsten der Familie entschied, fällte das Appellationsgericht das Urteil, dass das «Museum Faesch» der Familie entzogen werden und in den Besitz der Universität übergehen sollte. Das Gericht schob sogar die Tatsache beiseite, dass der Museumsleiter Faesch in der Zwischenzeit in Freiburg i. Br. den Doktortitel erlangt hatte.
Sammlung Im Obersteg
«Der Jude in Rot»: eines der drei kapitalen Bildnisse alter Juden von Marc Chagall, die als Deposita der Stiftung Im Obersteg im Kunstmuseum zu sehen sind. (Bild: Stiftung Im Obersteg / © 2015 ProLitteris)
«Reiche sollen ruhig reicher werden», titelte die «Frankfurter Allgemeine Zeitung», als im Sommer 2002 bekannt wurde, dass die Sammlung Im Obersteg als Dauerleihgabe an das Kunstmuseum Basel gehe. Um die Sammlung mit knapp 200 Werken – nicht wenige darunter von Weltrang – hatte sich auch das Kunstmuseum Bern beworben, das damals den Auszug der Klee-Stiftung verkraften musste.
Bern hatte der Stiftung angeboten, nahezu die gesamte Sammlung permanent auszustellen. Das Angebot des Kunstmuseums beschränkte sich auf die Dauerpräsentation von lediglich 40 Werken, ergänzt mit regelmässigen Sonderausstellungen im Abstand von sechs bis acht Jahren. Dennoch erhielt Basel den Zuschlag. Die Schwerpunkte der Privatsammlung, die vom Spediteur Karl Im Obersteg (1883–1969) in Basel begründet wurde, fügt sich bestens in die museumseigenen Sammlungsbestände der Klassischen Moderne ein. Dazu dürfte sicher auch die höhere Klasse des Basler Hauses eine Rolle gespielt haben.
Dass das Basler Haus die Sammlung als Dauerleihgabe beherbergt, ist ein vielfaches Glück. Zu allererst natürlich inhaltlich: Mit dem doppelseitig bemalten Gemälde «Absynthtrinkerin» und «Frau in der Loge» wird die beachtliche Basler Picasso-Sammlung durch ein Werk aus dessen blauer Periode ergänzt. Mit den drei Porträts von alten Juden von Chagall gesellen sich drei weitere Meisterwerke zum «Rabbiner», für dessen Ankauf sich Im Obersteg als damaliges Mitglied der Kunstkommission 1939 eingesetzt hatte. Ein Höhepunkt ist überdies die Gruppe von rund 30 Jawlensky-Werken aus all seinen Schaffensperioden.
Dass die Beziehung der Privatsammlung zum Museum eine echte Win-Win-Situation schafft, zeigt sich auch daran, dass die Stiftung nicht nur die Werke, sondern mit Henriette Mentha auch gleich noch eine Kuratorin zur Verfügung stellt beziehungsweise bezahlt. Der aktuelle Leihvertrag läuft nach Auskunft des Stiftungssekretärs Hans Furer bis 2023. Man fühle sich gut aufgehoben in Basel, und so ist davon auszugehen, dass der Aufenthalt im Kunstmuseum noch lange andauern wird.
Sammlung Basler Mission
«Star der Sammlung» der Basler Mission, die das Museum der Kulturen als Schenkung entgegennehmen konnte: eine Ganesha-Figur aus Südindien. (Bild: Museum der Kulturen Basel)
Zum 200. Geburtstag der Basler Mission konnte das Museum der Kulturen Basel im Frühling 2015 ein ausgesprochen grosszügiges Geschenk entgegennehmen. Der Vorstand der evangelischen Missionsgemeinschaft übertrug dem Museum die umfangreiche Sammlung, welche die Missionare über viele Jahre aus vielen Erdteilen zusammengetragen und nach Basel gebracht hatten. Die Sammlung, die 12’000 Objekte umfasst, stand dem Museum bereits seit 1981 als Dauerleihgabe zur Verfügung. «Die Objekte sind im Museum der Kulturen am besten aufgehoben», liess sich Vorstandspräsident Karl F. Appl in einer Medienmitteilung zitieren. «Dort wissen wir sie in Händen von Fachleuten, die die Sammlung optimal betreuen und sie der Öffentlichkeit zugänglich machen.»
In der Sammlung befinden sich einige herausragende Objekte. Der eigentliche «Star der Sammlung» ist laut Aussage von Museumsdirektorin Anna Schmid eine 53 Zentimeter hohe Ganesha-Figur aus Südindien. Die elefantenköpfige Hindu-Gottheit reise als Leihgabe regelmässig in der halben Welt herum, sagt sie. Es sind aber nicht nur die Prunkstücke, die für Schmid die Faszination der Sammlung ausmachen. «Es ist ein faszinierender Spiegel der Arbeit der Basler Mission», sagt sie. Die Objekte und ihre Beschriftung erzählten Geschichten, die über die Herkunft und die Bedeutung der einzelnen Objekte hinausgingen.
Dass Dauerleihgaben in Schenkungen übergehen, sind Glücksfälle für Museen, die übrigens gar nicht so selten sind. Fast zeitgleich konnte das Kunstmuseum Basel die Sammlung der Dr. Johann Jakob Bachofen-Burckhardt-Stiftung, die sich seit 1937 als Dauerleihgabe im Museum befand, als Schenkung entgegennehmen. Es handelt sich um eine der bedeutendsten Schweizer Sammlungen von Gemälden des frühen 15. bis ausgehenden 19. Jahrhunderts. Sie vereinigt über 300 Werke von so wichtigen Künstlern wie Lucas Cranach d. Ä., Hans Memling und Albert Anker. Verschiedene Werke gingen bereits früher an die Öffentliche Kunstsammlung – wie etwa «Joachim und Anna an der Goldenen Pforte» von Konrad Witz, eines der Hauptwerke der Altmeistersammlung des Hauses.
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Die delikate Liaison zwischen Museen und Sammlern – Schön, dass sich Basler Häuser auf die Grosszügigkeit von Kunstsammlern verlassen können – allerdings endet nicht jede Verbindung mit einem Happy End.