Als Flugpioniere noch auf der Schützenmatte landeten

Vor 100 Jahren strömte halb Basel zur Schützenmatte, um den kühnen Piloten Oskar Bider zu sehen. Nur die berittene Polizei verpasste die Landung. Ein Blick zurück auf die Zeit, als Flüge noch keine Alltäglichkeit waren.

(Bild: Schweizer Illustrierte Zeitung, 2. August 1913)

Am 26. Juli 1913 strömte halb Basel zur Schützenmatte, um den kühnen Piloten Oskar Bider zu sehen. Nur die berittene Polizei verpasste die Landung. Ein Blick zurück auf die Zeit, als Flüge noch keine Alltäglichkeit waren.

Endlich war es soweit: Am Morgen des 26. Juli 1913 herrschte in der Lombardei und über den Schweizer Alpen ausgezeichnetes Flugwetter. Zuvor hatte Oskar Bider, der am 13. Juli als erster Flieger von Bern nach Mailand geflogen war, den Rückflug infolge ungünstiger Wetterlage mehrmals verschieben müssen. Doch nun startete er kurz vor fünf Uhr früh vom Mailänder Flugplatz.

Mehr zum Flugpionier aus dem Baselbiet:

Ein Porträt von Oskar Bider: Ikarus aus dem Baselbiet

Über Bider und die Beziehung zu seiner Schwester: Oskars kleine Schwester

Und zum Jubiläumsfest in seiner Heimatgemeinde Langenbruck: Ein Dorffest für die Fliegerei

Da in den westlichen Bergtälern dicker Nebel lag, flog er nicht über den Gotthard, sondern über den östlicher gelegen Lukmanier. Der Nordfuss der Alpen war nebelfrei und ohne störende Winde. Das Barometer in Biders Maschine zeigte als höchste erreichte Höhe 2700 Meter an.

Um 7.35 Uhr legte Bider in Liestal eine Zwischenlandung ein, um Öl aufzunehmen. Die Landung auf dem Gitterli, wo gerade Militär übte, sei nicht ganz leicht gewesen, erzählte Bider später dem Berichterstatter der «Basler Nachrichten», «doch habe das Militär sofort zweckmässig den Platz geräumt», sodass er landen konnte. Um 8.04 Uhr war Bider wieder in der Luft und flog in etwa 700 Meter Höhe nach Basel weiter.

Auf die Nachricht von Biders Anflug hin hatte sich, so die «Basler Nachrichten», auf der Schützenmatte «bei herrlichem Morgenwetter ein immer grösser werdendes Publikum eingefunden».

In der wartenden Menge befanden sich neben Verwandten und Freunden des Fliegers auch die Regierungsräte Fritz Mangold, Armin Stöcklin und Hermann Blocher. Ein Foto in der «Schweizer Illustrierten Zeitung» zeigt Knaben und Mädchen, Männer mit schicken Strohhüten, eine elegante Dame und einen Mann in Uniform; sieht man genauer hin, kann man auch einen kleinen Hund auf den Armen eines Buben entdecken.

Leintücher als Landebahn

«Um 8 Uhr 10», so die «Basler Nachrichten» weiter, «erschien Bider in der Höhe; bald hörte man den Motor sausen. Der Apparat machte einige elegante Kreise und ging punkt 8 Uhr 15 glatt nieder.» Die Vorbereitungen am Boden waren nicht ganz so glatt verlaufen wie die Landung, berichten die «Basler Nachrichten»: «Der Privatinitiative ist es zu verdanken, dass im letzten Moment noch die zum Auslegen an der Landungsstelle als Signal benötigten Leintücher konnten beschafft werden. Die freundliche Hausfrau vom Hause J. S. am Bundesplatz spendete sie bereitwillig.

Während noch drei Mann mit dem Legen derselben und dem Beschweren der Ecken mit Steinen beschäftigt waren, zeigte das Summen in der Luft auch schon das Nahen des Fliegers an. Die Absperrung der zwischen zwei Getreidefeldern hervordrängenden Zuschauermenge, die mitten ins Landefeld sich zu ergissen im Begriffe stand, gelang auch im letzten Momente einigen einsichtigen, anwesenden Männern, unter denen auch ein aktiver höherer Offizier sich befand.»

Notwendig wurde diese Privataktion offenbar, weil die berittene Polizei nicht rechtzeitig auf dem Platz war. Als sie fünf Minuten nach der Landung vor Ort eintraf, «wurde sie denn auch mit einem ironischen Hoch und Hallo empfangen». Währenddessen hiess Regierungs-Vizepräsident Mangold Oskar Bider unter «ungeheurem Jubel des Publikums» willkommen, gratulierte ihm zu seinem «ebenso vorsichtigen wie kühnen Flug» und kredenzte ihm einen Becher Schaumwein.

Ein Berichterstatter in Verzückung

Basel war nicht Biders letzte Station an jenem Julisamstag. Auch in Bern wollte man ihn feiern und bestaunen. Der Weiterflug war auf 17 Uhr angesetzt. Erneut fand sich eine grosse Menschenmenge auf der Schützenmatte ein. Dort trafen im Schatten der Bäume die Mechaniker die letzten Vorbereitungen an der Flugmaschine, einer Blériot XI.

Deren Anblick löste offenbar auch beim Berichterstatter der «Basler Nachrichten» ein gehöriges Mass an Begeisterung, ja fast schon lyrischer Verzückung, aus: «Die leicht gewölbten Tragflächen mit ihren Verspannungen, die beidseits von Bider selbst in Spanien aufgemalten Schweizerkreuze, die freiliegenden sieben Zylinder des rotierenden Gnome-Motors, der zweiflügelige Propeller, das leichte Laufgestell auf Velorädern, das zur Steuerung führende Gerippe auf rückklappbarer Holzstütze, alles konnte in Musse betrachtet werden.»

Die diesmal beizeiten eingetroffene Polizei «hatte keine leichte Arbeit, in der heissen Sonne die immer wieder nach vorne drängende Menschenmenge in genügender Distanz zu halten. Sie kam aber ihrer schweren Pflicht mit sehr viel Rücksicht und guter Laune nach, womit sie am meisten beim Publikum erreichte.»

Bider selbst unterhielt sich mit Freunden und legte gelegentlich auch selbst Hand an bei der Wartung der Maschine. Gegen 17.30 Uhr startete er mit seinem Bruder Georg als Passagier Richtung Bern, wo rund 10’000 Schaulustige auf sie warteten.

Nächster Artikel