Auf die S-Bahn-Station soll ein neues Quartier folgen: Ideen für das Zollgebiet Riehen-Lörrach

An der IBA Basel wurden am Mittwoch erste Vorschläge aus einem Ideenwettbewerb für das Projekt «Am Zoll» präsentiert. Dabei soll eine S-Bahn-Station dem Grenzgebiet zwischen Riehen und Lörrach einen neuen Schliff verpassen.

Das Gebiet zwischen dem Zoll und dem Hochhaus «Bijou» soll ein freundlicheres Antlitz erhalten. Das eine Planerteam schlägt auch vor, das Tram bis zur neuen S-Bahn-Station zu ziehen.

(Bild: Van de Wetering)

An der IBA Basel wurden am Mittwoch erste Vorschläge aus einem Ideenwettbewerb für das Projekt «Am Zoll» präsentiert. Dabei soll eine S-Bahn-Station dem Grenzgebiet zwischen Riehen und Lörrach einen neuen Schliff verpassen.

«Wie wird aus einem unscheinbaren Aschenputtel eine schöne Prinzessin?» Mit dieser Frage bezieht sich der Lörracher Oberbürgermeister Jörg Lutz auf das Gebiet beim Grenzübergang zu Riehen.

In einer neuen S-Bahn-Station sieht er dort eine Chance für das «Zollquartier», das er als etwas verwaisten «Unort» sieht: Eine Verkehrsdrehscheibe und ein neuer Ortsteil sollen dort aus der Taufe gehoben werden.

Das Vorhaben ist eines der nominierten Projekte, die zurzeit an der Internationalen Bauausstellung IBA Basel präsentiert werden. Ursprünglich war die Idee, einen 15-Minuten-Takt für die S-Bahn S6 zwischen Basel und Zell im Wiesental einzuführen. Dafür müssen sich aber die Züge kreuzen, was mit einer neuen Haltestelle eingerichtet werden könnte.

Ausgehend davon sind Ideen für eine Umgestaltung entstanden. Ziel der drei Projektträger – Stadt Lörrach, Gemeinde Riehen und Kanton Basel-Stadt – ist laut IBA-Projektkatalog eine «grenzüberschreitende städtebauliche Aufwertung».

S-Bahn, Tram und Bus sollen zusammenrücken

Nach Vorstudien wurde im Sommer ein Ideenwettbewerb durchgeführt. Die Ergebnisse wurden seither ausgewertet und an der IBA Basel Expo präsentiert.

Gehl – da war doch was? Ja, ein Interview mit Jan Gehl im März 2015: «Architekten wissen zu wenig über Menschen»

Beim Wettbewerb haben die drei Städteplaner-Büros Gehl Architects aus Kopenhagen, Van de Wetering aus Zürich und Berchtold-Krass aus Karlsruhe erste Ideen geliefert.



So sieht es heute aus: Der Zoll bei der Tramschlaufe Riehen Grenze.

So sieht es heute aus: Der Zoll bei der Tramschlaufe Riehen Grenze. (Bild: Daniel Spehr/IBA Basel)

Noch befindet sich das Vorhaben im Anfangsstadium, und entsprechend vage sind daher auch manche Vorschläge. Eines ist aber klar: Die Tramschleife Riehen Grenze bleibt auf Schweizer Boden.

Die gesetzlichen Grundlagen erlauben keine Verlegung auf die andere Seite der Grenze, obschon es beim Ideenwettbewerb auch solche Vorschläge gibt.

Einig waren sich die drei Büros, dass S-Bahn, Tram und Bus miteinander verknüpft werden sollen. Ein Vorschlag ist etwa eine Bushaltestelle in Riehen – dort, wo die Lörracherstrasse kurz vor dem Zoll eine Schleife macht.

Mehr Aufenthaltsqualität, doch kein städtisches Zentrum

Eine Möglichkeit wäre nach Ansicht der Städteplaner eine Art urbaner Korridor vom Tram zur S-Bahn-Station. Auch wenn die Schleife in Riehen bleibt: Eine Tram-Anbindung an die künftige S-Bahn-Station in Lörrach ist ebenfalls auf einer der Visualisierungen zu sehen.

Die Basler Strasse in Lörrach – bis jetzt eher ein Durchgangsort – soll nach Ansicht des Büros Gehl für Velofahrer und Fussgänger attraktiver werden. Alle drei Büros schlagen zudem vor, die Grünräume von Ost nach West – also vom Wiesengebiet zum Stettenfeld – zu verbinden.



Der Zoll soll kompakter werden, um neue Flächen (z.B. für eine Begegnungszone) zu gewinnen. Das Riehener Stettenfeld ist aber nicht Teil des Projekts.

Der Zoll soll kompakter werden, um neue Flächen (z.B. für eine Begegnungszone) zu gewinnen. Das Riehener Stettenfeld ist aber nicht Teil des Projekts. (Bild: Roller Architekten)

Ausserdem sollen die Flächen rund um die S-Bahn-Station Aufenthaltsqualität erhalten. Da die Zollverwaltungen beider Länder bereit wären, ihre Arbeit in gemeinsamen Einrichtungen abzuwickeln, dürften somit bei der Grenze neue Flächen frei werden. Auch um das alte Zollgebäude in Lörrach könnte ein Platz zum Verweilen entstehen.

Der Basler Kantonsbaumeister Beat Aeberhard sieht den ÖV-Knotenpunkt als wichtigen städtebaulichen Träger. Dennoch dürfte das neue Quartier überschaubar bleiben: «Niemand plant hier einen neuen Hub oder Konkurrenz zu den historischen Zentren in Riehen und Lörrach.»

An der Finanzierung sind nicht nur Lörrach und der Kanton beteiligt. Wie Aeberhard festhält, werde voraussichtlich noch dieses Jahr beim Agglomerationsprogramm des Bundes eingegeben. Vielleicht könnten so bereits 2018 erste Schritte für das Projekt unternommen werden.

Bedenken aus Riehen

Für Diskussionsstoff wird das Vorhaben in Riehen sicher noch sorgen: Einwohnerrat Heinrich Ueberwasser (SVP) hat dazu im August eine Interpellation eingereicht. Er bangt um die die Grünflächen entlang der S-Bahn-Linie. Auch äussert er Bedenken zu einem allfälligen Einkaufszentrum als «Trojanisches Pferd».

Zudem weist er auf die Auswirkungen der neuen Verkehrsachse nach Deutschland für das Riehener Gewerbe hin. Werde die Grenze noch bequemer erreichbar, könne dies für die Läden im Dorf eine noch grössere Belastung bedeuten.

Wie Gemeinderat Guido Vogel (SP) jedoch festhält, sind das Projekt «Am Zoll» und das Stettenfeld zwei verschiedene Paar Schuhe: Der vom Einwohnerrat festgelegte Zonenplan, der teilweise auch Bebauungen ermöglichen soll, wartet noch auf eine Genehmigung durch den Regierungsrat.

Das Stettenfeld werde aber nicht in die Planung rund um die S-Bahn-Station einbezogen. Auch die Befürchtungen rund um einen Supermarkt sieht er als unbegründet: Derartiges sei weder für Lörrach noch für Riehen ein Thema, wie Guido Vogel versichert.

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