In Basel wundert man sich immer mal wieder, warum die eigene Stimme so wenig zählt in der Schweiz und der übrigen Welt. Der Grund dafür ist gar nicht so schwer zu finden: Weil Basel wenig zu sagen hat, das gehört werden sollte.
Vor ein paar Tagen trafen sich in Neapel Vertreter europäischer Städte, die etwas zu sagen haben. Berlin schickte Gesandte, Barcelona, dazu mehrere süditalienische Städte. Ihr Thema: Europas Abwehr von Bootsflüchtlingen. Im Rahmen der Forderung «Öffnet die Häfen» besprachen die Städte die von Italien und Malta verhängte Schliessung der eigenen Häfen für Schiffe, die in Seenot geratene Flüchtlinge aufgenommen haben. Das diskutierte Ziel: auch entgegen der eigenen Regierungspolitik Bootsflüchtlinge aufnehmen.
Städte wollen Zeichen setzen
Das war zumindest mal ein Statement gegen die menschenfeindliche europäische Flüchtlingspolitik am Mittelmeer. Schon zuvor hatte sich der Bürgermeister Palermos energisch gegen die Politik seiner Regierung gestellt und angekündigt, den eigenen Hafen zu öffnen. «Wir haben Rettungsschiffe immer willkommen geheissen. Wir werden jetzt damit nicht aufhören», sagte Leoluca Orlando.
Berlin wiederum hatte erklärt, Flüchtlinge des blockierten Rettungsschiffes «Lifeline» aufzunehmen. Die Stadt teilte mit: «Wir fordern die Bundesregierung auf, eine humanitäre Lösung zu finden. Berlin ist bereit zu helfen und Menschen aufzunehmen.»
Es waren wohltuende Störsignale im Kanon der grenzenlosen Abschreckung an der Grenze.
Basel bleibt passiv
Für den Kongress am 19. Juli in Neapel hat auch die Basler Regierungspräsidentin Elisabeth Ackermann eine Einladung erhalten. Sie traf allerdings reichlich spät ein, nämlich erst acht Tage vor dem Treffen. Ackermann sagte ab: «Wegen der Kurzfristigkeit der Anfrage konnte sich die Regierung nicht damit befassen und konnte auch eine Teilnahme nicht diskutieren.»
Die Absage passt ins Konzept. Ackermann kann keinen Anlass erkennen, Hilfe anzubieten und über die Pflichtzuteilung des Bundes hinaus Bootsflüchtlinge aufzunehmen. Die Grüne lässt mitteilen: «Das spezifische Engagement der Städte ist auch abhängig von der jeweiligen nationalen Migrationspolitik. In der Schweiz ist ja bekanntlich der Bund abschliessend zuständig.»
Damit vertritt Ackermann die seit Jahren praktizierte Regierungslinie. Schon 2015, auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise, wurde die Regierung gefragt, ob Basel nicht zusätzliche Flüchtlinge aufnehmen könnte. Der zuständige Regierungsrat, SP-Mann Christoph Brutschin verwies kühl auf den Verteilschlüssel des Bundes: «Dem Kanton Basel-Stadt werden 1,9 Prozent aller Asylpersonen zugewiesen. Diese Verpflichtung erfüllen wir ohne Einschränkung.» Alles Weitere müsse der Bund regeln.
Beda Baumgartner, SP-Grossrat und Vizepräsident der Partei, unternimmt nun einen weiteren Versuch, die rot-grüne Regierung aus der Passivität zu holen. In einem Vorstoss fordert er den Regierungsrat auf zu prüfen, «wie er sich beim Bund dafür einsetzen kann, dass dieser geflüchtete Menschen von den Schiffen im Mittelmeer aufnimmt».
Erfolgreiche Partnerschaften
Basel solle sich «in die Reihe von Städten wie Palermo, Berlin, Barcelona, Kiel, Amsterdam, Stockholm und Neapel stellen, um den geflüchteten Menschen Schutz zu bieten», verlangt Baumgartner. Städte seien in einer besonderen Rolle, «weil sie seit jeher ein Ort der Migration und der Flüchtlingsaufnahme sind». «Angesichts der Begrenztheit der nationalstaatlichen Flüchtlingsregimes», folgert Baumgartner, «rücken Städte in den Vordergrund.»
Dass Städte über die eigenen Grenzen hinaus gemeinsame Interessen verfolgen können, weiss Ackermann. Nicht nur aufgrund der Glitzerpartnerschaften mit Shanghai und Miami Beach. In der Schweiz drängt die Regierungspräsidentin auf eine Forcierung der Zusammenarbeit innerhalb des Städteverbands. Sie wolle, erklärte die Grüne anlässlich des Zürcher Sechseläuten-Umzugs, die Schweiz für die Anliegen der wirtschaftlichen und kulturellen Zentren sensibilisieren.
Vielleicht gelingt das besser, wenn diese Anliegen nicht bei der eigenen Nasenspitze aufhören.