Man hat die Probleme von weitem kommen sehen. Obwohl der Universitätsrat und das Rektorat den neuen Leistungsauftrag der Universität Basel im Juni 2017 als positiv vorstellten, war klar, dass Fächer und Stellen bedroht sind.
Trotzdem sitzt der Schock nun tief: Die Uni Basel besetzt die Professur für Mittelhochdeutsch nicht neu, wie SRF berichtete. Anstelle der traditionsreichen und angesehenen ordentlichen Professur gibt es nur noch eine befristete Assistenzprofessur. Spardruck.
Heftiger Protestbrief
Rüdiger Schnell, der sich von 1988 bis 2008 als Professor für deutsche Mediävistik an der Uni Basel einen Namen gemacht hatte, hat einen Protestbrief an die Adresse des Universitätsrats und das Rektorat der Universität geschrieben. «Wir protestieren gegen die unwürdige Herabstufung eines traditionsreichen und international renommierten Lehrstuhls», heisst es im offenen Brief.
Unterschrieben haben ihn nicht nur Forschende von Schweizer Unis, sondern auch von namhaften Universitäten wie Oxford, Würzburg, Amsterdam, Ithaca (Cornell), Heidelberg oder Cambridge – kurz: die Crème de la Crème der Germanistischen Mediävistik.
Die Sparvorgänge in Basel hätten längst international die Runde gemacht, das Image der Uni sei arg angeschlagen, sagt Rüdiger Schnell.
Sparauftrag und Schelte
Walter Leimgruber, Dekan der Philosophisch-Historischen Fakultät, ist nicht um seine Aufgabe zu beneiden. Der Spardruck kommt von oben. Gegenüber dem «Regionaljournal Basel» sagt er, er habe keine andere Wahl, als den Sparauftrag umzusetzen. Entlassungen wären noch schlechter für den Ruf der Uni, als eben freie Stellen nicht zu besetzen. Es sei die «beste aller schlechten Massnahmen». Immerhin könne sich die Uni so Zeit verschaffen und sich neu ausrichten, rechtfertigt sich Leimgruber.
«Bis auf die Verlautbarung des Dekanats gegenüber den Medien erhielten wir keine Reaktion auf unser Schreiben bis jetzt», sagt Rüdiger Schnell, der Verfasser des Protestbriefs, zur TagesWoche. Er vermisse bei der Stellungnahme des Dekans das «offensive Element». Konkret: «Es braucht doch jetzt eine Offensive, die darauf hinausläuft, dass man sich mit einer klaren Ansage an die Kantone richtet. Man kann nicht sparen und gleichzeitig so tun, als würde alles weitergehen wie bisher.»
Der Ansehensverlust, den man mit der Nicht-Besetzung der Professur riskiere, sei «bereits immens», so Schnell. Eine Professur könne man «nicht einfach ab- und dann ein paar Jahre später wieder anknipsen. So funktioniert das nicht.»
Erwartung an Fakultät und Rektorat
Was die Universität nun dringend brauche, sei die Debatte um eine Strategie. «Und diese vermag ich nicht zu erkennen», sagt Rüdiger Schnell. Die Umsetzung der Sparvorgaben – das sei besonders bedauerlich – verlaufe derzeit «nach dem Zufallsprinzip». Schnell: «Wird eine Professur zufällig frei, wird sie nicht mehr gleich besetzt. So sieht man der Zertrümmerung von Fachbereichen tatenlos zu.» Eine durchdachte Personal- und Strukturpolitik sehe anders aus.
Vom Dekanat wie auch vom Rektorat erwarte er, «dass es sich nicht nur verteidigt, sondern selbstbewusst vor die Kantone tritt und sagt: Seht, darauf läuft euer Sparprogramm hinaus.»
Nicht zuletzt fordert er die Fakultäten dazu auf, sich offensiv aufzustellen. «Wollen wir Mittelmass oder Leuchttürme sein? Der betroffene Lehrstuhl war über viele Jahrzehnte ein solcher. Nun ist er erloschen», sagt Rüdiger Schnell.